Wohnsinn-Kolumne: Streichholz-Akrobatik
Wer als StudentIn einen Ofen in der Wohnung hat, ist schon einmal klar im Vorteil; das wissen Generationen von Tiefkühlpizza- und Ofenkäse-VerehrerInnen. Während meines Auslandsjahres in Nizza hatte ich jedoch das spezielle »Glück«, einen Gasofen nutzen zu können. Können oder eher noch Wissen ist hier tatsächlich gefragt, denn es ist nicht so einfach wie es klingt.
von Selina Roos
Unsere Küche, die wie die ganze Wohnung den Charme einer etwas in die Jahre gekommenen Ferienunterkunft hatte, war mit einem Gasherd samt Backofen ausgestattet. Einem sehr alten, dessen Beschriftung kaum noch lesbar war und von dem man vermuten konnte, dass er vor Ewigkeiten einmal zur Erstausstattung der Wohnung gehörte. Gut, einen Gasherd konnten wir bedienen, soweit kein Problem – viele kennen das vielleicht aus dem Urlaub oder von den Großeltern. Aber ein Gasofen war uns neu. Da meine Mitbewohnerin und ich uns unbedingt durch die zahlreichen französischen Auflaufvariationen mit tendenziell sehr hohem Käseanteil probieren wollten, nahmen wir die Herausforderung gerne an.
Zum Glück haben die meisten Geräte heutzutage eine elektrische Zündung, da muss man dann nur auf einen Knopf drücken und schon geht es los. Das war zumindest die Kernaussage meiner Google-Recherche, da eine Bedienungsanleitung selbstverständlich fehlte. Das ist doch super mit so einem Knopf, dachte ich mir, aber an unserem Gerät war natürlich keiner. Es gab lediglich einen einzigen Regler für den Backofen. Nichts mit Ober-Unterhitze oder sonstigen Einstellungen, entweder Unterhitze oder gar nichts. Da blieb uns also nur, ganz manuell mit dem guten alten Streichholz die Gasflamme zu entzünden. Doch hier lag schon gleich die nächste Hürde: Zum Anzünden müsste man erst einmal wissen, wo das Gas austreten soll. Bei einer Herdplatte ist das ganz easy, doch beim Ofen war es gar nicht so simpel wie es klingt. Denn im Boden gab es erstens mehrere Öffnungen und zweitens wollte das Anzünden partout nicht klappen. Auch nicht mit den XXL-Streichhölzern, die ich (so weit ich mich es traute) in die Öffnungen hielt.
Als wir schon daran zweifelten, ob sich die Gaszufuhr statt am Boden nicht doch irgendwo an der Rückwand befinden könnte, stellten wir fest, dass der Boden des Ofens gar nicht solide verbaut war. Im Prinzip war es ein weiteres Blech, das wir dann kurzerhand herausnahmen und dadurch das Innenleben des Ofens begutachten konnten. Nun war es immerhin offensichtlich, wo das Gas angezündet wird, allerdings konnten wir dafür schlecht jedes Mal den Boden ausbauen.
Generell war das Ofenanzünden bei uns immer Teamarbeit: Denn während die eine über den Regler das Gas aufdrehte, musste die andere fast schon in den Ofen krabbeln, um an die Gaszufuhr zu kommen. Mithilfe der XXL-Streichhölzer gelang es schließlich doch, und das sogar inklusive Bodenblech. Zwar musste ich dafür meinen ganzen Mut zusammennehmen und das Streichholz bis zum Anschlag durch das Blech schieben, aber es funktionierte überraschend zuverlässig.
Wir verbrachten unsere beiden Auslandssemester also glücklich damit, dass wir uns irgendwie Dinge im Ofen zubereiten konnten – wir dachten gar nicht weiter, weil wir diese Tatsache bereits als Erfolg verbuchten. Monate später, als wir schon beide wieder ausgezogen waren, kam aber doch die Frage auf, ob wir auch eine Art Oberhitze hätten nutzen können. Diese Option gibt es zumindest bei manchen Geräten, wenn man den Regler für das Gas einfach in die andere Richtung aufdreht. Sicherlich hätten wir diese Funktion spätestens nach unserer ersten Ladung Brownies zu schätzen gewusst, die zwar von oben noch unfertig aussahen, deren untere Hälfte aber bereits hoffnungslos verkohlt war.
So weit von mir, nächste Woche lest ihr hier, was bei Laura so alles passiert.