Kreuzchen wofür?!
Nur 11 Prozent der Studierenden haben bei den Hochschulwahlen ihre Stimme abgegeben. Typisch für eine immer desinteressiertere Studentenschaft? Unser Kommentator Simon Treppmann sieht das anders.
Dienstag, 9. Juni 2015 – diesen Termin haben sicher einige Studierende schon einmal irgendwo gelesen. In einer E-Mail im Unipostfach zum Beispiel. Oder bei der Zusendung der Semesterunterlagen vor ein paar Monaten. Und vielleicht hat der ein oder andere in den letzten Wochen auch aus dem Augenwinkel bemerkt, dass an der Uni etwas anders war. Da hingen Plakate an Stellen, von denen sie sonst rigoros von Lautlicht-Mitarbeitern abgerissen würden. Diese vielen, großen Poster mit Fotos von anderen Studierenden haben das gleichmäßige Grau der Wände farblich aufgelockert – das waren Wahlplakate. Diese Farbtupfer haben versucht, ein Signal an die Studierendenschaft zu senden: Geht wählen! Doch wieder einmal ist dieser Aufruf auf den Fluren aus Beton fast lautlos verhallt. Von den rund 20.000 Stimmberechtigten haben nur 11,4 Prozent von ihrem Recht Gebrauch gemacht, einen aktiven Beitrag zur Hochschulpolitik zu leisten. Ein Déjà-vu ist eingetreten.
Man könnte sich jetzt über die Studierendenschaft aufregen, die ihr ach so wichtiges Wahlrecht einfach so hat verfallen lassen. Aber liegt es wirklich an den Studentinnen und Studenten, deren Mitbestimmungswille vermeintlich höchstens dann aufflammt, wenn sie darüber entscheiden, ob sie diesen Post jetzt liken sollen oder ob sie dem x-ten Youtube-Channel folgen wollen, der zeigt, wie Kirsten Stewart ihre Smokey-Eyes so toll hinbekommen hat? Das übliche Credo wäre: Die interessieren sich halt nicht dafür, was neben ihren Bachelor-Scheuklappen noch so passiert. Regelstudienzeit einhalten ist das, was zählt. Doch das wäre zu kurz gedacht und würde nur das immer gleiche Schwarz-Weiß-Denken über die vermeintlich desinteressierten Studierenden bekräftigen.
Bei den Hochschulwahlen krankt es an ganz anderer Stelle. Es fehlt beispielsweise die Direktheit. Der direkte Zusammenhang zwischen meinem Kreuzchen auf den drei Wahlzetteln und dem daraus resultierenden Wahlergebnis. Was bei einer Bundestagswahl schon schwierig ist, verliert sich in den Wirren der Uni-Politik letztlich vollkommen. Immer wieder schwirren Begriffe wie Konvent, Senat und Fakultätsrat durch die Weiten der Uni-Gebäude. Aber was jeder Einzelne wie genau bei der Wahl mitbestimmen kann, verstehen wohl die Wenigsten. Wo sitzen denn dann die Gewählten unter sich und beratschlagen über die großen Themen? Wer repräsentiert jetzt wie und wo die Stimme aller Studierenden in der Hochschulpolitik? Letztlich beschäftigt sich ein jeder vermutlich doch nur mit Dingen, die ihn selbst direkt betreffen und die seinen Uni-Alltag merklich beeinflussen. Damit die Wahlbeteiligung steigt, muss also ein Gefühl entstehen, dass ich mit meinem Kreuz etwas bewegen kann.
Entscheidungen in der Hochschulpolitik, welche die Studierenden merklich betreffen, erscheinen oft nur als einzelne Versatzstücke und verursachen einen Moment der Empörung über „die da oben“, die sich für den kleinen Studierenden da unten gar nicht interessieren. Aktuellstes Beispiel: Der eingeführte Auslagenersatz bei den Sprachkursen. Es wird sich zwar an mancher Stelle geärgert und man möchte seiner Meinung dazu auch irgendwie Gehör verschaffen, aber keiner weiß so recht, wie. Dass durch eine größere Wahlbeteiligung die Legitimation der Studentischen Vertreter in den Ausschüssen eine ganz andere Wirkung entfalten könnte und somit der Meinung der Studierenden auch mehr Aufmerksamkeit geschenkt würde, ist in den Köpfen der Wahlberechtigten (noch) nicht angekommen.
Die letzten 20 Jahre zeigen, dass hier eine Veränderung nötig ist. In all dieser Zeit ist die Wahlbeteiligung nur zweimal wirklich in die Nähe von 20 Prozent gekommen. Dabei sind nicht nur die Hochschulgruppen und Parteien gefordert, sondern auch die Hochschulpolitik als Ganzes. Ansonsten verkommt eine vermeintlich demokratische Mitbestimmung zur Farce. Natürlich ist jeder für sich selbst verantwortlich und muss sich selbst um seine Einbringung und sein Wissen über die Uni-Politik bemühen. Aber die immer wiederkehrende, geringe Wahlbeteiligung repräsentiert auch einen Systemfehler, bei dem sich alle Beteiligten einmal die Frage stellen sollten: Woran liegt’s? – Allein an den Wahlberechtigten vermutlich nicht.
Denn auch Nichtwählen ist eine Wahl. Eine Wahl für ein anderes System in der Hochschulpolitik und ein Signal, dem von allen Beteiligten dringend Beachtung geschenkt werden muss.
Es ist halt auch die Frage, was noch mehr getan werden kann, als das Gespräch anzubieten in Form von Listen-Ständen, die drei Wochen vor der Wahl überall, immer wieder an anderen Stellen der Uni stehen. Niemand kann einen Studierenden zwingen stehenzubleiben und das Gespräch zu suchen.
Dafür gibts bei brütender Hitze lange Schlangen vor Ständen von Festivals oder Tanzlokalen (z.B. suite15).
Es werden auch Studierende Angesprochen vor der Mensa z.B. und Handzettel verteilt.
Die Bemühungen zur Erklärung sind da. Aber oft genug wird man, auch sehr heftig, abgewiesen und als eher nervig abgetan.
Gibt es dann nicht doch vielleicht ein Problem bei denWahlberechtigten?
Zumal alle Sitzungen (von Asta und Konvent) öffentlich sind. Selbst die Protokolle sind öffentlich einsehbar. Und in Zeiten des Internets, Facebook etc. sind die Informationen auch sehr leicht zugänglich, wenn man keine Zeit oder Lust hat an einen Stand zu gehen.
Und ein echtes Zeichen wäre, wählen zu gehen und den Wahlzettel ungültig zu machen, und nicht nicht wählen zu gehen. Das zeigt eher Desinterrese und ist kein Zeichen, außer für die geringe Wertschätzung der Bemühung und Engagement der Hochschulpolitiker_innen.
@Patrick: wo findet man denn die Termine zu den öffentlichen Sitzungen? Die Ausschreibungen, die ich gefunden hatte, waren von 2013
Lieber Christoph,
dass die öffentlichen Sitzungen des AStA jeden Dienstag um 18 Uhr stattfinden, kannst du z.B. der facebook-Seite des AStA, der Vertretung des AStA auf der Unihomepage, den AStA-Flyern oder den Pinnwänden des AStA an der UR entnehmen. Oder einfach eine E-Mail schreiben. Aber das erfordert halt blöderweise alles Eigeninitiative.
Z.B. hier unter ‚Wer kann sich einbringen?‘
http://www.uni-regensburg.de/universitaet/sprecherrat/studierendenvertretung/index.html
Die Seite ist im allgemeinen sehr aktuell.
Dann könnte man natürlich auch mal hin gehen, klopfen und fragen, eine Mail schreiben, per Facebook schreiben und sogar einen Brief schreiben.
Wo hast du denn gesucht?
Ich habe bei google.de einfach Asta Regensburg eingegeben und fertig.