Was Queer sein mit der Gesundheit macht

Was Queer sein mit der Gesundheit macht
Queer sein, das heißt auch heute irgendwie noch anders sein. Anders lieben, anders fühlen, anders leben. Und: anders für psychische Probleme empfänglich sein. Das wirkt zumindest oft so – aber was steckt dahinter?

von Marie Odenthal

Es ist kein Geheimnis, dass Menschen, die der LGBTQIA+ – Community angehören, Diskriminierung erfahren. Sei es ein schiefer Blick auf der Straße, die Anfeindung am Arbeitsplatz oder die Ablehnung durch die eigene Familie: Auch heute gehört all das noch zur Lebensrealität queerer Menschen.

Die Zahlen sprechen für sich

Das zeigt auch eine Studie der EU- Grundrechtagentur (FRA)  aus dem Jahr 2023. 70 Prozent der befragten queeren Personen gaben an, in ihrer Schulzeit unter anderem Mobbing ausgesetzt gewesen zu sein. 40 Prozent der Teilnehmenden vermeiden es nach eigenen Angaben oft oder immer, mit der Partnerperson öffentlich Händchen zu halten. Dass Diskriminierung aufgrund von Angst das Leben der betroffenen Person einschränkt, ist offensichtlich. So meiden 21 Prozent aus Angst vor Gewalt oft oder immer bestimmte Orte und Plätze.

Die ständige Erfahrung des Anderseins und im schlimmsten Fall auch die der psychischen und physischen Gewalt aufgrund der eigenen Queerness geht an dem Großteil der betroffenen Menschen nicht spurlos vorbei.

Die Chance auf ein gesundes Leben ist geringer

In einem Bericht des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) über den Zusammenhang zwischen Queerness und Gesundheit heißt es: »Der Weg zu gleichen Chancen auf ein gesundes Leben ist für LGBTQI* – Menschen steinig. Gesellschaftliche und institutionelle Diskriminierung gehen Hand in Hand mit einer deutlichen höheren psychischen und körperlichen Belastung.«

Queere Menschen sind laut diesem Bericht fast dreimal häufiger von Depressionen und Burnout betroffen als die restliche Bevölkerung. Insgesamt leiden jene drei- bis viermal so häufig unter psychischen Krankheiten. Das alles lässt sich entscheidend auf die ganz anderen Lebensbedingungen zurückführen, die oben genannt wurden. Vor allem konstanter Stress, der durch ein diskriminierungs- und angstgeprägtes Leben hervorgerufen wird, kann die Gesundheit stark beeinflussen. Das führt so weit, dass körperliche Beschwerden wie etwa Herzkrankheiten und Migräne bei queeren Menschen deutlich häufiger vorkommen als bei anderen Bevölkerungsgruppen. Es ist auch kaum verwunderlich, dass die Suizidrate in der queeren Community viel höher ist.

Was nun?

Wie gezeigt, ist der Zusammenhang zwischen Queerness und eingeschränkter Gesundheit signifikant – natürlich nicht, weil es sich dabei selbst um eine Krankheit handelt, sondern weil unsere heutige Welt es LGBTQIA+ – Menschen es immer noch so schwer macht.

Strukturelle Benachteiligung und Vorurteile aus Gesetzen und Köpfen zu bekommen, ist nicht leicht und braucht sicherlich Zeit. Entscheidend sind die kleinen und großen Schritte, die gegangen werden. Ein Beispiel dafür ist die Einrichtung von mehr Schutzräumen für queere Personen, welche Angst und Unsicherheit und damit auch auf lange Sicht gesundheitliche Probleme lindern können. Auch Einsamkeit, dem Auslöser für viele Probleme, könnte etwa durch mehr Vernetzungsangebote und Jugendarbeit für und mit LGBTQIA+- Jugendlichen abgeholfen werden.

Es ist von großer Wichtigkeit, dass sich etwas ändert, schließlich geht es um die Lebensqualität und nicht selten um das Leben selbst einer ganzen Bevölkerungsgruppe.


Titelbild © Marie Odenthal

Quellen:

https://www.lsvd.de/de/ct/11957-lsbtiq-in-deutschland-erfahrungen-mit-diskriminierung-und-gewalt

https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.810350.de/21-6-1.pdf

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Kolumnenleitung von »Feminis:muss« und »Queer&Jetzt« – Studentin der Politikwissenschaft und Philosophie

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