Die Balaclava – vom Krimkrieg in die Vogue

Die Balaclava – vom Krimkrieg in die Vogue
Sie klingt wie das türkische Gebäck und gehört für Soldaten oder Outdoor-Fans schon lange zur Standard-Ausrüstung. Seit einigen Wintern schmückt sie nun auch viele Köpfe von Schaufensterpuppen: Die Balaclava. Woher stammt dieser Trend?

von Franzi Leibl

Was ist eine Balaclava?

Die Balaclava ist eine Art Sturmhaube und besteht traditionell aus Baumwoll-Strick oder Wolle; in der Modeindustrie wird sie oftmals aus Kunstfasern hergestellt. Das klassische Modell umschließt den Kopf, Hals, Nacken und Teile des Gesichts und schützt diese Bereiche vor Kälte und Wind. Andere Ausführungen verdecken auch die Schultern oder Mund und Nase. Neben dem wärmenden Effekt besticht die Haube vor allem durch ihren lässigen Look und der vielseitigen Anwendung: So kann man sie nach aktiver Verwendung als hängende Kapuze im Innenraum weitertragen und vermeidet dadurch, dass ein verlorenes Accessoire mehr im Fundbüro landet.

Neuere Modelle der Balaclava werden oftmals mit einem Kordelzug oder einem angenähten Schal versehen – somit werden klassische Winteraccessoires in nur einem Kleidungsstück vereint, wobei Mütze und Schal dennoch genauso stilvoll damit kombiniert werden können.

Woher stammt sie ursprünglich?

Wie alt die Idee einer abnehmbaren Kapuze ist, welche speziell gefertigt wird, um Wärme oder Schutz zu spenden, lässt sich nur schwer rekonstruieren.
Fest steht: Das Grund-Konzept einer Haube, welche Kopf, Nacken und Teile des Gesichts bedeckt, ist nicht neu. Bereits im Mittelalter lassen sich Sturmhauben-ähnliche Kopfbedeckungen finden, wie etwa die Gugel.

Eine Skizze der mittelalterlichen Gugel. ©Franzi Leibl

Ein Beispiel aus der Folklore, welches der Balaclava ähnelt, ist wiederum der Orenburger Schal aus dem osteuropäischen Raum. Gemeint ist ein wärmespendendes Kopftuch, welches man vor Augen hat, wenn man an eine russische Matrushka denkt. Tatsächlich ist man damit der Herkunft der Balaclava aus geographischer Sicht dicht auf der Spur.

Denn für den Begriff Balaclava lassen sich erste Belege im Oxford-Wörterbuch ab dem Jahr 1880 nachweisen. Man vermutet, dass die Geburt des Begriffes dabei in die Mitte des 19. Jahrhunderts fällt. Im damaligen Krimkrieg hätten demnach britische Soldaten erstmals wärmende ‚Strickmützen‘ getragen. Da das Einsatzgebiet die Bucht von Balaklawa auf der Halbinsel Krim umschloss, gingen die Mützen kurzerhand als »balaclavas« in den Sprachgebrauch ein.

Vom Englischen aus ging die Bezeichnung schließlich in andere Sprachen über, darunter auch das Ukrainische. Im Deutschen wurde sie wiederum als Sturmhaube bekannt. Ihr Einsatzbereich ist bis heute vordergründig bei Sondereinheiten der Polizei, im Militär, im Winter- oder Motorsport und auch bei kriminellen Banden. Mit der Sturmhaube wurde in der Folge (trotz des Einsatzbereiches im Sport) Gewalt oder Kriminalität verknüpft, vor allem, weil sie Kopf und Gesicht unkenntlich machte.

In den 2010er-Jahren wurde das vollmaskierende Modell der Balaclava gar politisch, als es zum Markenzeichen der russischen Band Pussy Riot wurde.

Imagewandel durch die Modebranche

Der negative und politisierende Ruf der Sturmhaube konnte sich seither nicht völlig in Luft auflösen. Doch die Modeindustrie konnte dennoch einen Imagewandel vollziehen, wenn auch nur langsam und über mehrere Jahre hinweg.

Ein Beginn dieses Trends lässt sich im Jahr 2018 verorten: Dort hatten erstmals Designer die Balaclava fest in ihren Winter-Kollektionen integriert und sie als Unisex-Produkt auf Laufstegen präsentiert. Allen voran war damals Calvin Klein. Von einem »Fashion-Must-Have« wurde in den großen Lifestyle-Zeitschriften wie der Vogue dennoch erst im Jahr 2021 berichtet – viele Stars und Influencer wie Justin Bieber oder Kim Kardashian ließen sich davon inspirieren. Von diesem Zeitpunkt an fand die Balaclava zunehmend auch Eingang in die Sortimente von anderen Modeketten wie H&M oder Zara.

Im Winter 2024 scheint sich die Balaclava nun endgültig durchgesetzt zu haben und hat es inzwischen bei vielen Mode-Labels in das Standardsortiment geschafft. Aus dem winterlichen Stadtbild ist sie in Deutschland fast kaum mehr wegzudenken – auch wenn die klassische Winter-Kombi aus Mütze und Schal rein zahlenmäßig natürlich weiterhin die (kalte) Nase vorn haben wird.


Quellen (zuletzt aufgerufen am 30.11.24):

https://www.oed.com
https://www.nytimes.com/2011/09/01/business/global/bp-russia.html?nl=afternoonupdate&emc=aua22 https://www.vogue.de/mode/artikel/balaclava-accessoires-winter-2021
https://www.vogue.com/article/all-the-cool-kids-are-wearing-balaclavas
https://www.gq-magazine.co.uk/fashion/article/balaclava-fashion-trend
https://www.gq-magazine.co.uk/fashion/article/hip-hop-balaclavas
https://www.sueddeutsche.de/stil/mode-winter-trend-sturmhaube-1.4182417

Titelbild: ©Ida Müermann

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