My voice – my choice!

»A bird may sing in Kabul, but a girl may not and a woman may not in public.« Seit der Machtergreifung der Taliban in Afghanistan im August 2021 wurden Frauen jegliche Rechte auf Selbstbestimmung und Freiheit genommen- und jetzt auch ihre Stimme.

von Viola Wiesbauer

Die Taliban bezieht sich bei der Gesetzgebung auf eine extreme Auslegung der Scharia. »Scharia« ist ursprünglich ein religiöses Werte- und Rechtssystem, basierend auf dem Koran und beschreibt das »korrekte« Verhalten für Muslime. Die extreme Neuinterpretation der Taliban führt zu strikten Gesetzen, die »zur Verbreitung von Tugend und Verhinderung von Lastern« dienen sollen. Diese Auslegung führte bereits zu einer drastischen Einschränkung für Frauen in Bildung, Kleidung, und Gesellschaft: Schulen für Mädchen sind ab der sechsten Klasse verboten. Frauen müssen ihren Körper und ihr Gesicht in der Öffentlichkeit vollkommen verdecken, um angebliche »Verführungen« von Männern zu vermeiden. Ein direkter Blickkontakt mit Männern, die weder in Blutsverwandtschaft noch in einem Eheverhältnis mit der Frau stehen, ist strikt verboten. Und nun verbietet ein weiteres, kürzlich erlassenes »Tugendgesetz« der Taliban Frauen, ihre Stimme in der Öffentlichkeit zu zeigen, da diese als intim gilt und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sei.

Meryl Streep, eine US-amerikanische Schauspielerin, findet in ihrer Rede vor den Vereinten Nationen die richtigen Worte für die derzeitige Situation der Frauen in Afghanistan: »A bird may sing in Kabul, but a girl may not and a woman may not in public.«

Mehr Freiheiten für Tiere als für Frauen in Afghanistan? – die schockierende Realität

Ein Vogel in Afghanistan hat derzeit mehr Rechte als Frauen, da dieser frei in der Öffentlichkeit singen darf, ohne drohende Sanktionen wie Haft fürchten zu müssen. Eine weibliche Katze in Afghanistan hat derzeit mehr Rechte als Frauen, da diese frei nach draußen gehen und die Sonne in ihrem Gesicht spüren kann. Ein Eichhörnchen in Afghanistan hat derzeit mehr Rechte als Frauen, da dieses in öffentlichen Parks herumlaufen kann, die für Frauen gesperrt wurden. Meryl Streep verdeutlicht mit diesen Vergleichen auf deutliche Weise die Absurdität und Unmenschlichkeit der aktuellen Situation, in der Frauen weniger Rechte und Freiheiten genießen als Tiere.

Bewusstsein schaffen und Stimme geben

Ein 15-jähriges Mädchen, das unter dem Verbot leidet, die Schule nicht mehr besuchen zu dürfen, erzählt davon, wie ihre Freunde und Klassenkameraden früher ihr Leben bereichert haben und ihr jetziges Leben nur noch aus Finsternis besteht.

Eine Journalismus-Studentin der Universität Kabul, die ihr Studium aufgrund der gesetzlichen Einschränkungen für die Bildung von Frauen nicht fortsetzen konnte, beschreibt das Leben für Frauen unter der Regierung der Taliban wie ein Leben im Gefängnis.

Eine Mitarbeiterin einer Flüchtlingsorganisation in der ostafghanischen Provinz Nangarhar schildert das Leben unter diesen Bedingungen als kaum vorstellbar und spricht von einem tiefen Gefühl von Unterdrückung.

Eine ehemalige Vorsitzende des Frauenrats im Distrikt Chaharbulak berichtet von ihren schlimmen Erfahrungen und den grausamen Foltermaßnahmen, die sie im Gefängnis erleben musste, nachdem sie gegen den »Taliban-Kodex« verstoßen hatte.

Diese Frauen und viele weitere verfolgen Ziele und Träume, die unter der Regierung der Taliban unterdrückt und zerstört werden. Umso wichtiger ist es, diesen Frauen jetzt eine Stimme zu geben – als Symbol des Widerstands und der Solidarität. Nur so kann das Bewusstsein für ihr Leid und ihren Mut geschärft werden.

Quellen:

https://www.tagesschau.de/ausland/afghanistan-tugendgesetz-100.html

https://medicamondiale.org/gewalt-gegen-frauen/aktuelles/stimmen-verstummen-rechte-werden-ignoriert-wie-das-sog-tugendgesetz-der-taliban-frauenrechte-in-afghanistan-massiv-angreift