Hypnose in der Psychotherapie – esoterische Pseudowissenschaft oder unterschätzte Heilmethode?
Menschen in Trance versetzen und dadurch heilen: Die Hypnose als Therapieverfahren steht zunehmend im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit, dennoch wissen viele nur wenig darüber. Im Folgenden erfährst du, was genau während einer Hypnose passiert, bei welchen Krankheitsbildern sie eingesetzt wird und ob sie auch schädlich sein kann
von Anna-Lena Schachtner
Bei dem Begriff »Hypnose« denken die meisten Leute an zwielichtige Bühnenunterhalter, die ihr Publikum etwa dazu bringen, auf allen Vieren zu laufen und sich in der Öffentlichkeit zum Narren zu machen. Die Hypnose hat einen schlechten Ruf, da sie mit einer kompletten Fremdsteuerung der in Trance versetzten Person einherzugehen scheint. Jedoch wird sie auch eingesetzt, um verschiedenste Probleme wie Übergewicht und Nikotinsucht anzugehen, Schmerzen und sogar psychische Krankheiten zu behandeln. Die therapeutische Hypnose läuft ganz anders ab als bei Showhypnotiseuren, die das Verfahren nur zu Unterhaltungszwecken einsetzen. Doch was genau versteht man eigentlich unter Hypnose? Und werden Menschen durch sie wirklich willenlos gemacht?
Das geschieht in der Psyche einer hypnotisierten Person
Während der Hypnose werden Patient:innen in eine sogenannte Trance versetzt. Dabei handelt es sich um einen vorübergehenden Bewusstseinszustand, der durch eine verstärkte Fokussierung der Aufmerksamkeit gekennzeichnet ist. Meist beginnt der Einstieg in die Hypnose damit, dass die Patient:innen ihre Aufmerksamkeit auf etwas Bestimmtes richten sollen, zum Beispiel indem sie einen Punkt in der Umgebung fixieren oder sich ihren Lieblingsort vorstellen.
Befindet sich die Person schließlich in Trance, konzentriert sie sich mehr auf ihre inneren Vorstellungen und ist zugänglicher für sogenannte Suggestionen, also verbale Vorschläge oder Anweisungen vom Therapeuten bzw. der Therapeutin. Gleichzeitig nimmt sie Reize aus der Umgebung nicht mehr so bewusst wahr. Auch zu einer verzerrten Zeitwahrnehmung kann es kommen, sodass Patient:innen nach der Sitzung womöglich nicht wissen, ob einige Minuten oder mehrere Stunden vergangen sind.
Eine Trance kann übrigens auch außerhalb der Hypnose auftreten, etwa wenn sich eine Künstlerin in das Schaffen ihres Werkes vertieft und sich in einem Art Flow-Zustand befindet. Die Fähigkeit, sich in Trance versetzen zu lassen, auch Suggestibilität genannt, variiert dabei von Person zu Person. Einige Menschen lassen sich besonders leicht hypnotisieren, andere können sich hingegen nicht so gut auf die Suggestionen einlassen, etwa weil sie der Hypnose generell misstrauisch gegenüberstehen. Wie bei vielen Persönlichkeitseigenschaften handelt es sich bei der Suggestibilität um ein Spektrum; die meisten Menschen befinden sich irgendwo zwischen den zwei Extremen.
Hypnose als Therapie: In Trance an den Problemen arbeiten
Nachdem eine Person in Trance versetzt wurde, versucht der Therapeut bzw. die Therapeutin, durch die Suggestionen eine gedankliche Umstrukturierung bei den hypnotisierten Patient:innen zu erreichen. Bei Personen, deren Ziel eine Rauchentwöhnung oder eine Gewichtsreduktion ist, wecken die Therapeut:innen etwa durch ihre Worte die Überzeugung, dass Zigaretten und ungesundes Essen schädlich sind und dass dem eigenen Körper mehr Achtung entgegengebracht werden sollte. Während der Trance sind die Patient:innen für diese Gedankeninhalte zugänglicher, während sie sie im Alltag eher unterdrücken würden.
Ein wichtiges Ziel der Hypnose ist auch, dass Patient:innen innere Kräfte aktivieren, die sie im Alltag sonst nicht einsetzen. Es wird angenommen, dass die Person die Lösung des Problems eigentlich schon in sich trägt, allerdings noch nicht darauf zugreifen kann. In Trance können sich die Patient:innen für einige Zeit von bedrückenden Sorgen distanzieren. Das führt häufig dazu, dass sie plötzlich eine ganz andere Perspektive auf ein gewisses Problem gewinnen, um das sich ihre Gedanken zuvor in ewig gleichen Kreisen gedreht haben. Häufig sollen sich die Patient:innen ihr abstraktes Problem auch bildlich vorstellen, um somit leichter zu einer neuen Sichtweise zu gelangen.
Auch bei körperlichen Krankheiten und Schmerzen werden bildliche Vorstellungen genutzt. So visualisieren die hypnotisierten Patient:innen etwa sich weitende Schläuche, um die Durchblutung zu fördern und somit Tinnitus-Symptome zu mildern oder sie stellen sich vor, ihre Haut fühle sich kühl an, um ihren Juckreiz abzuschwächen.
Alles nur eingebildet?
Für manche mag das alles nach Einbildung und purer Esoterik klingen. Tatsächlich lassen sich die Effekte der Hypnose aber auch in Form einer veränderten Aktivität im Gehirn nachweisen. So ist etwa ein Hirnnetzwerk namens Default-Mode-Network (DMN) immer dann aktiv, wenn Menschen über sich selbst, gerade vergangene Momente oder die Zukunft nachdenken. Während der Hypnose wird die Aktivität dieses Netzwerks reduziert. Dies spiegelt wider, dass sich in Trance versetzte Personen gedanklich mehr im Hier und Jetzt befinden, als das beim »Alltagsbewusstsein« der Fall ist. Außerdem konnte gezeigt werden, dass die Hypnose auf Hirnregionen einwirkt, die für die Schmerzverarbeitung zuständig sind.
Übrigens bedeutet eine therapeutische Hypnose nicht, dass die Patient:innen nicht mehr in der Verantwortung stehen, selbst an ihren Problemen zu arbeiten. Lässt sich eine Person etwa hypnotisieren, weil sie abnehmen möchte, wird die Trance ihr Übergewicht auch nicht »wegzaubern«, wenn sie selbst überhaupt keine Motivation hat, sich gesünder zu ernähren.
Ist die Wirksamkeit der Hypnose wissenschaftlich belegt?
Die Hypnose führt also zu Veränderungen des Bewusstseins, die sich auch empirisch nachweisen lassen.Doch können durch Trance tatsächlich psychische und körperliche Krankheiten geheilt werden?Gut belegt ist die Wirksamkeit der Hypnose vor allem für die Behandlung von Schmerzen und anderen psychosomatischen Beschwerden sowie Schlafstörungen. Das Ausmaß, in dem die Hypnose Schmerzen mildern kann, hängt vermutlich davon ab,wie gut sich die Person in Trance versetzen lässt.
Sehr häufig wird die Hypnose bei Menschen angewandt, die ungesunde Gewohnheiten wie das Rauchen aufgeben möchten oder an verschiedenen Angststörungen leiden. Allerdings gibt es bisher noch nicht ausreichend Forschung dazu, ob die Hypnose bei diesen Anwendungsgebieten ähnlich wirksam ist wie herkömmliche Therapieverfahren.
Manche Therapeut:innen setzen Trancezustände auch bei Depressionen ein. Eine Studie konnte im direkten Vergleich bereits zeigen, dass die Hypnose bei depressiven Symptomen nicht schlechter wirkt als die Kognitive Verhaltenstherapie. Allerdings ist auch Vorsicht geboten: Bei schwer depressiven Patient:innen besteht nämlich die Gefahr, dass die Hypnose negative Denkmuster womöglich noch verstärkt. Abzuraten ist sie außerdem bei Menschen, die an Psychosen, Persönlichkeitsstörungen oder Epilepsie leiden, da die Symptome unter Trance verschlimmert werden könnten. Im Zweifelsfall sollten Patient:innen mögliche Bedenken mit dem Therapeuten bzw. der Therapeutin besprechen.
Kann die Hypnose gefährlich sein?
Viele Menschen befürchten, dass Hypnotherapeut:innen ihren Patient:innen absichtlich die Willenskraft rauben, um sie dann zu Dingen zu zwingen, die sie nicht wollen. Obwohl eine hypnotisierte Person zugänglicher für die Suggestionen des Therapeuten bzw. der Therapeutin ist, heißt das aber nicht, dass sie diesen hilflos ausgeliefert ist. Auch in Trance können Anweisungen blockiert werden. Patient:innen verlieren während der Hypnose auch nicht ihr Bewusstsein und können aus der Trance wieder aussteigen, wenn sie sich unwohl fühlen. So kann eine Person auch nicht hypnotisiert werden, solange sie sich nicht auf die Suggestionen einlässt. Eine weit verbreitete Sorge ist außerdem, dass sich Menschen nicht mehr daran erinnern können, was während der Hypnose geschehen ist. Es können zwar tatsächlich Gedächtnislücken für die Zeit während der Trance entstehen, das kommt allerdings nur selten vor.
Generell gilt: Solange der Therapeut bzw. die Therapeutin seriös ist, müssen sich Patient:innen keine Sorgen machen. Um kompetente Hypnotherapeut:innen zu finden, sollte man allerdings auf ein paar Punkte achten. Vor allen Dingen sollte es sich um Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen handeln, die zum Beispiel auch in kognitiver Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologischer Therapie ausgebildet sind. Des Weiteren sollte der Therapeut oder die Therapeutin eine Hypnose-Weiterbildung bei einem anerkannten Institut absolviert haben. Bei Anbieter:innen, die unrealistische Versprechungen machen oder vor der Hypnose kein Aufklärungsgespräch anbieten, ist hingegen Skepsis geboten.
Die Kosten für die Hypnose werden nicht von den Krankenkassen getragen. Für eine Sitzung müssen Patient:innen bzw. Klient:innen daher ca. 100 Euro aufbringen. Allerdings gibt es auch Therapeut:innen, die die Hypnose im Rahmen einer herkömmlichen Psychotherapie durchführen.
Fazit: Möglichkeiten und Grenzen der therapeutischen Hypnose
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Hypnose ist kein esoterischer Humbug, sondern führt zu wissenschaftlich nachweisbaren Veränderungen des Bewusstseins. Gut belegt ist ihre Wirksamkeit in der Linderung von Schmerzen. Ob sie auch bei psychischen Problemen wie Depressionen und Nikotinsucht helfen kann, ist noch nicht abschließend geklärt. Schädlich ist die Hypnose jedoch keinesfalls, solange sie kompetent durchgeführt wird.
Wer an einer psychischen Krankheit leidet, der Hypnose aber skeptisch gegenübersteht, kann im Rahmen einer herkömmlichen Psychotherapie Hilfe erhalten. Dazu gehört etwa die Kognitive Verhaltenstherapie, deren Wirksamkeit für verschiedenste Störungsbilder belegt ist.
Beitragsbild: cottonbro studio I Pexels
Ich suche neue Methoden zur Behandlung meiner Kopfschmerzen. Ich hoffe, dass mir die Hypnosetherapie helfen wird. Einen Versuch ist die Hypnosetherapie ist es wert.