Glaub nicht alles, was du denkst
Eigene Gedanken können der psychischen Gesundheit schaden. Das ist Vielen gar nicht bewusst. Im Folgenden erfährst du, wie du dich dauerhaft besser fühlst, indem du deine negativen Denkmuster durchbrichst.
von Anna-Lena Schachtner
Melancholie und tiefe Traurigkeit: Viele Menschen mit psychischen Krankheiten wie Depressionen leiden an negativen Emotionen, die sie einfach nicht mehr loslassen. Im Rahmen einer verhaltenstherapeutischen Psychotherapie können die Patient:innen jedoch erfahren, dass Gefühle auch beeinflusst werden können – und zwar indem sie lernen, die eigenen Gedanken zu verändern. Psychische Probleme entstehen nämlich häufig, weil die Betroffenen ungünstige Denkmuster entwickeln. Dazu gehören etwa selbstabwertende innere Monologe oder auch pessimistische Ansichten über Mitmenschen. So beschimpfen sich manche Menschen selbst auf das Schlimmste, nur weil sie bei der Arbeit mal einen kleinen Fehler gemacht haben. Andere glauben, dass es Kolleg:innen, Kommiliton:innen oder sogar Freund:innen eigentlich nie gut mit ihnen meinen.
Wohl jede:r von uns verstrickt sich manchmal in pessimistische Gedanken. Unter Umständen können diese aber überhandnehmen. Es besteht dann die Gefahr, in einen Teufelskreis des Grübelns zu geraten und schließlich an Depressionen zu erkranken, etwa wenn auch noch belastende Lebensereignisse oder dauerhafter Stress hinzukommen. Psycholog:innen sprechen auch von der sogenannten »kognitiven Triade der Depression«, also einer negativen Sicht auf die Welt, sich selbst und die Zukunft. Solche negativen Gedanken verursachen auf Dauer chronischen Stress und Gefühle wie Traurigkeit und Angst. Sie können schließlich sogar zu Veränderungen in der Funktionsweise von Botenstoffen im Gehirn führen, was wiederum die Entstehung psychischer Störungen begünstigt. Doch wie genau sehen diese schädlichen Denkmuster aus?
Pessimismus und ständiges Grübeln
Verschiedenste »kognitive Verzerrungen« können wir häufig an uns selbst beobachten. So neigen etwa viele Menschen zum sogenannten Katastrophisieren; sie gehen also immer vom Schlimmstmöglichen aus. Zum Beispiel malen sie sich sehr lebhaft aus, wie sie in einer anstehenden Klausur plötzlich gar nichts mehr wissen und durchfallen. Oder sie glauben, dass die Mitbewohnerin ihnen gleich die Freundschaft kündigen wird, nur weil sie kurzfristig bei einer Party absagen müssen. Auch Gedankengänge wie »Wenn einmal etwas Schlechtes passiert, wird es das nächste Mal sicher wieder passieren« sind weit verbreitet und dabei wenig konstruktiv. Ebenso das Motto »Damit ich nicht enttäuscht werde, gehe ich schon mal davon aus, dass alles schieflaufen wird.«
Wenn etwas nicht hundertprozentig läuft wie geplant, werden viele von uns außerdem schnell frustriert und haben das Gefühl, alles sei komplett schiefgegangen. Dabei ist es nur sehr selten so, dass alles nach den eigenen Vorstellungen funktionieren kann. Gleichzeitig denken viele Leute nur in den Kategorien »gut« und »schlecht«, vor allem auch, was ihre eigenen Leistungen angeht: Versprechen sie sich etwa während eines Referats bei einem Wort, bewerten sie gleich ihre ganze Präsentation als Reinfall. Außerdem neigt die menschliche Psyche zu der Annahme, die Aufmerksamkeit aller Menschen sei immer auf die eigene Person gerichtet – also auch und vor allem dann, wenn man einen Fehler macht.
Wie sehr diese Denkmuster dem psychischen Wohlbefinden schaden, ist uns dabei oft gar nicht bewusst. Viele verstricken sich in unablässiges Grübeln, das zu nichts führt und nur immer mehr negative Emotionen erzeugt. Sogar zum pessimistischen »Denken über das Denken« kann es kommen: Manche glauben irgendwann, über das eigene Grübeln gar keine Kontrolle mehr zu haben.
Die schädlichen Kognitionen betreffen aber nicht nur die Interpretation dessen, was Menschen erleben, sondern beeinflussen sogar, was sie überhaupt erst wahrnehmen. Aus der Forschung ist bekannt, dass depressive Personen gewisse Wahrnehmungsverzerrungen aufweisen, also vor allem die schlechten Aspekte einer Situation sehen und den guten Dingen gar keine Aufmerksamkeit schenken. Das bestärkt sie wiederum in ihrer negativen Sicht auf die Welt. Außerdem erinnern sich Menschen generell an negative Erfahrungen besonders lebendig, an gute hingegen eher weniger.
Wie kann ich meinen negativen Gedanken entkommen?
Im Rahmen der sogenannten Kognitiven Verhaltenstherapie der Depression werden diese destruktiven Muster mit Hilfe einer Therapeutin oder eines Therapeuten aufgebrochen. Dabei werden Gedanken in Hinsicht auf ihre Rationalität geprüft. Viele Patient:innen erkennen dann, wie sehr ihre negativen Denkmuster sie tatsächlich belasten. Sie machen außerdem die Erfahrung, dass sie die Welt auch auf eine andere, positivere Art und Weise betrachten können. Doch auch wer keine diagnostizierte psychische Krankheit hat, kann davon profitieren, die eigenen Gedanken zu hinterfragen.
Eine Möglichkeit besteht darin sich zu überlegen, wie wahrscheinlich es wirklich ist, dass immer der schlimmste Fall eintreten wird. Dass etwa während einer Prüfung alles schief geht, was man sich nur vorstellen kann, geschieht meistens ja doch nicht. Gleichzeitig sollten wir uns klarmachen, dass nicht immer alles nach Plan laufen kann. Schließlich ist es ganz normal, dass auch mal etwas Unvorhergesehenes passiert.
Außerdem ist es hilfreich, sich Folgendes vor Augen zu führen: Andere Leute schenken den eigenen Fehlern und Unsicherheiten nicht unbedingt so viel Aufmerksamkeit, wie wir manchmal annehmen. Schließlich beobachte ich selbst ja auch nicht meine Mitmenschen ständig dahingehend, ob sie etwas falsch machen. Darüber hinaus sollten wir die Dinge im Leben nicht immer nur schwarz-weiß sehen. Wegen eines kleinen Streits mit einer Freundin ist zum Beispiel nicht gleich die ganze Freundschaft in Trümmern. Letztendlich spielt es auch eine große Rolle, wie Menschen über sich selbst denken. Viele glauben etwa, dass alles Schlechte immer ihre Schuld sei oder dass sie gar nichts gut können. Wer diese Gedankengänge jedoch ganz rational hinterfragt, wird schnell feststellen: Es kann gar nicht sein, dass ich wirklich für jeden Fehler verantwortlich bin oder überhaupt keine Talente habe.
Allgemein gilt: Um sich dauerhaft besser zu fühlen, müssen wir ändern, wie wir die Welt, andere Menschen und nicht zuletzt uns selbst wahrnehmen und bewerten. Wir sollten nicht alles glauben, was wir denken.
Beitragsbild: Kat Smith I Pexels