How to Wohlbefinden – Ressourcen erkennen und nutzen

How to Wohlbefinden – Ressourcen erkennen und nutzen

Im Laufe unseres Lebens werden wir regelmäßig vor verschiedenste Herausforderungen gestellt. Wie steigern wir die Fähigkeiten und das Vertrauen, mit den alltäglichen, sowie besonderen Anforderungen des Lebens zurechtzukommen und wie können wir unsere Lebensqualität generell nachhaltig verbessern? Dieser kurze Einblick in das Thema Ressourcen soll dazu anregen, die Aufmerksamkeit auf die Dinge zu lenken, die jeder von Grund auf bereits in sich trägt.

von Kim Kessler

Insbesondere die letzten 3 Jahre lehrten uns, dass nicht alles als Selbstverständlichkeit seinen Lauf nimmt. Ereignisse wie die COVID-19 Pandemie oder der Krieg in der Ukraine, machten uns möglicherweise erst bewusst, wie unberechenbar das Leben doch manchmal sein kann. Viele sahen sich mit Sorgen, Ängsten und Verstimmungen konfrontiert, die dazu Anlass gaben, viel grundsätzlicher über das eigene Leben nachzudenken.

So bot uns COVID-19 beispielsweise die Möglichkeit, uns mit unserem Ich in Krisenzeiten auseinanderzusetzen und ermöglichte es, uns auf die Widrigkeiten des Lebens ein Stück weit vorzubereiten.

In Zeiten in denen wir das Gefühl haben unser Leben nicht selbstbestimmt und aktiv zu gestalten, sondern eher passiv zuzusehen, ist es umso wichtiger sich mit den Dingen auseinanderzusetzen, auf die wir Einfluss nehmen können, um ein Stück weit unser Selbstwirksamkeitsgefühl zu stärken und uns somit den Herausforderungen des Lebens gewachsen fühlen.

Doch wie?

Die Gesundheitsversorgung bzw. Krankenbehandlung ist heute wie früher eher pathogenetisch organisiert, das heißt auf die Behebung oder Linderung des psychischen Leidens der Patient:innen ausgerichtet. In den vergangenen Jahrzehnten geriet diese einseitig defizitorientierte Herangehensweise immer mehr in Kritik. Im Laufe der Zeit rückte neben der »Problembehandlung« ein weiterer Aspekt immer deutlicher in den Blickfang der Psychotherapie: Die Entwicklung und Förderung der eigenen Kompetenzen, welche eine psychisch gesunde Lebensführung ermöglichen und stabilisieren; das Therapieziel »Wohlbefinden« entstand.

Hierbei stehen sich Belastung sowie Bewältigung gegenüber: Wenn es uns in einer bestimmten Situation nicht möglich ist die vorhandene Belastung zu reduzieren, zum Beispiel aufgrund einer anstehenden Prüfung oder körperlichen Erkrankung, können wir unsere Ressourcen einsetzen, um dem Stress etwas entgegenzuwirken und einen besseren Umgang damit zu kultivieren.

Bei dem Begriff »Wohlbefinden« geht es nicht allein darum, positive Gefühle und eine gute Stimmung anzuregen, sondern vielmehr darum, den Blick auf Fähigkeiten und Kompetenzen auszurichten und diese einzusetzen, was zu einem nachhaltig, psychisch gesunden Leben führt.

Vor allem bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen, bei welchen den Betroffenen der Blick auf die eigenen Ressourcen häufig verloren geht, kann dies neue Betrachtungsweisen auf die eigene Person fördern. Es kann ermöglichen, dass sich Betroffene nicht mehr nur als Person mit Erkrankung sehen, sondern als Ganzes wahrnehmen; als Person mit Stärken und Schwächen.

Aber was versteht man eigentlich unter Ressourcen?

Grundsätzlich wird zwischen zwei Arten von Ressourcen unterschieden; personelle und zwischenmenschliche Ressourcen. Der Einsatz von Ressourcen dient uns dazu, Lebensanforderungen zu bewältigen, Bedürfnisse, Wünsche und Ziele zu verfolgen und Wohlbefinden zu generieren bzw. wieder herzustellen. Man kann Ressourcen somit auch als eigenes Potential verstehen, welches in verschiedensten Situationen unsere Verhaltensoptionen erhöht und somit die eigenen Lebens- und Problemlösefähigkeiten verbessert.

Ressourcen sind für jede Person individuell sowie ziel- und aufgabenspezifisch. Besonders in der systemischen Therapie wird sich viel mit ressourcenorientierten Fragen auseinandergesetzt. Hierbei steht die Frage danach im Mittelpunkt, was man als Person mit sich bringt, womit bereits andere Probleme gelöst wurden und wie man diese Fertigkeiten auf zukünftige Situationen übertragen kann.

Eigene Ressourcen stellen somit eine Art Metawissen über die eigenen Möglichkeiten dar und können somit auch als protektive Faktoren verstanden werden. Sich diese bewusst zu machen, ermöglicht uns, unseren eigenen »Werkzeugkasten« zusammenzustellen, um uns so vor psychischen Erkrankungen zu schützen und mit den alltäglichen, aber auch besonderen Anforderungen des Lebens zurecht zu kommen.

Wie kann ich meinen »Werkzeugkoffer« packen?

Grundsätzlich kann man sich dieser Frage auf zwei Arten nähern. Einerseits kann man sich fragen, über welche Ressourcen man bereits verfügt, andererseits, welche man sich neu aneignen möchte. Eine unabdingbare Ressource, die in jeden Werkzeugkoffer gehört, hat sich die euthyme Therapie zum Metaziel gesetzt: Die Selbstfürsorge.

Selbstfürsorge kann für jeden anders aussehen (bspw. Gespräche mit Freund:innen, putzen, Sport, gutes Essen, ein heißes Bad, ein langer Spaziergang etc.). Grundsätzlich gilt: Alles, was durch Freude, Lust oder Wohlbefinden geprägt ist, verfolgt den Grundsatz euthymen Erlebens und Verhaltens. Manchmal kann es passieren, dass man den Bezug zu den Dingen verliert, welche einem gut tun oder entspannen lassen. Vielleicht will man aber auch nur mal etwas Neues ausprobieren und das eigene Repertoire an selbstfürsorglichen Aktivitäten erweitern. Hierzu findest du im Anhang einen Link, welcher dich zu einer Liste mit angenehmen Aktivitäten weiterleitet. Eine weitere Möglichkeit sich der Selbstfürsorge zu nähern, vor allem wenn man Schwierigkeiten hat, sich selbst etwas Gutes zu tun, ist die Frage danach, wie man sich um eine geliebte Person sorgen und kümmern würde, wenn es dieser nicht gut gehen würde. Man würde vielleicht einen Tee und eine Wärmeflasche machen und Essen bestellen.

In der euthymen Therapie werden des Weiteren noch verschiedene Denkfiguren dargestellt, welche theoretisch wie auch therapeutisch hilfreiche Funktionen haben können. Eine dieser Denkfiguren wird als »hedonistische Nische« bezeichnet. Darunter versteht man einen Ort, welcher sowohl räumlich als auch geistig definiert sein kann und euthymes Erleben und Verhalten zulässt. Eine geistige Nische können wir uns durch Aufmerksamkeitsfokussierung erschaffen, d.h. durch Versinken in eine Tätigkeit, bspw. durch Lesen, intellektuelle Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen, Tagträumen und noch vielem mehr. Eine räumlich definierte hedonistische Nische könnte beispielsweise der Wellnessbereich des Fitnessstudios sein, aber auch das eigene Zimmer. Grundsätzlich gilt es bei räumlichen Nischen, diese nach den eigenen Vorlieben auszustatten.

Auch die positive Psychologie hat es sich zum Ziel gemacht, zu erforschen, was das Leben besonders lebenswert macht, und bietet somit auch eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten, um das eigene Wohlbefinden zu steigern. Seligman und Kollegen beschrieben als Ziel der positiven Psychologie, Menschen glücklicher zu machen, indem sie diese dabei unterstützen, positive Emotionen, Erfüllung und Sinn im Leben zu verstehen und aufzubauen, folglich eigene Ressourcen zu entdecken und zu stärken. Ein Ansatz besteht hierbei aus der Idee, durch regelmäßiges Üben, neue und positive Gewohnheiten auszubilden. Der Aufbau positiver Gewohnheiten hat zur Folge, dass sich wiederum neue Handlungsalternativen und -möglichkeiten auftun, welche zur Bildung neuer, positiver Ressourcen führen. Hierzu beschreibt Martin Seligman in »Wie wir aufblühen« verschiedene Übungen, die wir in unseren Ressourcenkoffer aufnehmen können, um zu mehr Wohlbefinden im Alltag zu finden. Eine klassische Übung in der positiven Psychologie wird als »Three good things« bezeichnet. Hierbei geht es darum, sich jeden Abend vor dem Schlafengehen drei Dinge zu notieren, die am Tag gut waren. Im Anschluss soll darüber reflektiert werden, warum diese Dinge stattgefunden haben. Hierbei geht es nicht darum etwas Weltbewegendes zu finden, sondern vielmehr das Positive in den kleinen Dingen zu sehen. Die Idee der Übung ist, eine positive Gewohnheit täglich zu integrieren, sich auf die positiven Dinge zu besinnen und möglicherweise für sich rauszufinden, wie man gezielt öfter solche Erlebnisse erzeugen kann.

Wenn man sich aber erst einmal klar darüber werden will, welche Ressourcen man bereits mit sich bringt, können folgende Fragen möglicherweise dabei hilfreich sein:

Wie sieht ein idealer Tag für mich aus? (Wo, mit Wem, Was?)

Was sind Dinge, die meinen Körper in ein Gefühl von Ruhe, Entspannung, Glück oder Zufriedenheit versetzen?

Was war es, das mich in einem schönen Moment hat gut fühlen lassen?

Was war anders, als ein Problem nicht da war?

Was macht den Unterschied, wenn eine Woche gut oder schlecht lief?

Beim Beantworten dieser Fragen kann ein Ressourcen-Tagebuch nützlich sein. Darin können alle Erkenntnisse notiert werden, um bei Bedarf wieder darauf zurückgreifen zu können.

Eine weitere Herangehensweise, um sich mit den vorhandenen oder neuen Ressourcen auseinanderzusetzen, ist das Ressourcen-ABC. Hierbei geht es darum, sich zu jedem Buchstaben des ABC’s eine Ressource zu überlegen. Diese können wir nutzen, um die eigenen Ressourcen im Blick zu behalten, oder als Inspiration, um einfach mal etwas Neues auszuprobieren.

Dieser kurze Einblick in das Thema umfasst bei weitem noch nicht alle Möglichkeiten, die sich uns bieten, auf der Suche nach vorhandenen oder möglicherweise neuen Ressourcen. In erster Linie soll dieser Artikel dazu anregen, die Aufmerksamkeit auf die Dinge zu lenken, die jeder von Grund auf längst in sich trägt. Außerdem soll deutlich werden, wie wichtig es ist, sich über die eigenen Ressourcen und Stärken im Klaren zu sein und das nicht nur in Bezug auf Krisenzeiten, sondern auch um das eigene Wohlbefinden und die Lebensqualität generell nachhaltig zu verbessern. Ressourcen müssen nicht immer große Veränderungen mit sich bringen, oder besonders zeitintensiv sein. Auch scheinbar kleine Veränderungen können einen großen Unterschied machen.

Falls dich das Thema interessiert und du noch mehr dazu erfahren willst, findest du hier unten Literatur zum Vertiefen. Viel Spaß beim Lesen und Ausprobieren.

https://www.gesundheitspsychologie-bdp.de/pdf/BDP-DGPS-MHF-Aktivitaeten.pdf

Frank, R., Flückiger C. (2022). Therapieziel Wohlbefinden: Ressourcen aktivieren in der Psychotherapie (4. Aufl.). Springer.

Rashid, T., & McGrath, R. (2020). Strengths-based actions to enhance wellbeing in the time of COVID-19. International Journal of Wellbeing, 10(4).

Seligman, M. E. (2015). Wie wir aufblühen: Die fünf Säulen des persönlichen Wohlbefindens. Goldmann Verlag.

Beitragbild Akil Mazumder I Pexels

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert