Am Dienstag im Studikino: Jojo Rabbit – Wir leben in deinem Kopf
Nach langer Pause ist das Studikino seit dieser Woche endlich wieder da, um euch mit höchster Filmkunst zu versorgen. Letzten Dienstag ging es schon los mit »Jumani: The Next Level« und ab jetzt steigt auch die Lautschrift mit ihren Rezensionen zum aktuellen Programm wieder ein. Kommenden Dienstag steht »Jojo Rabbit« auf dem Spielplan.
von Julian Tassev
Johannes »Jojo« Betzler (Roman Griffin Davis) ist zehneinhalb Jahre alt, kleidet sich adrett und weiß genau, was er mal werden möchte, wenn er groß ist: persönliche Leibgarde des Führers, Adolf Hitler. Während sein Vater an der Front kämpft, lebt Jojo allein mit seiner Mutter Rosie (Scarlett Johansson), mit der er regelmäßig über ihre politischen Ansichten aneinandergerät. Die Abwesenheit seines Vaters kompensiert Jojo mit einem imaginären, nicht unbedingt auf den Mund gefallenen Freund: Hitler höchstpersönlich (Taika Waititi). Gemeinsam geht es für die beiden zum Nachwuchs-Nazi-Camp, wo Jojo und seine Altersgenossen endlich zu Männern erzogen werden sollen. Aktivitäten wie Bücher verbrennen, Messerkampf und Granatenwerfen gehören zum Alltag. Als er sich bei letzterem verletzt, hat sich Jojos Traum fürs erste erledigt. Als er dann auf dem Dachboden auch noch ein jüdisches Mädchen (Thomasin McKenzie) findet, wird seine perfekte Welt gehörig auf den Kopf gestellt.
Drehbuch-Autor und Regisseur Taika Waititi gelingt mit »Jojo Rabbit« ein Drahtseilakt: visuell irgendwo bei Wes Anderson, mal dunkle Komödie, mal mit einem tiefen Stich ins Herz. Diese Satire hat eindeutig für Furore gesorgt; das Entsetzen über die Thematik war in manchen Ecken groß. Die Frage, was Comedy (insbesondere politische Satire) alles darf, möchte ich hier gar nicht beantworten. Wer nämlich über diese vermeintliche Hürde mit der hier unheimlich überspitzt parodierten Thematik hinweg sieht, den:die erwarten liebevoll gezeichnete Charaktere und erstklassige schauspielerische Leistungen: Allen voran zeigt hier Scarlett Johansson mal wieder, wieso sie seit Jahren zu den größten Hollywood-Stars gehört. Sie spielt Jojos Mutter mit einer gewissen jugendlichen Leichtigkeit und einem Charme, der allen Männern um sie herum weiche Knie beschert. Sie hat zuhause die Hosen an, muss einen kleinen Jungen erziehen und kämpft gleichzeitig für ihre Überzeugungen. Außerdem brilliert – wie gewohnt – Sam Rockwell als der etwas trollige Captain Klenzendorf, der Jojo unter seine Fittiche nimmt.
Doch der Film wäre nicht so außergewöhnlich, so speziell und so durch und durch frech, wäre da nicht der neuseeländische, jüdische Ausnahme-Künstler Taika Waititi als Jojos imaginärer Kumpel, Adolf Hitler höchstpersönlich. »Mein ultimativer Mittelfinger« – so nennt er seine Darstellung des Führers, und sie schlägt jedes Mal wieder ein. Waititis Hitler ist eine Witzfigur, eine Farce. Ständig kommt er mit wahnsinnig wichtig klingenden Monologen daher, versucht, Jojos Vorstellungen von Deutschland und von Männlichkeit zu manipulieren. Währenddessen macht er sich zum Affen und entwickelt sich mehr und mehr zum Antagonisten in Jojos Geschichte. Es ist ein schmaler Grat, den Waititi meiner Meinung nach mit Bravour und jede Menge lautem Gelächter wandert.
Ein Besuch im Studikino nächsten Dienstag lohnt sich also allemal. Der Film beginnt um 20 Uhr, wie gewohnt in H16. Einlass ist schon um ab 19:30 Uhr. Wie auch vor Corona, sind die Preise für jede:n Student:in erschwinglich: 2 Euro beim ersten Mal, danach 1,50 Euro.
Beitragsbild: © Observatório do Cinema