Wohnsinn-Kolumne: Frühling im Kräutertopf
Die einen fangen das Stricken an, andere entdecken ihre versteckte Jogging-Leidenschaft und die nächsten wiederum werden zu Heimwerker*innen. Die Quarantäne-Zeit hinterlässt irgendwie bei allen ihre Spuren. Bei mir äußern sich die wochenlangen Ausgangsbeschränkungen in einem noch recht kleinen, aber wachsenden Sammelsurium an Balkonpflänzchen.
von Selina Roos
Die klassischen IKEA-Pflanzen hat ja jede*r. Klein, pflegeleicht und mehr oder weniger dekorativ. Ein grüner Daumen ist jedenfalls nicht Voraussetzung, um diese Gewächse, die über die Aloe-Gattung meist irgendwie miteinander verwandt sind, eine Weile am Leben zu erhalten. Bei mir stehen die natürlich auch. Eigentlich haben sie nichts mit meinem aktuellen Projekt zu tun, aber streng genommen habe ich ja mit ihnen meine Pflanzensammlung angefangen. Mittlerweile sind es vier dieser pflegeleichten Deko-Gewächse und nach über einem Jahr leben sie erwartungsgemäß auch alle noch.
Allerdings hat es keine von ihnen bisher vom Fensterbrett auf den Balkon geschafft. Letzten Sommer ging ich dann einen Schritt weiter und wollte den Balkon etwas aufhübschen und ganz nebenbei den Bienen und allen anderen nektarschlürfenden Insekten einen Gefallen tun. Meine Wahl fiel auf eine bunte Wiesenblumen-Mischung und eine Saatmischung mit dem Namen »Unkraut«. Fragt mich nicht, wieso ich Unkraut pflanze, wenn ich den Balkon herrichten will. Fragt einfach nicht. Richtig geblüht hat das Ganze dann zwar erst in diesem Frühjahr, aber bekanntlich zählt ja der gute Wille. Motiviert von diesem Erfolg beschloss ich dann, es in diesem Jahr mit noch mehr Aussaaten zu versuchen: Gartenkräuter. Schnittlauch, Rosmarin und Liebstöckel, die ersten beiden sind schon ausgesät. Zwischendurch hatte ich Sorge, dass die frisch gesäten Körner von neugierigen Meisen gesnackt werden, doch glücklicherweise zeigt der Schnittlauch nun seit wenigen Tagen seine ersten hellgrünen Halme.
Nun zum Schluss noch zu dem heimlichen Herzstück meiner Balkonbegrünung (siehe Bild): Seit letztem Spätsommer wohnte dieser kleine Ableger einer Mittagsblumen-Art zunächst auf meiner Fensterbank, nun bei den wärmeren Temperaturen auf dem Balkon. Ich habe damals nur einen Stängel von einer viel größeren Pflanze aus Südfrankreich mitgebracht und ihn zu Hause eingepflanzt. Nie hätte ich gedacht, dass es auch wirklich klappen würde, diesen Stängel zum Austreiben zu bewegen. Zu oft hatte ich als Kind Ähnliches versucht und war bisher immer gescheitert, aber dieses Mal hatte mein Au-Pair-Kind darauf bestanden, dass ich es unbedingt mitnehmen sollte. Entsprechend stolz war ich dann natürlich, als das Pflänzchen einige Wochen später noch immer nicht eingegangen war und auch noch blühte (und das inzwischen sogar mehrmals).
Neun an der Zahl sind es gerade. Namen haben meine Pflanzen nicht; auch wenn ich fast täglich nach jeder einzelnen sehe, bin ich wohl zu pragmatisch dafür. Naja gut, bis auf meine Größte, die Alexa heißt. Ähnlichkeiten mit der säulenförmigen Sprachassistenz fehlen zwar, aber – wer kennt es nicht – beim Herumalbern mit Freundinnen ergibt sich dann doch die ein oder andere spontane Pflanzentaufe.
Das war es für diese Woche von mir, für Katis Neuigkeiten schaut gerne nächsten Donnerstag wieder vorbei!