Söder hält nichts von »Scheinkompromissen«: Bürger sollen jetzt entscheiden

Söder hält nichts von »Scheinkompromissen«: Bürger sollen jetzt entscheiden
Der bayerische Ministerpräsident war am vergangenen Mittwochabend im Presseclub Regensburg zu Gast. Eigentlich sollte es vor allem um Bayern und um Wirtschaft gehen. Wie so oft in letzter Zeit ging es dann doch schnell auch um: Demokratie, Polarisierung, Migration…

von Antonia Herzinger

Mit der Feststellung, dass sich in Deutschland sowohl die Wirtschaft als auch die Demokratie in einer schwierigen Phase befänden und sich beides gegenseitig gewissermaßen bedinge, leitete die Moderatorin des Abends, Christine Schröpf, das Gespräch ein. Markus Söder wollte dem nicht ganz zustimmen: »Wohlstand geht auch ohne Demokratie.« Das sehe man zum Beispiel in China. »Nur wollen wir das nicht.«

»Die Union ist das einzige Bollwerk gegen die AfD«

Die Polarisierung, die die deutsche Demokratie auf die Probe stellt, gebe es deshalb, weil »es nicht mehr funktioniert, wie wir es kennen«. Er respektiere Besonnenheit (die meist Bundeskanzler Olaf Scholz zugeschrieben wird), angesichts der Vorfälle in Solingen, Magdeburg und zuletzt Aschaffenburg müsse jedoch auch gehandelt werden.

Schon ist er beim Thema: Die Abstimmungen am 29. und 31. Januar im Bundestag zum Fünf-Punkt-Plan der Union und zum Zustrombegrenzungsgesetz. Söder sei nach wie vor enttäuscht von den Grünen und der SPD und ist überzeugt: »Die Union ist das einzige Bollwerk gegen die AfD.« Was die beiden anderen Parteien vergangene Woche im Bundestag gemacht hätten, sei in seinen Augen »Arbeitsverweigerung«, wobei er von den Grünen sowieso nicht viel erwartet hätte.

Von »Scheinkompromissen« vor der Wahl halte er nichts mehr. Die Bürger:innen sollten jetzt einfach abstimmen.

Die Brandmauer(n) steht(en)

Auch an diesem Abend wird wieder einmal klar: Die Brandmauer zwischen Söder und den Grünen steht. Der Ministerpräsident kritisiert die Uneinigkeit zwischen der Partei und der Grünen Jugend über Habecks Zehn-Punkte-Plan zu Migration, bezeichnet den Noch-Vizekanzler als Kreativkünstler (ein Bild von Robert Habeck war Anfang Januar an das Siegestor in München projiziert worden – Böse Zungen sagen, Markus Söder ärgere sich insgeheim, weil er nicht selbst auf die Idee gekommen war) und zieht einen höhnischen Witz zu Habecks Kanzlerkandidatur. Diese sei ungefähr das Gleiche, wie wenn der Trainer des SSV Jahn Regensburgplötzlich meint, er könne Real Madrid trainieren.

Eine schwarz-grüne Bundesregierung schließt Markus Söder – wenig überraschend – wieder deutlich aus. Spekulationen darüber würden »der AfD Zulauf geben«, weil eine Mehrheit der Bevölkerung die Grünen ablehne.

Von »GroKo-Option« nicht abgeneigt – von Olaf Scholz sehr wohl

Mit der SPD ist Söder nachsichtiger. Mit ihr wären beispielsweise im Bundesrat auch noch Einigungen möglich. Das Problem sei Olaf Scholz. Der habe auch jetzt in der Migrationsdebatte wieder »als Person blockiert« und im Bundestag geschwiegen. Von Boris Pistorius, dem SPD-Verteidigungsminister, scheint Söder mehr zu halten, weil dieser als Innenminister immer für eine starke Linie gestanden habe. 

Von der Option, wieder eine GroKo zu bilden, ist Söder nicht abgeneigt. Schwarz-rot habe sowohl während der Finanzkrise als auch während Corona einiges sehr gut gemacht. Die Koalition sei gegen Ende nur nicht mehr gut dagestanden, weil die Beteiligten schon ihre letzten Runden gezogen hätten.

»Diese Demos schmerzen mich nicht«

Die zahlreichen Demonstrationen in ganz Deutschland unter dem Motto »Gegen Rechts« respektiere Söder, es gebe ja schließlich das Recht, zu demonstrieren. Christine Schröpf wirft ein, dass viele der Demonstrierenden aktiv gegen die Union auf die Straße gehen. Das sieht Söder anders. Die Mehrheit sei dort gegen die AfD, nicht gegen die CSU.

»Diese Demos schmerzen mich nicht«, sagt er mit einem Schulterzucken und erweckt dabei fast den Eindruck, als würden sie ihn nicht nur »nicht schmerzen«, sondern auch nicht interessieren.

#söderisst

Ein Gespräch mit Markus Söder wäre nicht vollständig, würde man nicht auch über sein Influencer- Dasein sprechen. Christine Schröpf sagte, sie sei doch verblüfft gewesen, im Internet ein Tutorial von Bayerns Ministerpräsident zu sehen, wie er seinen Big Mac isst. Auf die Frage, warum er so aktiv auf Social Media sei und dabei auch ungewöhnliche Wege gehe, antwortete Söder: »Warum nicht?« Seine heiße These sei, dass »Social Media mit Abstand das dominanteste« Medium sei.

Er wolle den Menschen im Internet erzählen, was er politisch denke, und die Möglichkeit bieten, dass sie sich eine Meinung bilden können, wer er ist. »Man ist ja, was man isst, heißt es immer so schön.« Essen sage so viel über Menschen aus, deshalb mache er seinen #söderisst-Content.


Titelbild © Antonia Herzinger

+ posts

Mitglied der Chefinnenredaktion / Studentin der Politikwissenschaft / Stipendiatin der Mediengruppe Bayern / Journalistin in Ausbildung

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert