»Ungehört – Geschichte der Frauen. Flucht, Vertreibung, Integration«: Ausstellung in der Universitätsbibliothek

»Ungehört – Geschichte der Frauen. Flucht, Vertreibung, Integration«: Ausstellung in der Universitätsbibliothek
Vor 80 Jahren war Deutschland das Ziel einer zwölf Millionen Menschen starken Fluchtbewegung. Die Versorgung und Integration der Geflohenen und Vertriebenen war eine enorme Herausforderung für Deutschland, das sich gerade mit der Kriegsniederlage, der Konfrontation mit seinen Kriegsverbrechen und der Teilung in zwei Staaten auseinandersetzen musste. Mit der Integration und besonders der Rolle der Frauen in diesem Prozess beschäftigt sich die Ausstellung des Hauses des Deutschen Ostens an der Universität Regensburg. 

von Lea Tyroller

Zeitzeuginnen in der Universitätsbibliothek

Ab heute, dem 13.01.2025, bis zum 27.02. ist eine neue Ausstellung im oberen Foyer der Universitätsbibliothek zu sehen: »Ungehört – Geschichte der Frauen. Flucht, Vertreibung, Integration.« Anhand der Lebensgeschichten von sechs Zeitzeuginnen wird beispielhaft der Beitrag von Frauen an der Integration der ab 1945 geflohenen oder vertriebenen Familien gezeigt. Die Protagonistinnen der Ausstellungen waren selbst aus den ehemalig deutsch besiedelten Regionen Mähren, Oberschlesien, Pommern, aus der Batschka und Ostpreußen geflohen oder vertrieben worden. 

Historischer Hintergrund

In den Wintermonaten 1944/45 rückte die Rote Armee immer weiter in die deutschen Ostgebiete vor. Aus Angst vor Racheaktionen ergriffen Hunderttausende die Flucht nach Deutschland. Die extreme Kälte, Hunger, Krankheit, teilweiser Kriegsbeschuss und Übergriffe aller Art auf die Trecks erschwerten die Flucht extrem, und hinterließ viele Betroffene mit Traumata. Diejenigen Deutschen, die in den Ostgebieten verblieben waren, wurden in den Jahren nach 1945 zu großen Teilen aus den Regionen vertrieben oder verließen sie wegen Anfeindungen schließlich freiwillig. In Deutschland angekommen, wurden die insgesamt circa zwölf Millionen Geflüchteten und Vertriebenen auf die vier Besatzungszonen aufgeteilt und in Notquartieren, Lagern, wie dem Konzentrationslager in Dachau oder bei Privatpersonen untergebracht. Das Zusammenleben von Einheimischen und Geflohenen bot vor allem im gemeinsamen Leben und Überleben unter einem Dach Konfliktpotential. 

Anfängliches Mitgefühl und Solidarität schwenkten allmählich in Ärger und Misstrauen um. 1961 lag der Anteil geflohener und geflüchteter Menschen in der bundesdeutschen Bevölkerung bei circa 21 Prozent. Ähnlich hoch wie die Personenzahl sind sicherlich auch die Erlebnisse und damit verknüpfte Traumata, wodurch die von den Einheimischen gewünschte Assimilation sicherlich nicht einfacher zu bewältigen war. Die Ausstellung soll die verschiedenen Lebenswirklichkeiten der Protagonistinnen mittels einzelner Lebensstationen den Unterschieden und Gemeinsamkeiten im Umgang mit dem Erlebten und der neuen Herausforderungen veranschaulichen. Die Darstellungen konkreter Lebensstationen in den verschiedenen Lebensphasen der Protagonistinnen zeigen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Umgang mit Fluchterfahrungen und den neuen Herausforderungen nach der Ankunft. Hierbei werden insbesondere die Integrationsprozesse von den letzten Kriegsjahren bis in die 1970er Jahre hinein betrachtet. 

Die Ausstellung bietet zum einen Einblick in die persönlichen Geschichten der Protagonistinnen und ihren Bewältigungsstrategien, zum anderen wird auch der spannenden Frage nach dem »Erbe der Flucht und Vertreibung« nach 80 Jahren nachgegangen.

Quellenangabe für Interessierte:

Baghdady, Anne/Haunhorst, Regina/Würz, Markus: Flucht und Vertreibung, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, URL: http://www.hdg.de/lemo/kapitel/nachkriegsjahre/alltag/flucht-und-vertreibung.html, 22.02.2016, zuletzt besucht am: 12.01.2025.

Hirsch, Helga: Kollektive Erinnerung im Wandel, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bundeszentrale für Politische Bildung, URL: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/27383/kollektive-erinnerung-im-wandel/ ; 01.10.2003, zuletzt besucht am: 12.01.2025.

https://www.bpb.de/themen/nationalsozialismus-zweiter-weltkrieg/dossier-nationalsozialismus/39633/kollektive-erinnerung-im-wandel/

Schönwald, Daniel: Flüchtlings- und Vertriebenenpolitik (nach 1945), in: Historisches Lexikon Bayerns, URL: <http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Flüchtlings-_und_Vertriebenenpolitik_(nach_1945); 28.04.2020, zuletzt besucht am: 12.01.2025


Titelbild ©Lea Tyroller

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