»Klausurenphase«

»Klausurenphase«
Klausurenphase: Ein Einblick aus der Überlebensperspektive. Es ist wieder die Zeit des Fugenreinigens, Meal prepen, neue Hobbys anfangen, To-Do Listen Schreibens und leergefegten Club Mate Regalen. Wer in den letzten Tagen öfter als gewöhnlich den Staubsauger gehört hat und der WG-Boden die vom Feiern gehen ermüdeten Augenglieder geblendet hat, weiß, dass dies keineswegs daran liegt, dass man seinen Putzplan auf einmal ernst nimmt. Die Antwort liegt auf der Hand: Die Klausurenphase hat begonnen.

Von Olivia Rabe

Anstatt die unberührten Vorlesungsunterlagen der letzten Monate zu entstauben, wird die Wohnung auf Hochglanz gebracht. Klassische Prokrastination, oder mit anderen Worten: Man möchte eine ordentliche Lernumgebung schaffen, bei der man zufällig die Perlen, die man vor einem halben Jahr gekauft hat, findet und sich dann dabei ertappt Armbänder für seine Freund:innen zu basteln. Als Motivation zum Lernen versteht sich. Denn die Theorie, dass diese Wochen zum Festigen des im letzten Semester erworbenen Wissen gedacht sind, ist genauso realitätsfern, wie zu denken, dass man irgendetwas aus dem letzten Semester mitgenommen hat. Wobei man die Cafetenpreise jetzt auswendig kennt und auch der beste Platz zum people watching in der Bib wurde über die letzten Monate genaustens ausgewählt. Wer braucht Pinterest, Tinder und Co. wenn die Bib all dies und mehr zu bieten hat. Vor allem jetzt, wenn jede:r mit einem Ziel in die Universität rennt: Seine fünf Mate in Rekordzeit zu exen (Denn etwas anderes zu trinken geht dank der Klausurenphase nicht mehr, irgendwo muss man pflichtbewusst bleiben), seinen Bibcrush zwischen den Bücheregalen zu finden und sein Skript zwei Minuten zu lesen, um dann nach einem „Wann machst du wieder Pause?“ in der Cafeteria einen Kaffee zu trinken.

Während die Lautstärken in den Cafeten auf bemerkenswerte 120 dB steigen, bleibt auch der universitäre Gruppenchat vor steigenden Zahlen nicht verschont. 200 verpasste Nachrichten in den vergangen zehn Minuten. Die zehn Minuten, die ausreichen um sich beim Durchklicken der Folien selbst zu gaslighten. Ach, das habe ich schonmal gehört, das muss ich nicht mehr lernen. Die 200 Folien Skript? Die Altklausurfragen werden für die 1,0 reichen müssen. Wobei die einzigen relevanten A), B) und C) Antworten, die Auswahl an Gruppenchat- Nachrichten sind. Entweder werden A) Panik-Memes, B) Screenshots von Zusammenfassungen, die aussehen wie antike Schriftrollen (Denn dass irgendjemand in den letzten Jahren selbst eine Zusammenfassung geschrieben hat, wenn der/die Professor:in immer die gleichen Klausuren schreibt, steht nicht zur Debatte. Blöd natürlich, wenn es dieses Jahr zum ersten Mal andere Klausuren Fragen werden.) oder C) Nachrichten wie: „Ich habe noch garnichts gemacht, lol.“  Choose your Character. Am Ende der Klausurenphase und mit Beginn der ersten Prüfungen muss man sich doch die Realität eingestehen und zehn Minuten vor Prüfungsbeginn den Stoff in Rekordzeit, dass sogar Usain Bolt mit seiner Bestzeit einpacken kann, in sich reinstopfen. Neben der steigenden Nervosität und Existenzkrisen, die die Pesto Nudeln im Magen nicht mehr zu gut fühlen lassen, sind es am Ende doch diese kleinen Momente, die diese Phase ertragbarer machen: Ein kleines halbmotiviertes „Wir schaffen das!“ im Vorbeigehen, stundenlange Facetime Sessions mit den Komiliton:innen und eine ganz besondere Leidensgemeinschaft.

Also keine Sorge: Der Wahnsinn hat auch ein Ende – irgendwann. Bis dahin: Viel Erfolg und passt auf euch auf! Wir sitzen alle im selben Boot.

Blick von der Galerie in der Bib. ©Alisa Kurz

Beitragsbild: ©Alisa Kurz

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