Kein Sex, keine Beziehung, keine Ehe, keine Kinder – Frauen sagen »Nein!«
Ein verurteilter Straftäter mit zutiefst frauenfeindlichen und misogynen Ansichten wurde zum mächtigsten Mann der Welt gewählt. Als Reaktion darauf bekennen sich nun Frauen in den USA zur südkoreanischen 4B – Bewegung.
von Carlotta Wortmann
Was ist die 4B – Bewegung?
Die 4B – Bewegung hat ihren Ursprung in Südkorea. Der Name leitet sich von vier Grundprinzipien ab, die im Koreanischen mit »bi« beginnen – was »Nein« bedeutet:
Bihon: Nein zur heterosexuellen Ehe
Bichulsan: Nein zum Kinderkriegen
Biyeonae: Nein zum Dating von Männern
Bisekseu: Nein zu Sex mit Männern
Das Movement entstand 2016 als Reaktion auf einen Femizid im Partyviertel Gangnam. Eine Frau wurde von einem Mann erstochen, dessen einziges Motiv war, dass er sich von Frauen verletzt und gekränkt fühlte – nicht genau von dieser Frau, sondern von allen Frauen.
Warum das Ganze?
In Südkorea erleben Frauen in nahezu allen Lebensbereichen systematische Benachteiligung. Die Situation ist alarmierend: 2023 verzeichnete die nationale Beratungsstelle für Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt über 330.000 Fälle von Missbrauch gegen Frauen. Sie verdienen im Durchschnitt ein Drittel weniger als ihre männlichen Kollegen und ein bedenkenloser Wiedereinstieg ins Berufsleben nach einer Schwangerschaft ist für viele fast unmöglich. Nach der Hochzeit sehen die Frauen sich gezwungen, sich dem Ehemann, der Familie und ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter unterzuordnen.
Disclaimer: In der westlichen Berichterstattung fehlt oft der wichtige Hinweis, dass die Bewegung Transpersonen und die queere Community ablehnt. Sie kämpfen nur für die Rechte der Frauen, die dem traditionellen Frauenbild entsprechen.
Warum wird die Bewegung auch in anderen Ländern, wie in den USA, populär?
Nach dem Wahlsieg von Donald Trump greifen immer mehr Frauen in den USA die Ideen der 4B-Bewegung auf. Die Sorge vor wachsendem Antifeminismus und Einschränkungen von Frauenrechten – etwa bei Abtreibungen – treibt diese Entwicklung an. Der Post des rechtsextremen Aktivisten Nick Fuentes »Your Body – my Choice. Forever.« (»Dein Körper – meine Entscheidung. Für immer.«) und die unzähligen zustimmenden Kommentare, zeigen wie salonfähig und verbreitet Hass gegen Frauen im Netz geworden ist.
Ist die 4B – Bewegung feministisch?
Das Movement ist ein radikaler Ausdruck der Frustration über fest verankerte systematische Ungleichheit und Gewalt gegen Frauen. Der freiwillige Verzicht auf Partnerschaft, Sex und Familie, um sich vor Diskriminierung, Gewalt und fehlenden Abtreibungsmöglichkeiten zu schützen, erscheint drastisch – aber nachvollziehbar. Unglaublich, Frauen entscheiden sich gegen Liebe und Familie; alles, nur um selbstbestimmt und frei leben zu können.
Die 4B – Bewegung zeigt die tiefsitzenden Probleme unserer Gesellschaften und sorgt für weltweite Aufmerksamkeit und Diskursbildung. Trotzdem ist das komplette Abschwören von Männern nicht die Lösung des Problems. Feminismus funktioniert nicht ohne Männer. Denn er dreht sich nicht nur um Gewalt und Ungerechtigkeiten gegenüber Frauen, sondern birgt auch viele Vorteile für Männer, die unter dem Patriarchat ebenso leiden.
Titelbild © Carlotta Wortmann
Quellen:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/4b-feminismus-suedkorea-usa-100.html
