MdL und Regensburger Stadtrat Jürgen Mistol über die studentische Wohnsituation
Jürgen Mistol ist Landtagsabgeordneter in Bayern sowie Stadtrat in der grünen Fraktion in Regensburg und setzt sich für bezahlbares Wohnen ein. Unsere Autorin hat mit ihm über die Wohnsituation in Bayern für Studierende, über Herausforderungen und mögliche Maßnahmen gesprochen.
von Carlotta Wortmann
Lautschrift: Jürgen Mistol, Sie sind Sprecher für Wohnen in der Landtagsfraktion der Grünen im Bayerischen Landtag. Welche Aufgaben haben Sie in dieser Position?
Jürgen Mistol: Als Sprecher für Wohnen habe ich die Aufgabe, das Thema für die Grünen zu bearbeiten, entsprechende parlamentarische Initiativen zu entwickeln und Kontakte mit den Verbänden, sowohl mit den Wohnungswirtschaftsverbänden als auch mit dem Mieterbund, zu pflegen. Das Wichtigste in der Wohnungspolitik ist, dass das 1946 festgelegte Verfassungsziel, dass jede Bewohnerin und jeder Bewohner Bayerns ein Anrecht auf eine angemessene Wohnung hat, entsprechend umgesetzt wird.
»Es entstehen Studierendenwohnungen, aber oft nur zu hohen Preisen«
Welche Faktoren verschärfen in Bayern die Wohnungsknappheit für Studierende in Universitätsstädten wie München und Regensburg?
Wir haben zwar Studentenwohnheime in Bayern, aber das Angebot ist viel zu gering. Deswegen wollen wir Grüne die Studierendenwerke mit mehr Kapital aufstocken und die Förderlandschaft so strukturieren, dass das Geld nicht ins hochpreisige Segment geht, sondern ins bezahlbare Segment. Es entstehen nämlich durchaus Studierendenwohnungen, aber oft nur zu hohen Preisen.
Wie kann die Situation für Studierende verbessert werden?
Wir brauchen erst einmal Grundstücke, wo Studierendenwohnungen entstehen können. Auch Leerstände sind ein großes Problem. Es muss gewährleistet werden, dass nicht nutzbare Wohnungen zeitnah saniert werden.Da hat sich die Staatsregierung, zum Beispiel in der Münchener Studentenstadt, irre viel Zeit gelassen und erst jetzt kommt Bewegung in das Thema. Wichtig ist, dass der Förderbedarf gedeckt wird und genügend Grundstücke und Fördermittel für Unternehmen und Studierendenwerke, im Hinblick Auszubildendenwohnen auch für Gewerkschaften existieren. Im Bund sind viele Fördermaßnahmen ausgelaufen und keine adäquaten nachgekommen. Das muss man durchaus auch selbstkritisch sagen.
Dieses ganze Gemengelage hat dazu geführt, dass in den letzten zwei Jahren viele Projekte einfach nicht begonnen wurden. Aber das ändert sich momentan ein Stück weit. Wir haben, was die Wohnraumförderung angeht, in Bayern eine unglaublich hohe Nachfrage nach Fördermitteln, die mit den derzeit zur Verfügung stehenden, gar nicht befriedigt werden kann. Insofern möchte ich versuchen, im Bayerischen Landtag mehr Mittel ins Wohnförderungssystem zu bekommen.
Welche konkreten Maßnahmen wurden bereits ergriffen?
Wir haben von der aktuellen Bundesregierung ein neues Programm erhalten, das Programm Junges Wohnen. Dieses Förderprogramm muss jetzt auf Landesebene umgesetzt werden. Auch die Eigenmittel für die Studierendenwerke hat die Staatsregierung erhöht, was sicher ein wichtiger Schritt ist, damit die Studierendenwerke mehr Eigenmittel haben. Denn nur mit Fördermitteln und mit der Wohnraumförderung ist es natürlich nicht umsetzbar.
»Eines der größten Hindernisse ist die Grundstücksfrage«
Was sind die größten Hindernisse bei der Umsetzung von Projekten für bezahlbaren Wohnraum?
Eines der größten Hindernisse ist die Grundstücksfrage, weil man gerade im öffentlich geförderten Bereich darauf angewiesen ist, dass günstige Grundstücke zur Verfügung stehen. Jene günstigen Grundstücke kriegt man nur aus öffentlicher Hand, also vom Freistaat, den jeweiligen Kommunen oder vom Bund. In Regensburg haben wir die Erfahrung gemacht, dass wir viele Kasernenkonversionsgelände günstiger erhalten haben, um dort öffentlich geförderten Wohnungsbau zu verwirklichen. Am freien Grundstücksmarkt ist es meist leider viel zu teuer, so dass es ausgeschlossen ist, hier etwas zu einem vernünftigen Preis zu bekommen.
Sie sind neben deiner Abgeordnetentätigkeit noch Mitglied im Regensburger Stadtrat. Wie schätzen Sie also die Wohnsituation insbesondere für Studierende in Regensburg ein? Gibt es Potenzial zur Verbesserung?
Auf jeden Fall. Gerade zum Semesterbeginn ist die Situation in Regensburg für Studierende teilweise sehr dramatisch. Viele junge Menschen müssen pendeln oder auf der Couch von Freund:innen schlafen. Es ist aber allgemein, nicht nur für Studierende, ein Problem, am freien Wohnungsmarkt eine bezahlbare Wohnung zu finden. Wir sind zwar durch die lahme Baukonjunktur gehemmt worden, aber die Stadt investiert, um günstiges Wohnen zu ermöglichen. Neubau ist auch ein großes Thema. In den nächsten Jahren sollen auf dem großen Gebiet der Prinz-Leopold-Kaserne viele neue öffentlich geförderte Wohnungen entstehen. Und das ist bitter nötig in Regensburg. Wir sind eine Stadt, die in den letzten Jahren sehr stark gewachsen ist, weswegen wir bezahlbare Wohnungen für die breite Bevölkerung brauchen.
Zum Abschluss: Welche konkreten Tipps haben Sie für Studierende auf Wohnungssuche?
Wo ich zuerst hingehen würde, ist das Studierendenwerk, um mich in die Liste einzutragen. Ich weiß, dass da die Wartelisten ziemlich lang sind, aber es kann auf jeden Fall nicht schaden darauf zu stehen. Und sonst: nicht gleich alles nehmen! Wirklich vorsichtig sein, da sind viele Glücksritter dabei, die einfach überteuert die Wohnungen anbieten. Lieber ein bisschen länger warten, als irgendetwas zu nehmen, wo man schlussendlich nicht glücklich wird mit.
Titelbild © Carlotta Wortmann