»Syrien«
Sonntag, der 8. Dezember 2024 – Das Ende der Assad-Dynastie. Kein gewöhnlicher Tag, der bloß ein Wochenende abschließt. Vielmehr ein Tag, der ein deutlich größeres Kapitel beendet: die Diktatur in Syrien. Dieser Tag soll als Symbol für die Befreiung Syriens von der Herrschaft der Assad-Dynastie in die Geschichte eingehen. Ein Rückblick über die Ereignisse der letzten Woche.
von Viola Wiesbauer
Der Fall von Damaskus
Am 27. November begannen syrische Milizen von Nordwesten in Richtung Nordosten Syriens vorzurücken. Nach der Einnahme der größten Städte, darunter Aleppo, Homs und Hama, stand die Islamisten-Miliz Hayat Tahrir al-Scham (HTS), unter der Führung Abu Muhammad al-Dschaulani, am vergangenen Wochenende nun auch in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Sie belagerten die Residenz des Präsidenten und befreiten Gefangene aus dem für Folter und Tod bekannten Militärgefängnis Saidnaya, das unter Syrerinnen und Syrer auch als »menschliches Schlachthaus« betitelt wurde. Der Machthaber Baschar al-Assad wurde gestürzt. Noch am frühen Morgen desselben Tages sollen er und seine Familie die Hauptstadt verlassen und in Moskau Zuflucht bekommen haben. Auch Tausende seiner Anhänger, auf die teilweise Jagd gemacht wurde, sollen laut Augenzeugen vor Ort mit Motorrädern, Autos oder zu Fuß geflohen sein.
Freiheit? – Was nun?
Nach über 50 Jahren Vorherrschaft der Assad-Dynastie – darunter drei Jahrzehnte unter Vater Hafis al-Assad und beinahe ein viertel Jahrhundert unter seinem Sohn, dem Diktator Baschar al-Assad –, 13 Jahren Bürgerkrieg und unzähligen »Verschwundenen«, Gefolterten und Toten herrscht nun wieder Hoffnung im Land.
In den Straßen Syriens wird gefeiert: Bilder und Statuen der Assad Familie wurden als Zeichen des beendeten Assad-Regimes zerstört und der Präsidentenpalast gestürmt. Doch nicht nur in Syrien ist die Freude groß, auch in der benachbarten Türkei und in Deutschland wird das Ende der Terrorherrschaft gefeiert. Im Libanon warteten Syrerinnen und Syrer an den Grenzen, um in ihre Heimat zurückzukehren. Auch in Deutschland stellte sich bereits die Frage nach einer Rückkehr nach Syrien, jedoch in Form einer kontroversen Abschiebungs-Debatte. Bundeskanzler Olaf Scholz äußert sich zu der Situation in Syrien skeptisch, stuft die Lage als weiterhin »sehr, sehr gefährlich« ein und mahnt zur Zurückhaltung in der Debatte um Abschiebung.
Wie geht es in Syrien weiter?
Der bisherige syrische Ministerpräsident, Mohammad Ghazi al-Dschalali, bot nach der Bestätigung des Sturzes Assads der Opposition unter der Führung al-Dschaulanis die Zusammenarbeit an. Er erklärte seine Bereitschaft zur Machtübergabe und betonte die Notwendigkeit eines stabilen Übergangs. Abu Muhammad al-Dschaulani erklärte, dass staatliche Institutionen bis zu einer Machtübergabe unter der Aufsicht des Ministerpräsidenten stehen sollen und versicherte diversen ethnischen und religiösen Gruppen, darunter Christen, Alawiten und Drusen weiterhin ihre Rechte sowie Gespräche. Die HTS plant den Machtwechsel in Form einer Übergangsregierung, geleitet unter Mohammed al-Baschir, einem Politiker ihrer Seite. Diese soll bis März nächsten Jahres bestehen bleiben. UNO-Sondergesandter Pedersen äußert sich optimistisch über die Botschaften der HTS an das Volk und hofft auf folgende positive Taten. Die Herausforderungen sind jedoch enorm: Die Sicherheitslage bleibt fragil und es besteht das Risiko eines Machtvakuums, das von radikalen Gruppen ausgenutzt werden könnte.
Für das syrische Volk steht der Wunsch nach einem stabilen und integrativen Machtübergang fest. Doch ob Syrien als Gesamtstaat bestehen bleibt oder ob der Staat in Einzelteile zerfällt und wie es weitergeht, bleibt noch unklar.
Stand: 14.12.2024Beitragsbild ©Valentin Brosda
Quellen:
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-syrien-fluechtlinge-abschiebedebatte-100.html
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/syrien-akteure-102.html
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/syrien-baschir-100.html
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/scholz-interview-tagesthemen-100.html
https://www.tagesschau.de/inland/debatte-syrer-deutschland-100.htmlhttps://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/liveblog-syrien-buergerkrieg-assad-rebellen-islamisten-100.html
