Tödliche Faszination mit Macht und Grausamkeit – ein Autorinnengespräch
Gaea Schoeter begegnet in ihrem Roman »Die Trophäe« der Perversion von Grausamkeit und schafft es damit unzählige Menschen zu begeistern. Die belgische Autorin war am Freitag, den 22.11.2024, in der Regensburger Buchhandlung Dombrowsky zu Besuch und hat über die Entstehung und Erarbeitung ihres Romans erzählt. In dem von der Inhaberin Lalena Hoffschild geleiteten Gespräch, ging es um die Recherchen über den Kontinent Afrika und dessen indigene Völker, die Faszination zum Töten und wie weit Toxic Masculinity wirklich gehen kann.
von Olivia Sanchez Assmuss
Die »Big Six«
Der Roman »Die Trophäe« spielt in Afrika und begleitet den Wilderer Hunter White, wie er die letzte Trophäe in seiner Jagd nach den Big Five ergattern will. Als die Big Five, auf Deutsch die »Großen Fünf«, bezeichneten Großwildjäger früher fünf Tiere in Afrika. Dazu zählen: der Elefant, das Nashorn, der Büffel, der Leopard und der Löwe. Die Auswahl bezog sich nicht auf deren Körpergröße, sondern vorwiegend auf die Schwierigkeiten bei der Jagd auf die Tiere. Hunter White verliert er sich im Verlauf der Geschichte nicht nur in der Jagd nach den Big Five, sondern auch in der Idee der Big Six: Die Jagd nach der eigenen Spezies.
Von der Facebook-Anzeige zum Buch
Die Autorin, die selbst noch nie in einem Land in Afrika war, beschreibt die Landschaft anschaulich. In dem Autorinnengespräch war eine Frage, wie Schoeter diese Beschreibungen hinbekommen konnte, ohne den Kontinent jemals mit eigenen Augen gesehen zu haben. Mit einem Schmunzeln antwortet die Autorin: »In meinem ersten Buch habe ich über den ersten Weltkrieg geschrieben und auch da war ich noch nie«. Es hat fast zwei Jahre gedauert, bis die Recherchen für das Buch fertig waren. Was als absurde Anzeige auf Facebook begann, endete mit einer Romanentwicklung.
»Mich kenn ich schon, deswegen fand ich es interessanter über jemanden zu schreiben, den ich selbst auch kennenlernen muss«.
Lalena Hoffschild fragte im Gespräch am Freitagabend, ob die Geschichte nicht doch auch dem Trend der Autofiktion gefolgt ist und wieso es denn eigentlich ein männlicher Protagonist geworden ist. Die Autorin empfindet eine gewisse Abscheu gegenüber ihrem selbst kreierten Protagonisten und sieht keine Wiederspiegelung ihrer eigenen Person in ihm, außer die Liebe zur Natur. Autofiktion, sagt sie, lebt in Schichten: »Mich kenn ich schon, deswegen fand ich es interessanter über jemanden zu schreiben, den ich selbst auch kennenlernen muss«. Schoeter hat sich bewusst für einen weiteren männlichen Protagonisten entschieden. Die Autorin, die in einer Gruppe von Schriftsteller:innen aktiv ist, die sich für mehr weibliche Protagonistinnen einsetzen, musste das zunächst einmal erklären.
Der Inbegriff von Toxic Masculinity
Hunter White ist laut Schoeter der Inbegriff von Toxic Masculinity und strebt trotz Massen an Geld immer die Existenz des »ultimativen Mannes« an. Die Verfolgung der stereotypischen maskulinen Ideale verunsichert den Protagonisten in seinem eigenen Geschlecht. Diese Fragilität hat ihm zu einem Wilderer gemacht, der Erregung hauptsächlich beim Töten von wilden Tieren und später bei der Menschenjagd empfindet. Gaea Schoeter will durch den männlichen Protagonisten versuchen zu zeigen, wie Hunter White denkt und gleichzeitig verständlich machen, was die äußersten Grenzen von toxischer Maskulinität sein können.
Weitere Informationen zur Autorin und zum Buch gibt es unter https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/gaea-schoeters-trophaee-9783552073883-t-5240
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