Ein Fest der Diversität und Selbstbestimmung

Ein Fest der Diversität und Selbstbestimmung

Die Rocky Horror Show feierte in der Donau-Arena Premiere

In der nahezu ausverkauften Donau-Arena betritt Moderator des Abends Thomas Hermanns unter tosendem Applaus die Bühne. Er kündigt direkt an: »Hier ist Action angesagt, das ist eine Mitmachshow!«. Regelmäßige Besucher:innen von Rocky Horror Shows sind bereits damit vertraut. Alle dafür benötigten Utensilien konnten entweder von daheim mitgebracht oder in Form einer Fanbag erworben werden, inklusive Gebrauchsanweisung für alle Neulinge in der Rocky Horror-Welt. Dazu später mehr, nun aber zuerst einmal eine kurze inhaltliche Einführung: Das frisch verlobte Paar Janet (Monika Schweighofer) und Brad (Felix Rabas) sind gerade auf dem Weg zu ihrem alten Professor Dr. Scott (Christopher Wernecke), als eine Autopanne ihre Weiterfahrt verhindert. Irgendwo im Nirgendwo, bei strömendem Regen versuchen sie in einem alten Schloss Hilfe zu finden. Eigentlich wollte das Paar nur nach einem Telefon fragen. Sie ahnen nicht was ihnen bevorsteht, als Butler Riff Raff ihnen die Tür öffnet (Alejandro Nicolás Firlei Fernández). Die beiden werden hineingezogen in eine Welt des Horrors, der Ekstase und der sexuellen Freiheit. Nicht ganz freiwillig, bis auf die Unterwäsche ausgezogen, lernen sie Frank N‘Furter (Philipp Dietrich), den Hausherrn der skurrilen Festgesellschaft kennen. Dieser kündigt den Durchbruch seiner biochemischen Forschung an und präsentiert sein eigenes Geschöpf: Rocky (Stephen Dole).  Mit perfekten Adonis-Körper wurde er als Objekt der Lust und Begierde erschaffen. Es ist der Beginn eine hemmungslosen Orgie und eines exzentrischen Lustspiels.

Philipp Dietrich, Stephen Dole & Ensemble © Marie Liebig

Der Zuschauende wird in die entfesselte Welt der Rocky Horror Show nicht nur hineingesogen, sondern ist auch Teil von ihr. Für Neulinge im Rocky-Horror-Spektakel sicherlich ein wenig überfordernd und für die »alten Hasen« unter den Zuschauenden essenzieller Teil der Show: An bestimmten Stellen der Story ist das Publikum gefragt. So wird an der Hochzeit von Janet und Brad mit Reis geworfen – natürlich nur nach hinten, zu den billigen Plätzen, nicht auf die Bühne. Während des Gewitters kommen Wasserpistolen zum Einsatz und am Ende fliegen Spielkarten durch die Luft.

Die Erzählung der Geschichte wird immer wieder durch die bekannten Musical-Songs unterbrochen. Gespielt werden sie von einer Live-Band hinter der Bühne. Auch hier ist Mitmachen gewünscht: Für den Time Warp liegt eine Tanzanleitung bereit und Moderator Thomas Hermanns gibt zu Beginn einen kurzen Crashkurs in die grundlegenden Schritte. Spätestens bei den Standing-Ovations tanzt die ganze Donau-Arena den bekanntesten Song des Musicals mit.

Der befreite Umgang mit Sexualität in der Story ist ein Zeitzeugnis: Als Richard O’Brien in den frühen 1970er Jahren das Musical schrieb dauert die sexuelle Revolution noch an. Die Handlung provoziert die damalig vorherrschenden Normen.

Monika Schweighofer & Felix Rabas © Marie Liebig

Auch die Kostüme untermalen diese Botschaft. Zu Beginn stereotypisch, Janet in rosa Kleid und Brad in hellblauem Anzug. Am Ende haben die beiden die Farben getauscht. Dass Janet in blauem und Brad in pinkem Paillettenbody tanzt, zeigt dass sich die beiden in die Experimentierfreude und sexuelle Befreiung haben mitreißen lassen. Auch der Regenbogen taucht in der Bühnenbeleuchtung und Kostümen immer wieder auf. Die Geschichte von Janet, Brad und Frank N’Furter steht nicht nur für den Abschied aus der gesellschaftlichen Prüderie, sondern auch für die Abkehr aus der Heteronormativität. Es ist ein Fest der Queerness und Diversität, just on time zum Pride Month. So ist auf der Bühne auch die ein oder andere spitze Bemerkung bezüglich Regensburgs tolerantester Fürstin gefallen. Bekanntlich sind queere Menschen nirgendwo so willkommen wie im Schloss Thurn und Taxis (Vorsicht: Ironie).

Dass die Handlung und die Figuren oberflächlich sind ist nichts Neues. Den Anspruch erhebt das Kult-Musical auch gar nicht. Der Fokus liegt auf den Kostümen, der Musik, dem Tanz und dem Kontakt zum Publikum – eben der Kultcharakter. Die Regensburger Inszenierung ist jedoch mehr als eine von vielen Interpretationen des Kultmusicals. Sie ist eine hervorragend inszenierte Show, die von ihrem Publikum lebt. Schrill, bunt, wild und weit mehr als Kult.

Weitere Informationen zum Stück gibt es auf der Website des Theater Regensburg (Theater Regensburg)

Die Vorstellung wurde mit Pressekarten besucht. 

Titelbild: Fabiana Locke & Ensemble © Marie Liebig

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