Rechte für Frauen- bitte mehr davon!
In den vergangenen Jahren verschlechterte sich die Situation der Frauenrechte weltweit gesehen. Neben all den Rückschritten und bedrückenden Nachrichten gibt es jedoch auch Länder, die sich rechtlich für Frauen einsetzen. Ein Blick in die EU und ihre Mitgliedsstaaten: Welche Gesetze hätten wir gerne in Deutschland, oder am besten gleich für alle Frauen weltweit?
Von Ida Müermann
Weltweit hat sich die rechtliche Lage für Frauen in den letzten Jahren in einigen Ländern verschlechtert. Über Jahrzehnte erkämpfte Frauenrechte und Gleichberechtigung wurden wieder abgeschafft. Dadurch kommt es zur Rückkehr zu patriarchalen, konservativen und diskriminierenden Zuständen. Ein extremes Beispiel dafür sind die massiven Einschränkungen weiblicher Personen in Afghanistan. Seit der Machtübernahme der Taliban 2021 dürfen Frauen sich dort nur noch mit einem männlichen Vormund in der Öffentlichkeit bewegen. Mädchen haben ab dem 12. Lebensjahr keinen Zugang mehr zu Bildungseinrichtungen. Durch diese und viele weitere Punkte ist Afghanistan zu einer Gesellschaft zurückgekehrt, die Frauen zu Bürgerinnen zweiter Klasse ohne Rechte degradiert. Afghanistan mag sich weit entfernt anfühlen, doch auch bei einem potenziellen EU-Mitglied kommt es zu verschlechterten Rechtslagen: Die Türkei ist 2021 aus der Istanbul- Konvention ausgetreten, die Frauen vor Gewalt schützt. Die Entscheidung der Türkei stellt einen schmerzhaften Rückschritt für die grundlegenden Menschenrechte von Frauen und Mädchen im Land dar. Auch in dem demokratischen und westlichen Land USA kam es mit der 2021 eingeführten und 2024 verschärften Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in vielen Bundesstaaten zur Verschlechterung der rechtlichen Situation für Frauen. Bei all den schlechten News bin ich sehr froh, als Frau in Deutschland in einem vergleichsweise fortschrittlichen Land zu wohnen. Auch wenn ich mit Blick zu einigen unserer europäischen Nachbarn der Meinung bin: Deutschland, das geht noch besser!
Menstruationsfrei- Spanien
Spanien hat seit dem Sommer 2023 gesetzlich festgelegt, dass Frauen sich aufgrund ihrer Periode krankmelden können. Dafür benötigen sie ein ärztliches Attest, können sich dafür aber bei Menstruationsschmerzen auf unbegrenzte Dauer bezahlt „frei nehmen“. Die linke Koalitionsregierung wollte damit für mehr Geschlechtergerechtigkeit in Spanien sorgen. Frauen sollen nicht mehr mit Schmerzen arbeiten müssen und vor finanziellen Einbußen bei Menstruationsbedingten Ausfällen geschützt werden. In Spanien gibt es nämlich normalerweise einen Lohnabzug für die ersten drei Krankheitstage- ungünstig für monatlich wiederkehrenden Krankmeldungen bei starken Schmerzen während der Periode. Beim 2023 eingeführten Menstruationsurlaub hingegen haben die Arbeitnehmer:innen Anspruch auf volle Lohnfortzahlung. Die Kosten werden vom Staat übernommen. Neben dem finanziellen Faktor ist das Gesetz auch ein toller Schritt, um die Periode mehr in die Wahrnehmung der Bevölkerung zu rücken und von ihren Tabus zu befreien. In Deutschland gibt es so eine Regelung im Gesetz leider noch nicht. Frauen können sich bei starken Zyklusschmerzen zwar ihre Arbeitsunfähigkeit bescheinigen lassen, dies gilt jedoch meistens nur, wenn dafür eine diagnostizierte Erkrankung wie Endometriose zugrunde liegt.
Recht auf Abtreibung- Frankreich
Frankreich hat schon 1975 das Recht auf Abtreibung eingeführt und war damit das erste Land der Welt mit diesem Recht in der Verfassung. Bei der Entstehung des Gesetzes war eine Abtreibung bis zur 10. Woche straffrei, inzwischen bis zur 14. Woche. Das Bedeutet, Schwangerschaftsabbrüche sind ein Grundrecht für Frauen- anders als in Deutschland. Hier sind Abtreibungen verboten und im Strafgesetzbuch im §218 verankert. Übrigens ein Paragraf, in dem auch Mord und Totschlag aufgeführt werden. Nur unter bestimmten Bedingungen wie der Schwangerschaftskonfliktberatung bei einer staatlich anerkannten Stelle und einer nachfolgenden Bedenkzeit von drei Tagen ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche nicht strafbar. Ausgenommen sind Abbrüche im Kontext von gesundheitlicher Gefährdung oder Vergewaltigungen.
Ein weiterer positiver Punkt in Frankreich ist, dass die Krankenkassen die Arztrechnungen dafür übernehmen. Für Deutschland gilt, dass die zwischen 350 und 600 Euro liegenden Kosten von den Betroffenen selbst gezahlt werden müssen. Nur bei einem Einkommen unter einer Grenze von etwas mehr als 1000 Euro sowie bei Schwangerschaften als Folge von Vergewaltigungen oder gesundheitlicher Gefährdung der Schwangeren übernehmen die deutschen Krankenkassen die Kosten. Doch eines dieser Kriterien ist selbst umstritten: was definiert das Gesetz als Vergewaltigung?
Nur ja heißt ja- 14 von 27 EU-Staaten
Wann sind sexuelle Handlungen rechtlich gesehen einvernehmlich? In vielen EU- Ländern, zum Beispiel in Griechenland, Dänemark oder den Niederlanden gilt die Konsens Regelung. Das Bedeutet, dass sexueller Kontakt dann einvernehmlich ist, wenn alle zugestimmt haben. Der Versuch, für alle EU-Staaten den Strafbestand einer Vergewaltigung einheitlich zu regeln scheiterte jedoch Anfang dieses Jahres. In Deutschland gilt jetzt weiterhin nur „Nein heißt Nein“. Es ist also immer dann schon einvernehmlicher sexueller Kontakt, wenn kein Widerspruch erkennbar ist. In beispielsweise Italien steht es noch schlechter in Punkto sexueller Übergriffe. Dort wird von den Opfern der Nachweis erwartet, dass ihnen Gewalt angedroht oder angetan wurde. Ein „Nein“ reicht dort nicht aus, um den Tatbestand der Vergewaltigung zu erfüllen. Als die EU Anfang des Jahres versuchte, den Strafbestand der Vergewaltigung einheitlich mit „Nur ja heißt ja“ zu regeln, scheiterte der Gesetzesentwurf- unter anderem durch die ablehnende Haltung der deutschen Politik. Dabei sollte sich Deutschland doch ein Beispiel an seinen dänischen und niederländischen Nachbarn nehmen und sich für den maximalen Schutz von Frauen im eigenen Land und in ganz Europa einsetzen.
Immerhin gelten EU weit bereits einige einheitliche Gesetze, um Frauen vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Sie verbieten Cyber-Stalking und das ungefragte Versenden von intimen Bildern. Knapp gesagt, Dickpics sind illegal. Dass Zwangsehen und Genitalverstümmelung in der EU ebenfalls verboten sind, fühlt sich wie eine Selbstverständlichkeit an. Der Blick in die letzten Jahre und in die Welt zeigt jedoch: wir müssen aufpassen, dass uns die Rechte zum Schutz von Frauen erhalten bleiben und wir sie immer weiter verbessern- auch in Deutschland.
Quellen:
www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/sexualstrafrecht
Beitragsbild ©Ida Müermann