Klimaschutz für Klimaleugner
Im (studentischen) Alltag ist es nicht immer einfach, eine nachhaltige Lebensweise zu integrieren. Argumente für mehr Klimaschutz – vom Drink in der Bar bis zum Sessel in der eigenen Wohnung, vom Sparfuchs bis zur Mode Ikone – für jede:n ist etwas dabei.
Von Luis Peitz
Klimaschutz ist eines der Themen, bei denen – vielleicht etwas plakativ formuliert – die Redewendung »zwei Menschen, zwei Meinungen« greift. Damit soll nicht der menschengemachte Klimawandel relativiert oder die Klimakatastrophe geleugnet werden. Es geht mir hier vielmehr um die unterschiedlichen Ideen, Prioritäten und Visionen, die zum Umgang mit der Klimakatastrophe existieren. Die eine Seite befürchtet die unmittelbar bevorstehende Auslöschung der Menschheit und fordert dementsprechend auch drastische Konsequenzen, auf der anderen Seite nimmt man klimatische Veränderungen zwar war, findet diese auch schlimm, legt den Fokus jedoch eher auf wirtschaftsverträgliche Reformen. Eingerahmt durch diese Handlungsextreme erstreckt sich ein breites Spektrum an individuellen Entwürfen zum Umgang mit dem Klimawandel.
Gehört man, so wie ich auch, keinem dieser beiden ideologischen Skalen-Endpunkte an, verliert man sich leicht im alltäglichen Meinungswirrwarr dazwischen. Es wird viel über Probleme geredet, über klimatische Sünden, die man potentiell begeht und alles, was mir oft bleibt, ist ein schlechtes Gewissen und Ratlosigkeit. Pragmatische und praktische Lösungsansätze kommen dabei meistens zu kurz. Oft entsteht der Eindruck, effektives klimaverträgliches Verhalten kann nur mit einer unangenehmen Einschränkung der persönlichen Freiheit gelingen. Das stimmt aber nicht. Bei genauerer Betrachtung gibt es zahlreiche Aspekte, bei denen die klimapositive Alternative der klimaschädlicheren überlegen ist. Viele Leute bevorzugen erstere aufgrund der Umweltfreundlichkeit sowieso schon lange. Doch selbst wenn man den ökologischen Aspekt komplett außenvor lässt, sind die Alternativen ihren unökologischen weit überlegen. Selbst wer die wissenschaftlichen Theorien hinter der Klimakatastrophe ablehnt, hat also einen Grund, nachhaltige Produkte zu bevorzugen – eine win-win Situation für alle.
rettender Strohhalm, letztes Hemd
Die Plastikstrohhalm-Industrie produziert jährlich circa 219 Milliarden Strohalme, größtenteils Einmalprodukte. Alternativen existieren schon seit Langem, ich möchte hier aber speziell für eine ganz besondere werben: die Makkaroni. Hergestellt aus verdichtetem Hartweizengries, 25cm lang und mit einem Durchmesser von 4mm. Betrachtet man die Maße alleine, eignet sie sich schon perfekt als Strohhalm-Ersatz. Aber die Nudel hat noch weitere Vorteile: Sie weicht erst bei mehrminütigem Kochen in heißem Wasser auf, ist somit in punkto Standfestigkeit dem Pappe-Halm weit voraus und ist zudem auch noch essbar. Zusätzlich zum Aperol erhält man gratis also auch noch einen Snack. Da kann man wirklich nichts dagegen haben.
Ein weiterer Sektor, der in der Klimabilanz sehr negativ zu Buche schlägt, ist die Kleidungsbranche. Die Fast-fashion-Industrie verbraucht Unmengen an unterschiedlichsten Ressourcen und produziert damit schätzungsweise zehn Prozent der weltweiten CO2- Emissionen. Aber es kommt noch schlimmer: Ein Großteil der angebotenen Produkte sieht nicht mal gut aus. Regelmäßig rutscht mir das Herz in die Hose, wenn ich sehe, was namhafte Modehäuser jede Saison ihrer willigen Kundschaft anbieten. Abhilfe kann hier der demografische Wandel schaffen. Die Gesellschaft in Deutschland ist eine überalterte. Auf vergleichsweise wenige Junge kommen viele alte Leute. Zukünftig wird das zahlreiche Herausforderungen mit sich bringen. Aber wie ich meine auch große Chancen. Eine besteht darin, dass unweigerlich alle unsere älteren Mitbürger früher oder später über den Jordan gehen werden. Was zurückbleibt, neben vielem anderen materiellen und immateriellen, sind Unmengen an Kleidung. Ein Großteil davon gefertigt aus hochwertigen Materialien, hergestellt, um möglichst lange zu halten. Einzelteile, die oft kein Zweiter hat und die richtig kombiniert fantastisch aussehen. Wie heute auch schon, reißen sich second-hand Läden um diese Stücke und bieten sie – meistens zumindest – zu fairen, der Qualität und Exklusivität angemessenen, Preisen an. Wer diese Teile heute und auch in Zukunft kauft, spart nicht nur Geld, sondern beweist auch guten Geschmack und zeigt einen individuellen und vor allem interessanten Stil.
Neue alte Möbel für nachhaltigeres Wohnen
Ganz Ähnliches gilt auch für die Möbel- oder ganz allgemein die Einrichtungsindustrie. Sie verschlingt nicht nur große Mengen an Rohstoffen, auch steigen seit Jahren kontinuierlich die Preise, selbst in schwedischen Möbelhäusern. Ein Klassiker des Unternehmens – das Billy- Regal – kostete 2023 noch schmale 39€, mittlerweile ist der Preis auf 59,99€ gestiegen. Diese Entwicklung ist nur ein Beispiel für die grundsätzliche Marktentwicklung, die die Einrichtung eines WG-Zimmers, einer Wohnung, aber potentiell auch des Zimmers in der Seniorenresidenz ziemlich teuer werden lässt. Der Retter in der Not kann hier, wie bei der Kleidung auch, die Demographie sein. Online Handelsplätze wie Kleinanzeigen, aber auch
Sozialkaufhäuser, werden überflutet mit Möbeln unsere älteren Mitbürger, die entweder verstorben sind, oder ihren Haushalt aus anderen Gründen verkleinern. Es werden oft Einzelstücke zu günstigen Preisen angeboten, die qualitativ hochwertig gefertigt sind, toll aussehen – wo findet man heute sonst noch Kord Sessel – und allemal bequemer sind als ein »Klippan« Sofa.
Das sind nur drei Beispiele, an denen sich zeigen lässt, dass klimafreundliches (Konsum-) Verhalten keinesfalls Einschränkung und Nachteile mit sich bringt. Genau das Gegenteil ist in vielen Fällen zutreffend. Selbst wer also den menschengemachten Klimawandel als eine Erfindung verteufelt, sollte immer noch genügend Gründe finden, die klimafreundlichen Alternativen zu bevorzugen. Denn diese sind, ganz objektiv betrachtet, einfach besser.
Beitragsbild: Annie Spratt, Pixabay