»rechts«
Wenn man das Gefühl hat,
Dass die Welt nicht mehr ganz dicht ist,
So hilft es manchmal ungemein,
Wenn man darüber dichtet – Ein Gedicht über » rechts « .
Von Franziska Leibl
Sehe ich die Nachrichten in diesem Land,
So wird mir täglich Angst und Bang‘:
Denn mit Blick auf Höcke, Krah oder Sylt,
Hab‘ ich mich lang nicht mehr so sprachlos ohnmächtig gefühlt.
Menschen – von jung bis alt – aus diesem Land,
Fangen offenbar zunehmend an zu denken,
Man müsse die Zukunft schreiben
Mit einer rechten Hand.
Doch damit sind sie nicht allein‘:
Fleißig stimmen populistische Parteien in diesen Kanon mit ein;
Reißerische Medien fangen die Parolen indes eifrig ein
Und befeuern deren Reichweite & die Spaltung der Gesellschaft dadurch ungemein.
Was mich schockiert,
Ist, dass man menschenverachtendes Denken im Wahlkampf hofiert,
Es mit » Mia san mia «-Rechtfertigungen ziert,
Ja, mehr noch,
Dass man unter Jubelrufen » Wer bietet mehr rechts? « -Debatten abhalten kann.
Und wann fing es überhaupt damit an,
Dass man auf einer großen Bühne wieder offen rassistisch & historisch verharmlosend reden kann?
Dass das dualistische Schubladendenken wieder eine so polarisierende Bedeutung haben kann?
Sogleich tut es mir in Herz & Seele weh,
Weil ich verstehe:
Dieses Denken in den Köpfen war wohl niemals weg,
Sondern hatte sich nur viele Jahre schlummernd unter einem Deckmantel versteckt,
Denn diese Denkweise würde nicht auf politischer Bühne erzählt,
Würde sie nicht wieder erfolgreich auf dem Wahlzettel gewählt.
Ja, denke ich an Deutschland,
So wird mir täglich Angst und Bang‘ –
Ich hoffe, die Schockstarre und Gleichgültigkeit der stillen Zuschauenden dauern nicht mehr lange an;
Denn wenn wir nicht jetzt aufwachen und für eine offene Gesellschaft einstehen wollen,
Sagt mir, wann denn dann?
Beitragsbild: ©Liv Hema, unsplash