Zusammen gegen das Patriarchat und für die Gleichberechtigung – Die Demo zum feministischen Kampf- tag in Regensburg am 8. März 2023.
Um was es bei der Demonstration ging: Einige Eindrücke.
Von Eleonore Krisa
Die Luft ist kalt, ich spüre kleine Tröpfchen auf meiner Nasenspitze: Trotz des regneri- schen Wetters versammelten sich viele Regensburger:innen am Mittwoch den 8. März 2023 um an der Demonstration zum internationalen feministischen Kampftag teilzuneh- men. »Internationaler feministischer Kampftag« statt »Weltfrauentag«: Diese Bezeichnung ist darauf zurückzuführen, dass es an diesem Tag nicht nur darum geht, auf die Rechte und Gleichberechtigung von Frauen aufmerksam zu machen, sondern auch auf die von weiblich gelesenen Personen und all diejenigen, die eben nicht vom patriarchalischen System profitieren, sondern dadurch benachteiligt werden.
Die Demonstration wurde vom feministischen Kollektiv »Eben.widerspruch« organisiert und unter dem Motto »Klassenkampf statt Femizide« gehalten. Bevor es losging, gab es noch einige Kundgebungen. Themen wie die unbezahlte Reproduktionsarbeit von Frauen und weiblich gelesene Personen, der Pay Gap, Femizide, weiblich gelesene Wohnungslose, deren Armut und die Privatisierung genau dieser Verhältnisse wurden dabei angesprochen. Die Forderungen des Kollektivs beinhalteten die Vergesellschaftung von Wohnun- gen, die Beendung unbezahlter Care Arbeit, die Umsetzung der Istanbul Konvention (Ein völkerrechtlicher Vertrag für die Prävention geschlechtsspezifischer Gewalt), mehr Frau- enhäuser und mehr gendersensible Notunterkünfte in und um Regensburg.
Nach den Kundgebungen ging es gegen 18.30 vom Notrufmahnmal bei den Regensbur- ger Arcaden mit der Demonstration los. Wir liefen am Dachhauplatz vorbei, durch die Thundorferstraße, über die Steinerne Brücke bis zu Stadtamhof, wo der Demozug endete.
Viele Sprüche ertönten durch die Megaphone der Demonstrierenden und wurden von der Menge wiederholt. »Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat«; »Für die Freiheit, für das Leben – Macker von der Straße fegen«; »However I dress, wherever I go, yes means yes and no means no«oder »We are here and we will fight, abortion is a human right« sind einige Beispiele.
Am Schwanenplatz hielten wir für eine kurze Pause und einige Kundgebungen an, darunter die von Ronja, Aktivistin im Netzwerk Ella, das sich für die Rechte von Frauen und weiblich gelesene Personen in der Prostitution einsetzt. Ronja erzählte uns ihre Geschichte, wie sie mit 19 Jahren bereits von zuhause weglief und sich zwangsläufig prostituieren musste um zu überleben. Wie ihr niemand half und sie sich alleine gelassen und mit 19 (!) komplett übersehen und auf sich selbst gestellt fühlte. Sie musste für ein Dach über dem Kopf kämpfen und war sehr lange von Wohnungslosigkeit betroffen.
Ihre Geschichte ist kein Einzelfall: Ronja macht unsere patriarchalische und kapitalistische Gesellschaft dafür verantwortlich. Es gibt zu wenige Zufluchtsorte für Frauen, weiblich gelesene Personen und auch Kinder.
Ein weiterer Beitrag am Schwanenplatz stammte vom Imedana e.V. und dem queeren Zentrum Fliederlich e. V. aus Nürnberg, die ihr gemeinsames Projekt »Rosa Asyl« vorstellten und die verschiedenen Problematiken für Frauen, weibliche gelesenen Personen und LGBTQIA+ Personen in Flüchtlingslagern ansprachen. Sie sind oftmals Opfer von Diskriminierung, sexualisierter Gewalt, Zwangsehen und sogar Mord.
»Rosa Asyl« ist ein Projekt, das sich darum bemüht Beratungsstellen für diese Menschen anzubieten, außerdem bietet der Fliederlich e. V. eine erste Unterkunft für LGBTQIA+ Geflüchtete. Außer den Organisator:innen der Demonstration, nahmen noch viele andere Organisationen und Vereine teil, darunter unter anderem »AK Queer Regensburg«; »Antifaschistische Aktion Regensburg«; »Aufbruch Regensburg«; »Ni una Menos Regensburg« ; »Imedana E.V.«; »Queeres Zentrum Fliederlich E.V.«; »Netzwerk Ella« und »Imedana E.V.«. Darüber hinaus kamen viele Regensburger:innen privat um an der Demonstration teilzunehmen.
Während dem Demozug, hat sich ein Gefühl der Wut in mir breitgemacht. Ich verspürte Frustration und Ärger, gegenüber unserer Gesellschaft und unseres Systems. Wie kann es nur möglich sein, dass wir in dieser aufgeklärten, modernen, hochtechnologischen Welt leben und trotzdem so viel Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und Identität statt- findet? So viel offensichtliche Benachteiligung? Dieses Defizit, in dem wir uns als Frauen, weiblich gelesenen Personen und LGBTQIA+ Community immer noch befinden und das einfach nicht oft genug hinterfragt wird. Wenn man sich hingegen traut, diese offensicht- lichen Nachteile anzusprechen und zu reflektieren, wird man oftmals als »Radikal« und »Extremistisch« etikettiert. Wie kann es nur sein, dass alle drei Tage eine Frau von ihrem Partner ermordet wird?
All diejenigen, die nicht dem männlichen, heteronormativen Standard entsprechen, wer- den andauernd als weniger wert und abweichend angesehen und leiden dementsprechend. Und dann sollten wir nicht laut und sauern sein sondern es einfach hinnehmen? Patriarchales, diskriminierendes, gewaltvolles und toxisches Verhalten wird andauernd akzeptiert und meistens sogar gerechtfertigt. Noch immer ist der weiße, heterosexuelle Mann das Maß aller Dinge.
Die Tatsache allerdings, dass sich an diesem Tag trotz Wind und Wetter allerdings viele Personen stark gemacht und entschieden haben, gemeinsam auf die Straßen Regensburgs zu gehen, hat mir Hoffnung gegeben. All diese Menschen, die tolle Initiativen voranbringen und sich engagieren, um diese Konstrukte langsam aber sicher abzubauen, geben mir ein tolles, zuversichtliches und warmes Gefühl. Etwas bewegt sich und es wird nicht mehr lange dauern, bis man es nicht mehr unter den Teppich kehren kann.
Quellen: https://unwomen.de/die-istanbul-konvention/; https://ebenwiderspruch.wordpress.com/2020/05/26/frauenkampftag/; https://www.imedana.de/rosa-asyl/
Beitragsbild: eben.widerspruch / Instagram