Es war ein Fest – »Parade« im Theater Regensburg
»Parade« – dieser Schriftzug, der sich alsbald in Rauch auflöste, begrüßte am Samstagabend die Zuschauer im Theater am Bismarckplatz. Das beliebte Broadway-Musical feierte seine deutschsprachige Uraufführung in Regensburg und dabei zog das Ensemble alle Register.
von Charlotte Römer
»Parade« basiert auf einer wahren Geschichte, dem Prozess im Jahr 1913 gegen den Fabrikleiter Leo Frank (Alejandro Nicolás Firlei Fernández), der beschuldigt wird die 13-jährige Fabrikarbeiterin Mary Phagan (Sarah Scherwitz / Robin Elisabeth Wühl) ermordet zu haben. Im Atlanta der 1910er Jahre entfaltet sich ein auf Indizien basierender Schauprozess gegen den Juden Leo Frank, der das Publikum sofort in seinen Bann zieht. Die Tat fand am Tag der Parade zum Memorial Day in den Südstaaten statt, daher auch der Titel des Stücks.
Das Stück spielt vor der Kulisse der Fabrik, in der sowohl Leo Frank als auch Mary Phagan arbeiteten. Und beide kehren aus der Fabrik auf die eine oder andere Weise nicht mehr zurück. Fernández inszenierte seinen Leo Frank als etwas pedantischen Geschäftsführer, der hart für die Zukunft seiner Familie arbeitet, aber dabei seine Ehefrau Lucille (Fabiana Locke) vernachlässigt. Leo Frank wird vor allem aus politischen Motiven vom Staatsanwalt Hugh Dorsey (Benedikt Eder) und einiger Südstaaten-Patriot:innen des Mordes an Mary beschuldigt, die gar kein Interesse daran haben, eine:n echte:n Täter:in zu finden. Unermüdlich an seiner Seite steht seine Ehefrau Lucille Frank, die sich schlussendlich selbst auf die Suche nach der Wahrheit begibt. Aber reicht das, um ihren Leo zu retten?
Das Stück thematisiert Antisemitismus in den USA und die schrecklichen Konsequenzen die Vorurteile und Bigotterie haben können. Es wurde 1998 zum ersten Mal am Broadway aufgeführt und gewann mehrere Tony-Awards, sozusagen die Oscars für Musicals. 2023 wurde das Stück nicht nur erstmals deutschsprachig aufgeführt, sondern hatte auch ein Comeback am Broadway in New York. Parade bringt also ein bisschen »Big-Apple-Charme« in die Oberpfalz.
In Regensburg wird das Stück als stimmungsvolles Gesamtbild inszeniert. Die Regensburger Bühnenbilder:innen schufen mit ihrer Kulisse einen fast schon cineastischen Hintergrund, der die Stimmung des Stücks sehr gut transportierte. Das Orchester und die Akteure boten eine überragende musikalische Darstellung. Die Inszenierung der Lieder und die Übersetzung der Texte gelang. Auch gesanglich überzeugte das Regensburger Ensemble auf voller Linie. Im vollbesetzten Theater fieberte das Publikum insgesamt zweieinhalb Stunden mit Leo und Lucille Frank mit. Derweil spielen auch noch mehrere andere Charaktere eine wichtige Rolle, zum Beispiel Britt Craig (Paul Kmetsch) der sensationshungrige Boulevardjournalist, der den Mord an Mary für seine eigene Karriere ausschlachtet und sich wahnsinnig über die Breaking-News freut. Ein weiteres Highlight war die Performance des Hausmeisters Jim Conley (William Baugh), der besonders durch seine Gesangs- und Tanzeinlagen überzeugte. Baugh lieferte eine wunderbare Blues Darstellung von Conleyals Gefangener in der Straßenbaukolonie. Am Ende des Stücks gab das Publikum eine minutenlange Standing-Ovation und im Anschluss an die Premiere wurde noch im Keller des Theaters gefeiert.
»Parade« läuft noch bis zum 20. Juli im Theater im Bismarckplatz. Tickets gibt es hier. (Studierende können ermäßigte Karten erwerben).
Diese Premiere wurde mit einer Pressekarte besucht.
Beitragsbild: Alejandro Nicolás Firlei Fernández als Leo Frank & Ensemble © Marie Liebig.