Der Monat Februar, der seit einem Jahr andauert
Wie sich die Ukrainer:innen im Ausland dem Sieg annähern, am Beispiel der Aktion vom 24. Februar in Regensburg.
von Kseniia Liapina, übersetzt von Lioudmila Reithmeier
Seit der dreisten großangelegten Invasion der Ukraine durch die Russische Föderation ist bereits ein Jahr vergangen. Russland terrorisiert und besetzt unser Land seit neun Jahren. Auch wenn man denkt, dass die Welt kriegsmüde sei, glauben wir, Ukrainer:innen, sowohl im Ausland als auch zuhause, fest an unseren Sieg und die baldige Rückgabe der besetzten Gebiete.
Der 24. Februar 2023 ist das Datum der Standhaftigkeit des ukrainischen Volkes, des Geistes, Mutes und der Willenskraft. Die Mission der Ukrainer:innen im Ausland besteht darin, jedes Mal daran zu erinnern, dass in Europa ein blutiger Krieg stattfindet, der so schnell wie möglich beendet werden muss, indem der Ukraine geholfen wird. Unsere Landsleute zeigen der ganzen Welt ihre Einheit und den nötigen Respekt den Helden gegenüber. Deshalb versammelten sich die Ukrainer:innen in Regensburg am Jahrestag des großangelegten Einmarsches symbolisch auf dem Haidplatz im Zentrum der Stadt und demonstrierten unter dem Titel »Das Jahr der Unbesiegbarkeit: Stoppt den Krieg, wir wollen heim!«, wo sie an die ganze Welt appellierten, unsere Soldaten an der Front weiter zu unterstützen.
Organisiert wurde die Veranstaltung vom ukrainisch-bayerischen Verein in Regensburg »Hromada Regensburg e.V.« Vor zwei Monaten wurde die Gemeinschaft mit dem Ziel gegründet, jeder:m Ukrainer:in in der Stadt Hilfe, Rat und Unterstützung zu ermöglichen.
Laut dem Vorsitzenden des Vereins Oleksandr ist die Hauptbotschaft der Demonstration, dass die Menschen, trotz der grenzenlosen Dankbarkeit an Deutschland für die Aufnahme, ärztliche Versorgung und die Möglichkeit, Schutz zu finden, nach Hause wollen:
»Inzwischen nimmt die deutsche Gesellschaft alle Migranten fast gleich wahr: Sie halten sie für Menschen, die hierher gekommen sind, um in Deutschland zu leben. Wir möchten hier darauf hinweisen, dass sich ukrainische Flüchtlinge von anderen Migranten dadurch unterscheiden, dass sie nicht dauerhaft in Deutschland bleiben wollen. Daher sind all unseren Aufrufe ‚Gebt uns Panzer‘, ‚Gebt uns Flugzeuge‘, ‚Gebt uns Waffen‘ nur dazu da, damit wir siegen und unser Land zurückgewinnen können und auch damit die Menschen zu ihren Verwandten, zu ihren Liebsten zurückkehren können – zu sich nach Hause.«
In seiner Rede zur Eröffnung der Veranstaltung stellte jedoch Oleksandr fest, dass der Slogan nicht nur für Ukrainer:innen gilt, die nach dem 24. Februar 2022 nach Deutschland gekommen sind: »(…) Wir haben den Slogan unserer Aktion gewählt: ‚Stoppt den Krieg, wir wollen heim‘. Denn auch diejenigen, die sich entscheiden, hier zu bleiben, und wir Ukrainer, die seit vielen Jahren hier leben, und sogar Ukrainer, deren Eltern hier geboren wurden, – wir alle brauchen unsere Heimat – unser Mutterland. Es ist die Ukraine, die immer ein Teil unseres Herzens war und auch bleiben wird. Und solange wir hier sind, werden wir zusammenhalten, uns zur Seite stehen, uns um unsere verwundeten Helden kümmern und diejenigen mit Spenden unterstützen, die uns helfen, diesen Krieg zu gewinnen (…).«
Kateryna Kondrashova, die für die Kommunikation zuständig ist, erzählte, dass jede:r, die:der den Wunsch äußerte, an der Vorbereitung der Aktion teilgenommen hat: »Heute sind wir vereint wie nie zuvor. Wir sind Ukrainer und wir sind Europäer. Wir haben ein gemeinsames Ziel und arbeiten zusammen für den Sieg, für die Freiheit. Gemeinsam sind wir stark, mutig und unbesiegbar. Wir haben ein Drehbuch geschrieben, Plakate gezeichnet, Slogans vorbereitet. Jeder hatte die Möglichkeit, seinen Teil für die gemeinsame Sache einzubringen.«
Nataliia Kryzhanovskaya, Mitglied des Vereins, zuständig für das Marketing, sagte, die Organisation solcher Veranstaltungen sei immer eine Herausforderung: »Wir sind jetzt weit weg von zu Hause, aber unser Herz schlägt nach wie vor für unsere Heimat Ukraine, für das Zuhause. Die Ukrainer, die jetzt in Regensburg sind, sind den Einheimischen sehr dankbar für die Unterkunft und für die Hilfe, die sie für die Menschen leisten, die in der Ukraine geblieben sind. Wir müssen die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf uns ziehen, um unseren Staat zu unterstützen! Es muss alles getan werden, damit dieser Krieg endet und wir nach Hause zurückkehren können!
Wir, Ukrainer, die jetzt in verschiedenen Ländern sind, sind ein Sprachrohr für die ganze Welt! Die Gemeinschaft Regensburg vereint auf diese Weise die Ukrainer – bei den Demonstrationen spüren wir Einheit und Standhaftigkeit!«
Ein Mitglied des Vereins, Larysa Yevlakhova, ist verantwortlich für die Herstellung von handgefertigten Produkten, die bei der Demonstration zum Sammeln von Spenden angeboten wurden. Sie erzählte, dass die Hauptbotschaft der Veranstaltung von den Kindern selbst gesetzt wurde: »Unsere Kinder fragen jeden Tag, wann sie endlich nach Hause zurückkehren und ihren Vater, Großvater, Bruder, ihr Zimmer sehen werden … Sie sind aufrichtige Ukrainer und lieben ihr Land sehr. Jeden Tag sagen sie, dass sie sich den baldigen Sieg der Ukraine wünschen und fest daran glauben. Die Kinder fertigten Zeichnungen, Postkarten, handgemachte Friedenstauben an.«
Das Programm dauerte zwei Stunden, von 16:00 bis 18:00 Uhr. Diese Zeit wurde von den Organisator:innen sorgfältig eingeteilt und durchdacht – Oleksandr bat die geladenen ukrainischen und deutschen Gäste der Veranstaltung zu Wort ein. Die Gesangsgruppe »Svitanok« sorgte mit ihren Liedern für Stimmung beim Publikum: Sie führten die Nationalhymne der Ukraine auf, das Lied »Hey, plyne kacha« und andere Lieder.
Ein bewegender Moment war ein kraftvolles Gebet für die Ukraine, welches von drei ukrainischen Priestern gleichzeitig gesprochen wurde – der orthodoxen, der griechisch-katholischen und der evangelischen Kirche. Während des Gebets zog ein Storch symbolisch einen Kreis direkt über dem Ort der Kundgebung.
Auch hielten die Oberbürgermeisterin Gertrude Maltz-Schwartzfischer und die Bürgermeisterin Astrid Freudenstein ihre Ansprachen.
»Wir können von hie raus, von Regensburg aus, überhaupt nicht ermessen, wie groß das Leid der Menschen in der Ukraine ist. Aber wir können eines tun, wir können helfen, hier und in der Ukraine. Natürlich, unserer Partnerstadt Odessa zustehen und wir werden immer das tun, was in unseren Möglichkeiten steht, um Hilfe zu leisten, den Menschen, die hierher gekommen sind, genauso wie den Menschen, die noch dort sind. Als Zeichen unserer Solidarität weht heute am Alten Rathaus neben der Fahne der Bundesrepublik Deutschland und der Europafahne auch die Fahne der Ukraine. Den Menschen in der Ukraine und den Menschen aus der Ukraine, die hier sind, wünschen wir vom Herzen Frieden und ein Leben in Freiheit. Slava Ukraini!«, – sprach Gertrud Maltz-Schwarzfischer.
»Ich möchte mich auch bei allen bedanken, die im vergangenen Jahr geholfen haben, die Ankunft und die Unterbringung und das Empfangen in dieser Stadt zu organisieren. Es sind viele Vereine, Initiativen, Privatleute gewesen, auch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unserer Stadtverwaltung. All denen, die dazu beigetragen haben in dieser schwierigen Situation zu helfen, meinen herzlichen Dank. Ich erinnere mich persönlich noch sehr gut, als ich vor einem Jahr im Radio gehört habe, dass Russland die Ukraine angegriffen hat. Das, was wir spätestens seit dem völkerrechtswidrigen Übergriff auf die Krim befürchtet haben, aber nie für möglich gehalten haben. Dieser Krieg bricht mit dem Völkerrecht, mit aller Humanität und Menschlichkeit. …. Sie sind uns ganz willkommen in unsere Stadt.Möge Gott die Ukraine beschützen, die Menschen in der Ukraine und auch in Regensburg. Alles Gute für die Ukraine! Slawa Ukraini!«, – sagte Astrid Freudenstein.
Die Veranstaltung hatte einen gemütlichen Ausklang: Die Ukrainer:innen schalteten die Handylichter ein und sangen gemeinsam das Lied »Wir sind aus der Ukraine! Das Herz ist groß, wahr für immer!«
Mit diesem Material wollen wir noch einmal betonen, dass die Ukrainer:innen im Ausland den Krieg traumatisch erleben: mit ihrem Schmerz, Sorgen und beunruhigenden Gedanken. Wir bleiben jedoch auch hier an unserer Front, und eine davon ist eine stetige Erinnerung an die Europäer:innen, wie wichtig es ist, die Ukraine auf jede erdenkliche Art und Weise zu unterstützen.
Beitragsbild: Yuliia Drahan