Move:ment: »C’mon C’mon« – Klangvolles Familiendrama an den Küsten der USA
In dem Familiendrama »C’mon C’mon« (2021) von Mike Mills begleiten wir den Radiojournalisten Johnny und seinen Neffen Jesse bei einer Odyssee durch Amerika, auf der eine Familie wieder zueinanderfindet und Unsagbares sagbar wird.
von Alessandro Gebsattel
Johnny (Joaquin Phoenix) und seine Schwester Viv (Gaby Hoffmann) drifteten nach dem Tod ihrer Mutter irgendwann auseinander. Während den seltenen Telefonaten herrscht eine Stille zwischen den Geschwistern, ein beidseitiges Zögern den ersten Schritt zu wagen. Bei einem dieser Gespräche öffnet sich Viv ihrem Bruder: Sie schildert, wie überfordert sie mit der praktischen Alleinerziehung ihres zehnjährigen Sohns Jesse (Woody Norman) ist und sich parallel dazu um ihren Partner Paul (Scoot McNairy) kümmern muss, welcher erneut in einer psychisch-bedingten Episode steckt. Als sich Johnny bereiterklärt, nach Los Angeles zu fliegen, um für ein paar Tage auf Jesse aufzupassen, beginnt für die Beiden eine Reise durch die Vereinigten Staaten, auf der sich Onkel und Neffe wirklich kennenlernen.
Der Drehbuchautor und Regisseur des Films, Mike Mills, zeigt uns mit »C’mon C’mon« (2021) eine Symphonie aus ästhetischen Aufnahmen und sprachmächtigen Szenen. Im schwarz-weiß Tons des Films erstrahlen so neben den alltäglichen Eindrücken von New York bis Los Angeles auch die schauspielerischen Leistungen der Besetzung. Besonders Phoenix und Norman zeigen sich hier ganz in ihrem Element und bahnen sich mit spürbarer Leichtigkeit ihren Weg durch die tiefgreifenden Dialoge des Films. Dennoch gelingt es Mills mit Szenen, wie dem Vorlesen einer Gutenachtgeschichte, eine vertraute und ruhige Atmosphäre zu schaffen, in der wir einen Einblick in diese Leben erhalten, der sich authentisch und unmittelbar anfühlt.
Doch nicht nur Drehbuch und Darstellung fesseln die Zuschauer:innen bei »C’mon C’mon« an die Leinwand. In den Interviews von Johnny hören wir die Worte von tatsächlich befragten Jugendlichen mit Migrationshintergrund aus den USA, die ein Verständnis über die Welt und ihre Zukunft zum Ausdruck bringen, das anhaltend zum Nachdenken anregt. In dieser Kombination aus Dokumentation und drehbuch-basiertem Film gelingt es Mills Gefühle von unglaublichem Ausmaß – Unsagbares – sagbar zu machen. Dies gelingt besonders in den Konversationen zwischen Kindern und Erwachsenen, eine Art der Kommunikation, welche laut Mills zu wenig beachtet wird. Themen wie Normalität vs. Verrücktheit, Mutterschaft, Zukunftsängste und der richtige Umgang in Beziehungen werden so locker in den Dialog mit eingebunden.
Diese Worte und erwähnten Highlights werden »C’mon C’mon« aber vermutlich nicht gerecht. Der Film bietet eine unvergleichliche Harmonie eines Dramas mit Spuren einer Dokumentation. Mills liefert seine bisherige Bestleistung in Regie und Drehbuch, indem sich Zitate aneinanderreihen, die noch lange nach dem Ansehen begleiten werden. Phoenix, Hoffmann und Norman erwecken diese Dialoge zum Leben, hauchen ihnen eine spürbare Aufrichtigkeit und einen nachhallenden Klang ein. »C’mon C’mon« ist mehr als eine Reise durch die USA. Der Film ist eine Einladung in das Leben einer Familie, in dem Gefühle und Eindrücke in Worte gefasst werden, welche zuvor lautlos in der Stille des Unsagbaren – zwischen ihnen und in uns selbst – verhallten.
Der Trailer des Films auf YouTube:
Das Drehbuch zum Film bei Deadline: https://deadline.com/wp-content/uploads/2022/01/CMon-CMon-Read-The-Screenplay.pdf
Den Film gibt’s ab 2,99€ zum Ausleihen bei folgenden Anbietern: https://www.justwatch.com/de/Film/Cmon-Cmon
Beitragsbild: Foto von Florian Schmid auf Unsplash