Ist zu wenig Sex schlecht für den Feminismus? – Die letzten Männer des Westen
Homophobie, Queerfeindlichkeit und Frauenhass, für Tobias Ginsburg stammen diese antifeministischen Einstellungen unteranderem aus der sexuellen Frustration und Unzufriedenheit junger Männer. Sie sind die Begründer faschistischer Rechtsorganisationen verschiedener Länder und treiben sich mit ihren feindlichen Ideologien gegen Frauen und der Queeren Community in einen extremen Hass. Gekleidet sind diese Zusammenschlüsse unter den Namen Männlichkeitswahn, Maskulismus oder Hypermännlichkeit. In seinem Buch Die letzten Männer des Westen beschreibt Tobias Ginsburg die toxischen Verhaltensweisen von Männern, die sich in rechtsfaschistischen Kreisen bewegen.
von Nadine Hell
Schockiert, verstört und den Tränen nah – so verlassen die Zuhörenden den Saal im Ostentorkino, wo Tobias Ginsburg am 8. Dezember eine Lesung zu seinem oben genannten Buch gibt. Mit anfänglichem Humor erzählt er, wie er sich jahrelang in rechten Kreisen eingeschlichen hat, Amerika und Osteuropa bereist hat und den Hass gegen Frauen und den sogenannten Antifeminismus erforscht hat. Die zunächst lustige Stimmung vergeht jedoch schnell und wandelt sich in starkes Entsetzen um. Denn bald wird klar, dass alte Ideale und Frauenbilder, die man so nur aus dem Nationalsozialismus kennt, noch fester Bestandteil der Denkmuster der Identitären Bewegung sind. Warum ist das so? Warum wollen Rechtsfaschisten Frauen immer noch unterdrückt halten?
Ein Satz von Ginsburg blieb mir dazu besonders in Erinnerung: „Die Männlichkeitsindustrie entsteht durch sexuelle Frustration.“
Mir schwirren absurde Gedanken durch den Kopf … Heißt das also, wenig Sex ist schlecht für den Feminismus? Darum soll es in der heutigen Kolumne gehen. Sie versucht, die Frage zu beantworten, indem sie Gedanken fortführt, die Tobias Ginsburg angeregt hat. Woher kommt diese Wut rechts-orientierter Männer? Kann die sexuelle Frustration wirklich ein Faktor für ihren Hass sein? Was ist das Ziel dieser Männer?
„Faschos sind vieles, aber nicht originell“, das sagt Tobias Ginsburg. Dementsprechend geistlos könnten deshalb auch ihre Gedanken sein, wenn es um das Thema Feminismus geht.
Frauen versuchten innerhalb der Frauenbewegung, das durch das Patriarchat entstandene Machtgefälle zwischen den Geschlechtern aufzulösen. Seit mehr als einem Jahrhundert kämpfen Frauen in den westlichen Ländern für eine Gleichberechtigung in sämtlichen Lebensbereichen. Und das mit Erfolg. Nicht nur in rechtlichen Angelegenheiten wird zunehmende Gleichheit geschaffen, auch auf psychologischer Ebene schaffen sich Frauen ein neues Bewusstsein und ändern ihre Ansichten. Sie entwickeln ein bewusstes Körpergefühl und entdecken, dass ihr Körper nicht nur für männliche Befriedigung oder einer Schwangerschaft da ist, so wie es in Sichtweisen von Rechtsextremen oft vermittelt wird. Frauen entscheiden sich innerhalb des Feminismus für eine freie Lebensweise, erkennen ihren Wert und genießen sexuelle Freiheit. Ihre Lebensziele und Rollenmuster verändern sich. Ihre eigenen Bedürfnisse stehen im Zentrum des Lebens einer Frau, nicht mehr das Erfüllen einer Rolle.
Rechte Gruppen von Männern wollen diese neue Grundeinstellung der Frauen nicht akzeptieren und stellen sich bewusst gegen den Feminismus. Ein bekanntes Beispiel einer solchen Gegenbewegung sind die amerikanischen INCELS. Sie sind ein Zusammenschluss von männlichen Personen, die eine Gleichberechtigung aller Menschen als unnatürlich empfinden und Frauen sogar viele ihrer Rechte absprechen wollen. Die Mitglieder sind sexuell frustrierte Männer, sie haben laut eigenen Aussagen zu wenig oder gar keinen Sex. Die Schuld dafür geben sie den Frauen beziehungsweise dem Feminismus. Laut den INCELS sollten Frauen keine Wahl und keine Entscheidungen bei dem Thema Sex treffen können, denn Männer hätten von Natur aus das Recht auf sexuelle Befriedigung durch die Frau. Geschlechtsverkehr sollte also jedem Mann zustehen, egal ob mit oder ohne Konsens.
Es bleibt jedoch nicht nur bei frauenfeindlichen Aussagen und Verbreitung ihrer Ansichten. Die INCELS gehen sogar so weit, dass es schon zu etlichen terroristischen Anschlägen und Gewaltakten gekommen ist.
Die INCELS sind ein sehr extremes Beispiel. Frauenfeindliche Gruppen sind aber keinesfalls ein Einzelphänomen, es gibt sie überall. Es sind geheime Kreise, die nur Eingeweihte kennen. Hier wird Hass und Hetze gegen das weibliche Geschlecht verbreitet. Laut Ginsburg finden diese Gruppen ihre Anhänger oft bei jungen Männern, die unzufrieden mit ihrem Sexualleben sind und im Frauenhass Genugtuung finden.
Diese Organisationen von frauenfeindlichen jungen Männern sind ein ernsthaftes Problem, das leider nicht oft genug thematisiert wird. Tobias Ginsburg macht mit seinem Buch Die letzten Männer des Westens auf diese Problematik deutlich aufmerksam: Maskulismus existiert in unserer Gesellschaft, in leichten Formen und auch in Extremen. Er kann zur ernsthaften Gefahr für Frauen und queere Personen werden. Frauen- oder auch Männerhass sollte in der heutigen Zeit eigentlich kein Thema sein, ist es im Hintergrund aber dennoch.
Meine Frage ist hiermit eigentlich beantwortet: Ja! Zu wenig Sex könnte schlecht für den Feminismus sein! Wenig Sex bedeutet mehr sexuell frustrierte Männer. Und manche von ihnen gefährden offensichtlich den Feminismus. Das bedeutet jedoch nicht, dass frau jetzt mit jedem willigen Mann Sex haben sollte oder grundsätzlich alle Männer hypersexuell sind. Es zeigt lediglich auf, wie viel Macht das Thema Sex in unserer Gesellschaft hat. Und dennoch habe ich das Gefühl, dass Sex und Sexualität immer noch ein Tabuthema ist. Mein Lösungsvorschlag hierfür klingt vielleicht zunächst banal und wird keine Gruppen wie die INCELS beseitigen, dennoch: Mehr über sexuelle Themen zu sprechen, könnte vielleicht das Problem an der Wurzel packen. Vielleicht bedeutet mehr Aufmerksamkeit für das Thema gleichzeitig auch mehr Sex. Und das wollen wir schließlich alle 😉
Anmerkung: Dieser Artikel kam zu Stande durch die Lesung von Tobias Ginsburg, die am 8. Dezember im Ostentorkino in Regensburg stattfand. Unsere Autorinnen Nadine Hell und Julia Huber haben die Veranstaltung für euch besucht. Weitere Artikel zu Ginsburg und seinem Buch: https://www.lautschrift.org/2022/12/07/in-ihrem-schaedel-herrscht-kriegszustand/; https://www.lautschrift.org/2022/12/19/warum-wir-den-feminismus-brauchen-ein-abend-mit-tobias-ginsburg/
Die Veranstaltung wurde mit Pressekarten besucht.
Beitragsbild: https://unsplash.com/de/Fotos/ouVAsbiwzlo
Naja. So wie die zum Teil extrem männerfeindlichen und misandrischen feministinnen eben die ideologische Grundlage für die antidemokratische extreme grüne und linke in Europa sind, die sich seit rund 10 Jahren deutlich extremer, faschistischer und antidemokratischer verhält als die Rechte.
Was, du bist ungeimpft? Nazi, Ratte, sozialparasit, den man ausgrenzen und dem man die Rente kürzen sollte. Sowas sagen linke, grüne und feministen. Nicht Rechte.