Keine Masterplätze für uns – Keine Psychotherapie für euch

Keine Masterplätze für uns – Keine Psychotherapie für euch

Am Montag, dem 27. Juni fand am Neupfarrplatz in Regensburg eine Demonstration für mehr Plätze in den neuen Mastern für Psychotherapie statt. Unsere Autorin Laura, die Psychologie studiert, war vor Ort und möchte über den Anlass der Demonstration aufklären. Das Problem betrifft alle, die in Zukunft psychotherapeutische Leistungen in Anspruch nehmen möchten!

von Laura Kappes

Eine erstaunlich große Gruppe Psychologiestudierender hatte sich am Montag um 17 Uhr neben dem Denkmal des Synagogengrundrisses am Westende des Neupfarrplatzes versammelt. Wir waren knapp 150 Menschen und sorgten für neugierige Blicke bei vorbeiziehenden Passant:innen. Einige hatten Stühle mitgebracht, um in einem riesigen Sitzkreis eine Gruppentherapie zu imitieren. Außerdem schwenkten viele Plakate und mitgebrachte Banner. Die Stimmung war freudig-ausgelassen. Doch wir waren nicht zum Spaß hier. Die Thematik, wegen der wir auf die Straße gingen und weiterhin gehen werden, hat vielen von uns in den letzten Monaten großes Kopfzerbrechen beschert. Was ist unser Problem?

Im Herbst 2019 haben Bundestag und Bundesrat eine weitreichende Reform des Gesetzes zur Ausbildung von Psychotherapeut:innen beschlossen. Diese Reform ist seit dem 1. September 2020 gültig. In der Reform ist festgehalten, dass von nun an ein psychotherapiebezogenes Studium (Bachelor und Master) durchlaufen werden muss, um Psychotherapeut:in zu werden. Das heißt die Studiengänge für Psychologie wurden umstrukturiert. Das große Problem ist, dass vor allem die neuen Masterplätze für das Psychotherapie-Studium deutlich mehr Geld kosten, weil unter anderem noch mehr in Kleingruppen gearbeitet wird und therapeutische Situationen nachgestellt werden. Die Frage, wer das alles finanzieren soll (Bund oder Länder), ist zwei Jahre später immer noch nicht abschließend geklärt. Aufgrund dieser Ungereimtheit erhielten die Universitäten nur wenige Zuschüsse für den Aufbau des neuen Master-Studiengangs. Die Folge: In Regensburg werden zum kommenden Wintersemester (bis jetzt) fünfzehn Masterplätze für Psychotherapie angeboten. Auf diese Plätze warten Studierende aus zwei Jahrgängen, weil einige aus alten Semestern die Studienordnung gewechselt haben, um in das neue System zu kommen. Es wollen allein in Regensburg über 50 Personen in den neuen Master hineinkommen. In ganz Bayern werden zum kommenden Wintersemester statt von der Psychotherapeutenkammer vorgeschlagenen 350 Plätzen insgesamt nur 75 (!) Plätze in allen Mastern für Psychotherapie angeboten. Die Platzvergabe für die Master erfolgt, wie in dem alten System, hauptsächlich nach Durchschnittsnote im Bachelor. Dies führt zu extremem Notendruck in einem Studiengang, in den man eh schon nur mit Einser-Abitur reinkommt. Wollt ihr zukünftige Psychotherapeut:innen, die ihr ganzes Studium nur auf Leistung getrimmt wurden? Ist es wirklich wichtig nur Einser zu schreiben, um ein/e gute/r Therapeut:in zu werden?

Demonstration am Neupfarrplatz

Während wir weiterhin um Masterplätze bangen müssen, steigt die Nachfrage nach Psychotherapie unaufhörlich. Die durchschnittliche Wartezeit auf einen Therapieplatz beträgt je nach Wohngebiet bis zu sechs Monate. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN) veröffentlichte in einem Paper vom Januar 2022 folgende Daten:

»In Deutschland sind jedes Jahr etwa 27,8 % der erwachsenen Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen. Das entspricht rund 17,8 Millionen betroffenen Personen […]. Psychische Erkrankungen zählen in Deutschland nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bösartigen Neubildungen und muskuloskelettalen Erkrankungen zu den vier wichtigsten Ursachen für den Verlust gesunder Lebensjahre

Die Reform für das Psychotherapie-Gesetz soll die Versorgungslage für Psychotherapie in Deutschland verbessern. Bis jetzt werden zukünftigen Psychotherapeut:innen Masterplätze verwehrt. Wir fordern, dass es mehr Masterplätze für Psychotherapie gibt. Jede Person, die einen Bachelor anfängt, soll wie in Österreich eine Masterplatz bekommen, wenn sie einen möchte. Das verringert den Druck im Bachelorstudium und führt zu einer wahren Verbesserung der Versorgung.

Wenn euch die Thematik interessiert, schaut gerne nach dem Hashtag #MondaysforMentalHealth. Es werden die nächsten Wochen hoffentlich immer wieder montags Aktionen stattfinden, um auf die Problematik aufmerksam zu machen. Redet darüber. Das Problem kann in Zukunft alle betreffen, die psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen möchten!

Quellen:

Informationen zur Reform: https://www.psychologische-hochschule.de/studium-ausbildung/psychotherapeutengesetz-faq/

Paper DGPPN: https://www.dgppn.de/_Resources/Persistent/be8589427bb02b67f5592b73cbb4d32cde26d0be/Factsheet_Kennzahlen%202022.pdf

Beitragsbilder von Darina Savytska.

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