Wohnsinn-Kolumne: Eine Woche nur Sitzen
Vom Sitzen und dem Dreck unter meinem Pfannendeckelgriff.
von Laura Kappes
Diese Woche war mein Leben still. Bis auf ein Treffen mit meinen Freundinnen und einmal Arbeiten habe ich nichts anderes gemacht, als auf einem Meditationskissen zu sitzen (Zazen), auf den Boden zu schauen und meinen Atem zu spüren. Dazwischen bin ich in meiner Wohnung achtsam hin- und her gelaufen (Kinhin) und habe gegessen und geschlafen. Außerdem habe ich natürlich viel gedacht. Innerlich ist es erstaunlich laut, wenn es außen still wird. Ich habe online an einem sogenannten Sesshin, einem Meditationsretreat in der Tradition des Zen, teilgenommen. Was das bringt? Schmerzende Pobacken und Knie. Und vielleicht ein bisschen Klarheit.
Ein Impuls von Tag 2:
Ich sitze beim Sitzen
Ich gehe beim Gehen
Ich spüle beim Spülen
Und auf einmal sehe ich den Staub auf dem Boden,
die Fußabdrücke vom Füße abstellen an der Wand,
den Dreck zwischen Pfannendeckelglas und Deckelgriff,
der mir davor noch nie aufgefallen ist.
Eine neue Klarheit hat sich geformt.
Und ich tue, was gerade dran ist.
Ich kehre den Boden.
Ich wische mit einem feuchten Lappen die Wand.
Ich schraube den Pfannendeckelgriff ab und reinige darunter.
Schließlich säubere ich noch den Standspiegel.
Und so wie hier die dünne Staubschicht Wischer um Wischer verschwindet,
poliere ich auch meinen inneren Spiegel,
trage Schicht um Schicht ab,
kehre jedes Mal, wenn ich mein Abschweifen bemerke, zurück zum Atem.
Weiter und weiter
Immer und immer wieder
Ein bisschen Klarheit.
Wer Euch nächste Woche mit in ihr Leben nimmt, bleibt noch eine Überraschung.
Beitragsbild: Faye Cornish | Unsplash