Vom Glück nicht von Tauben angekackt zu werden
Schönheit macht mir manchmal Angst. Sie bedrückt mich, fühlt sich klebrig an. Grell, oft makaber. Schleicht sie sich in unser Gewissen und fegt alles blank. Weihnachten ist der Inbegriff von Schönheit. Davon tut mir der Rücken weh.
von Anna-Lena Brunner
Alles funkelt, wenn ich durch die Straßen wandere. Sind das über mir die Sterne? Das kann nicht sein; sie sind doch nicht so nah. Ist das vor mir ein Rentier? Das kann nicht sein; die sind doch auch nicht so nah. Die sind doch im Norden. Da, wo die Helligkeit verschluckt wird. Ich glaube die Helligkeit, die macht dabei so ein Geräusch, wie der letzte Rest buntes brackiges Wasser, das sich in den Badewannenabfluss drängelt.
Alles funkelt, wenn ich durch die Straßen wandere. Sind das vor mir Freund:innen, die sich durch die engen Gänge der Kaufhausregale schlängeln, das Licht aus den Neonröhren über ihnen milchig. Sie sind auf der Suche, immer auf der Suche nach dem einen guten Notizbuch in das sie schreiben können, was ihnen auf dem Herzen liegt, wofür sie dankbar sind gerade zu dieser Zeit. Dankbar sein fällt mir schwer gerade zu dieser Zeit, wenn sich die Bäume nach Sommer sehnen und sie stattdessen nur mit fieser Schönheit behangen werden.
Alles funkelt, wenn ich durch die Straßen wandere. Traurigkeit begraben unter Glühwein und Mürbteig. Wut begraben unter Bratensoße. Ist alles schwer. Leicht, tut so als ob es leicht wäre, dann kommt das Klavier runtergeflogen und auf die Straße in einem großen Knall. Peng. Michael Bublé weint und ich schneide mich am Geschenkpapier. Papierschnitte sind die schlimmsten.
Und die Schönheit, ja die Schönheit, die macht mich oft müde. Gerade zu dieser Zeit.
Alles funkelt, wenn ich durch die Straßen wandere. Die Tauben fliegen tief, treffen mich nicht. Stattdessen den Weihnachtsbaum. Und die Bäume freuen sich und die Schönheit verzieht sich.
Glück gehabt.
Beitragsbild: © Jonathan Knepper | Unsplash