Wohnsinn-Kolumne: Trash of Regensburg
Es ist ein schöner Sonntagnachmittag. Luisa schlendert gemütlich durch Regensburg. Plötzlich fällt ihr Blick auf einen Haufen Elektroschrott – direkt am Hauseck. Verantwortungsbewusst wie sie nun einmal ist, muss sie natürlich sofort ihr Handy zücken und einen Schnappschuss von diesem Unrat machen. Für sie ist es ein Kunstwerk. Sie will ein Statement setzen. Sie scheut weder Kosten noch Mühen und postet auf Instagram all den Müll, den Umweltaktivist*innen direkt aufsammeln würden. @trashofregensburg heißt ihr Account. Dank diesem beschäftigt sie sich tagtäglich mit der Fragestellung: Ist das Kunst oder darf das weg?
von Verena Gerbl
Bei einem seriösen Interview mit Wein, Quiche und ganz viel Spaß habe ich so einige interessante Fakten über ihren »Job« herausfinden können.
Luisa, wie kamst du auf die Idee, diesen besonderen Account zu gründen?
Ich habe häufiger Müll auf den Straßen Regensburgs gesehen und wollte mir einen Spaß daraus machen. Vieles auf Instagram ist inhaltlos. Mit ihren spielerischen, satirischen und auf den ersten Blick sinnlos erscheinenden Werken haben die dada-Künstler*innen eine Anti-Kunst geschaffen. Also warum kann man* nicht einfach so weit gehen, nur noch Müll zu posten?
Aus deiner Gegenfrage schließe ich, dass du mit deinem Trash-Account mehr Spaß als künstlerisches Anliegen verfolgst?
Auf jeden Fall! Mir persönlich fehlt die witzige Seite auf Instagram. Man* findet dort fast ausschließlich Posts, die eine tiefe Message haben. Das ist mir manchmal zu ernst, zu deprimierend. Und es gibt auch viel zu viele Re-Posts. Wenn man* zurückdenkt an den dramatischen Tod George Floyds: Ich frage mich, ob es nicht wahnsinnig respektlos gegenüber dieser Person ist, seinen Tod aus solcher Nähe zu filmen und auf Social Media millionenfach unreflektiert zu teilen. Instagram ist sehr politisch geworden, und man* liest auch nicht selten Fehlinfos. Immer öfter werden Posts, ohne nachzudenken geteilt, man* tut es anderen gleich, aber man* beschäftigt sich selbst nicht weiter mit dem Hintergrund. Manchmal bekommt man* den Eindruck, dass die Posts einen rein performativen Wert haben und die Postenden nur zeigen wollen: »Ich bin einer von den guten! Ich habe ein schwarzes Quadrat geteilt!« Da hört sich der Aktivismus auch schon wieder auf.
Das möchtest du mit deinem Müll ändern?
Ein Seminar der Uni Tübingen hat beispielsweise einen Account, wo die »hässliche Seite« der Stadt gezeigt wird. Dort sieht man* dann eben Dinge, die man* niemals als Präsentation auf einer öffentlichen Webseite der Stadt sehen würde. Und auch sonst, sieht man* immer häufiger solche Sachen, wo einfach Sinnloses und Inhaltloses gepostet wird. Da dachte ich mir, dass ich auch gerne Mitglied dieser »seltsame Sachen Community« werden würde. Mit meinem Account möchte ich dem Trend der Ernsthaftigkeit auf Instagram brechen, weswegen ich nur noch Müll poste.
Viele Leute könnten beim Durchscrollen deiner Posts aber auch auf die Idee kommen, dass das was du da tust, so etwas wie Umwelt-Aktivismus ist. Du machst schließlich auf den Müll auf den Straßen Regensburgs aufmerksam. Wie stehst du dazu?
Ich mache die Welt nicht besser. Ich mache nur Bilder von Müll. Aber die Geschichten dahinter finde ich lustig. Der Müll, den ich fotografiere, wirkt auf die Umwelt ein und es entstehen witzige Momente. Man* sieht, dass die Stadt im Wandel ist und dass die Einwirkung der Menschen nicht immer positiv ausfällt. Aber manchmal ist das Ergebnis einfach extrem witzig: Zum Beispiel fand ich letzten Winter die leere Packung einer Sonnenliege, die mitten im Schnee platziert wurde. Wäre ich eine Umweltaktivistin würde ich den Müll wohl eher aufsammeln. Trotzdem macht mein Account aufmerksam: Auf unseren Straßen landet viel Müll, der eigentlich gar keiner ist!
Aber wie muss das auf andere Menschen wirken, wenn du vor einem Haufen Müll stehen bleibst und ein Foto schießt?
Ja, das hat schon für den ein oder anderen komischen Moment gesorgt. Teilweise, wenn ich mit Freund*innen durch die Stadt spaziere und einen fototauglichen Müllhaufen finde, muss ich stehenbleiben und ein Foto davon machen. Das ist schon fast wie ein Hobby für mich. Man* muss sich selbst nicht so ernst nehmen. Andere lernen ein Instrument. Ich fotografiere Müll und habe sehr viel Spaß dabei!
Machst du dann alle Fotos selbst?
Nein, mittlerweile erreicht mich auch die ein oder andere »Fanpost« mit Trash-Fotos. Da finde ich es besonders witzig, zu sehen, was und wie andere Menschen fotografieren. Mir wurden aber auch schon Fotos von Obdachlosen oder einem Klo mit Kotze gesendet. Das geht dann tatsächlich zu weit. So etwas lehne ich ab. Ansonsten freu ich mich aber über jedes trashige Foto! Ihr dürft also gerne mehr schicken 🙂
Nächste Woche gibt es dann wieder einen Wohnsinn von Linnea.
Beitragsbild: @trashofregensburg | Instagram