Mov:ement: Film is trans?
Filme en masse mit trans-Person in der Hauptrolle? Fehlanzeige. Trans-Menschen wird immer noch viel verwehrt. Sichtbarkeit und Raum beispielsweise – einen Raum, um die eigenen Geschichten, Erfahrungen und Gefühle darzustellen, aber auch zu verarbeiten. Einige Filme bieten aber eben genau diesen Raum – auf sehr einfühlsame Art und Weise. Sie werden nur nicht genug gesehen. Deshalb im Folgenden ein paar Empfehlungen.
von Anna-Lena Brunner
Vor Kurzem gab’s an dieser Stelle eine Ode an den queeren Film, in der unsere Redakteurin Sonja diesen nicht nur gebührlich feierte, sondern auch einige definitiv sehenswerte Tipps abseits des filmischen Mainstreams von »Call me by your name« und Co. auflistete. Aber schon allein die Tatsache, dass es bereits so etwas wie einen Filmmainstream gibt, in den queere Streifen Eingang gefunden haben, zeigt, dass sich in der öffentlichen Wahrnehmung etwas geändert hat. Bestimmt noch nicht genug, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Was jedoch sicherlich noch zu wünschen übrig lässt, ist die Anzahl bzw. die öffentliche Wirksamkeit von Filmen, in denen trans-Personen eine tragende Rolle zukommt. Und da sind wir als Konsument*innen sicherlich auch nicht ganz unschuldig daran.
Ich persönlich würde meine mentale Filmbibliothek zum Beispiel als relativ divers bezeichnen – schließlich achte ich doch darauf, Unterhaltungsmedien (seien es Bücher, Filme oder Songs) zu konsumieren, die ein möglichste breites und buntes Spektrum an Perspektiven und Standpunkten versuchen darzustellen … oder? Naja. Hätte man* mich noch vor einigen Wochen gefragt, ob ich mindestens fünf Filme kenne, in denen trans-Personen zum Cast gehören, wäre ich höchstwahrscheinlich rot angelaufen und hätte verlegen irgendwas von Diversität und Intersektionalität in der dreizehnten Staffel von »RuPaul’s Dragrace« gefaselt. Damit euch, aber auch mir selbst so eine zu recht sehr peinliche Situation erspart bleibt, kommt im Folgenden eine kleine, aber feine Auswahl an Filmen, die trans Sein zum Thema haben, in denen trans-Personen tragende Rollen einnehmen oder beides.
Für einiges Aufsehen sorgte der 2015 in die Kinos gekommene Streifen »The Danish Girl« von Tom Hooper. Der Film handelt von dem dänischen Künstler*innenehepaar Gerda (Alicia Vikander) und Einar Wegener (Eddie Redmayne), die Anfang der 1920er in Kopenhagen ihr Leben voll und ganz der Kunst verschreiben. Und genau die Kunst ist es auch, durch die Einar nach und nach zu Lili und dementsprechend auch zu sich selbst findet. Der Film ist ein leises Meisterwerk, was in großen Teilen sicherlich dem virtuosen Spiel von Alicia Vikander und Eddie Redmayne zu verdanken ist. Einfühlsam und kunstvoll schildert er die Hindernisse und Konflikte, mit denen sich trans-Personen Anfang des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen mussten und bis heute teilweise immer noch müssen.
Sollte also jemand dieses Kunstwerk immer noch nicht gesehen haben, dann husch husch … ab zu Netflix. Da gibt’s den momentan nämlich zu gucken!
Bei der zweiten Empfehlung handelt es sich um den französischen Film »Tomboy« von Céline Sciamma. Er erzählt die Geschichte der zehnjährigen Laure (Zoé Héran), die noch nie so wirklich viel mit Mädchenkrams anfangen konnte. Am liebsten ist sie draußen, spielt Fußball mit den Jungs und prügelt sich schon auch mal mit ihnen, wenn es sein muss. Irgendwann bietet sich die Möglichkeit für Laure, sie gibt sich komplett als Junge aus und stellt sich als Michael vor. Als ihre Mutter (Sophie Cattani) hinter dieses Doppelspiel kommt, zwingt sie Michael dazu, sich wieder als Mädchen zu präsentieren und die Ereignisse überschlagen sich. »Tomboy« ist eine Geschichte, die vom Suchen und Finden der geschlechtlichen Identität geprägt ist und die auf unaufgeregte und intelligente Weise von einem Nichthineinpassen in vorgeformte Muster erzählt.
Anschauen kann man* sich den Film momentan auf der Indie-Streamingplattform Mubi.
Zuletzt möchte ich euch noch von einem Film berichten, den ich erst vor kurzem gesehen habe und der noch lange in meinem Kopf rumgeisterte. Dabei handelt es sich um das Drama »About Ray«. Darin geht es um den 16-jährigen Ray (Elle Fanning), der kurz davorsteht, mit seiner Hormontherapie zu beginnen. Leider läuft alles jedoch nicht ganz nach Plan, denn da Ray noch nicht volljährig ist, braucht er die Unterschrift beider Elternteile, um die Transition durchziehen zu können. Blöd nur, wenn man* das letzte Mal, als man* seinen Vater sah, sieben Jahre alt und ein Mädchen war. »About Ray« ist ein besonderer Film. Er erzählt schon, aber in gewisser Weise auch wieder nicht von einer Transition. Denn die Handlung entfaltet sich in den Wochen davor, als Ray einer ganzen Palette an Gefühlen ausgesetzt ist, die von Wut, Trauer und Enttäuschung bis zu unbändiger Freude reicht – was Elle Fanning übrigens sehr überzeugend darstellt.
Den Film gibt’s momentan auf Amazon Prime leider nur zu leihen oder zu kaufen. Lohnt sich aber!
Und während der letzten Minuten dieses Films konnte ich übrigens auch nicht mehr atmen … (kleiner ugly-crying-moment … ups)
Beitragsbild: Ray (Elle Fanning) in »About Ray« | ©TOBIS Film GmbH