Mov:ement: »Die Känguru-Chroniken« – eine mehr oder weniger gelungene Umsetzung eines Buches
Buchverfilmungen zu beurteilen ist meist schwierig. Es gibt nur zwei Kategorien der Einstufung: Entweder man* gehört zu den Leuten, die keinen Funken daran auszusetzen haben oder man* schließt sich denjenigen an, die den ganzen Film bis auf ein paar Kleinigkeiten kritisieren. Letzteres ist leider bei einem relativ aktuellen Film der Fall. Ein Kommentar.
von Yvonne Mikschl
Als ich von der Verfilmung der »Känguru-Chroniken« von Marc-Uwe Kling hörte, war ich zuerst begeistert. Die ersten Trailer waren witzig und ich freute mich darauf, den Film zu sehen. Dass mich der Streifen jedoch enttäuschen und er nicht mal halbwegs der Buchvorlage nahe kommen würde, hätte ich im Leben nicht gedacht. Wobei letzteres ja das Schwierige der Verfilmung sein gewesen dürfte: Das 2009 erschienene Buch, das nebenbei drei Fortsetzungen bekommen hat, besteht aus Kurzgeschichten, die nicht länger als vier Seiten sind. Die einzigen Anhaltspunkte, an denen sich Regisseur Dani Levy und die Produzenten Stefan Arndt und Uwe Schott orientieren konnten, waren demnach die Hauptcharaktere und die Handlungsorte.
Grundlegend geht es im Film (und der gesamten »Känguru«-Buchreihe) um das Leben des Kleinkünstlers Marc-Uwe Kling mit Migränehintergrund, der im Berliner Brennpunkt Kreuzberg lebt und erst nach 13 Uhr mittags aufsteht. Irgendwann zieht bei ihm ein Känguru ein. Ein Beuteltier, dessen Lieblingsessen Schnapspralinen und Eierkuchen sind und in seinem Beutel immer einen roten Boxhandschuh hat. Und als ob das nicht schon reichen würde, trifft von den Persönlichkeiten her ein unambitionierter Kleinkünstler auf einen Kommunisten aus Australien – eine durchaus amüsante Kombination. Oder wie das Känguru es formuliert: »Schön, dann können wir ja Freunde werden. Bis zur Revolution, danach wird’s natürlich schwierig …« Soweit, so gut.
Die eigentliche Problematik liegt in der Umsetzung, die mit der Rahmenhandlung anfängt und mit dem Weglassen der lustigsten Geschichten des Buches aufhört. Das Känguru, Marc-Uwe und der Kiez müssen zusammenarbeiten, als ein rechtspopulistischer Immobilienhai mit einem gigantischen Bauprojekt die Idylle des Kiezes bedroht, und planen zum Aufhalten einen »Anti-Terror-Anschlag«. Es braucht fast die Hälfte des Films, um zu diesem einfachen Punkt zu kommen.
Mal abgesehen davon, wird der Berliner Brennpunkt-Kiez Kreuzberg, in dem sehr viele Kulturen zusammenkommen, auf drei Gruppen grob runterreduziert: türkische Ladenbesitzer, Rechtsradikale und arbeitslose Berliner. (Ich glaube, dass sich das Image des Kiezes dadurch nicht wirklich verbessert…) Überhaupt liegt der Fokus sehr auf den rechtsradikalen Charakteren, was allerspätestens ab der Hälfte des Films zu nerven beginnt. Klar, dass man* bei einer Komödie alles nicht so ernst nehmen soll, doch ich kann über diese Darstellung von gewaltbereiten Rechtspopulist*innen überhaupt nicht lachen oder gar grinsen.
Die einzigen beiden witzigen Szenen befinden sich nämlich vor dem eigentlichen Einsetzen der Haupthandlung: Zum einen diskutieren das Känguru und Marc-Uwe vor dem Vorspann über den Anfangspunkt des Films. Die andere Szene folgt kurz nach dem Vorspann: In der sitzen die beiden Mitbewohner im Park und werden von Hunden genervt, worauf das Känguru den Hund in die Ferne kickt. Da diese Geschichte die einzige direkt aus dem Buch übernommene ist, verliert sie nichts von ihrem Witz.
Übrigens: Der Film sollte nochmal in 3D-Fassung ins Kino kommen, aber das wäre das Geld nicht wert gewesen. Wie das Känguru auf dem offiziellem Instagram-Account des Films am 23. Juni 2020 verkündete, sei der Produktionsfirma scheinbar das Budget ausgegangen, weswegen es nur eine Einstellung in 3D gebe. Und dafür mehr Geld im Kino zu zahlen, erachte ich nicht als nötig.
Im Nachhinein bin ich ganz froh, dass ich nicht im Kino war, beziehungsweise dass Corona mir den Kinobesuch für die »Känguru-Chroniken« nicht ermöglicht hat. Der Film ist von der Haupthandlung her gesehen eine Katastrophe und es wäre in dem Fall leichter gewesen, die ganzen Geschichten alle einzeln, ohne zusammenhängende Handlung zu verfilmen, sowie es in »Bullyparade – Der Film« der Fall ist. In diesem Zusammenhang überzeugen weder die Schauspieler*innen noch die Musik. Einzigen Hoffnungsschimmer bietet das Känguru, das zwar animiert ist, jedoch vom Autor gesprochen wird. Und der Titelsong.
Mir persönlich hat der Film, wie man* merkt, nicht besonders gefallen. Womit wir wieder beim Anfang wären: Manchen gefällt eine Buchverfilmung, manchen nicht. Hoffen wir für die Verfilmung der Fortsetzungen, dass sie besser seien als der erste Film – es kann nur besser werden …
Beitragsbild: Das Känguru und Marc-Uwe Kling © X Verleih | Riecks Filmkritiken