Repost: Der Moment
*** Adventsspecial ***
Dieser Artikel ist Teil des Lautschrift-Adventskalenders. Vom 1. bis zum 24. Dezember hat sich die Lautschrift jeden Tag eine weihnachtliche Kleinigkeit zum Lesen, Gewinnen oder drüber Nachdenken ausgedacht. Wer nichts verpassen möchte, schaut am besten jeden Tag auf unserem Instagram-Profil vorbei.
von Maximilian Stoib
Egal, ob wir ein Konzert besuchen oder in den Urlaub fahren, immer sind wir auf der Suche nach dem perfekten Moment. Einzigartig soll er sein und für immer im Gedächtnis bleiben. Wir jagen diesem Moment nach, sind tage- oder wochenlang voller Vorfreude. Und wenn er endlich da ist? Dann zücken wir wie selbstverständlich unser Smartphone, denn wir wollen ihn unbedingt festhalten, ihn abspeichern, ihn posten und teilen. Er wird ja schließlich nicht wiederkehren, dieser Moment.
Aber während wir das tun, bemerken wir gar nicht, wie er an uns vorüberzieht, ohne dass wir ihn wirklich wahrnehmen. Weil wir viel zu sehr damit beschäftigt sind, unser Erlebtes für später zu konservieren und die Außenwelt daran teilhaben lassen wollen, bekommen wir gar nicht mit, wie uns der Moment selbst verloren geht. Wir lassen ihn verstreichen, verpassen seinen Zauber, unfähig allein mit uns und diesem Moment zu sein. Es scheint fast, als zähle er nur im Digitalen, als wäre er nur real, wenn wir ihn ausführlich dokumentieren.
Aber was bleibt uns hinterher schon? Fotos auf dem Handy, die wir irgendwann löschen, weil sie nur Speicher fressen. Videos, die wir einmal anschauen, nur um dann festzustellen, dass man in ihrem Halbdunkel kaum etwas erkennen kann. Likes, die unser digitales Ego befriedigen sollen und doch nur ausdrücken, wie viele unserer Freunde und Follower*innen beim gelangweilten Scrollen durch ihre Timeline auf unser Foto gestoßen sind.
Aber der perfekte Moment, den wir so lange herbeigesehnt haben, der ist jetzt vorbei. Die Chance, ihn in uns aufzusaugen, ihn ganz und gar wahrzunehmen und für immer in unseren Gedanken zu behalten, dort, wo er niemals verloren gehen kann, die haben wir verpasst – weil wir damit beschäftigt waren, den richtigen Filter für ein halb verwackeltes Handy-Foto zu suchen.
Beitragsbild: © hiurich granja on Unsplash