Oh du fröhlicher Corona-Weihnachtsmarkt
Das Motto des Jahres 2020 könnte lauten: »verschoben«. Aber so ganz wollten sich die Leute den Weihnachtszauber des öffentlichen Miteinander nicht nehmen lassen. Zumindest bis zum neuen Lockdown …
von Dela Lohaus
Dichtes Gedränge. Einmal eingereiht empfiehlt es sich, dem Strom der Menge zu folgen, bis man die nächste anzulaufende Bude erreicht hat. Es beginnt der Kampf bis in die erste Reihe. Wenn man siegreich sein Heißgetränk in den Händen hält, beginnt sogleich der nächste Kampf: Wohin mit dem Getränk und vor allem, wohin mit sich selbst?
Christkindlmarkt kann in diesem Jahr sehr ähnlich klingen wie bisher, aber es ist doch ganz anders: Wenn zum Beispiel unsere Klamotten von übergeschwapptem Glühwein glänzen, dann können wir das nur auf unsere eigene Tollpatschigkeit zurückführen. Anrempelei wird dieses Jahr selten die Ursache sein. Die Parole lautet: Abstand halten. Wie gehen wir damit um? Sollten wir einen Schritt in die eigentlich schon zu vollen Straßen wagen, uns in einen »Glühwein-Spaziergang« einreihen und ein schnelles Getränk »to go« nehmen – immer darauf bedacht, dem fremden Haushalt den gebührenden Abstand zu zeigen? Peilen wir eine einsame Bude an, die nicht so überlaufen ist und stellen uns mit unserem Neuerwerb ein paar hundert Meter entfernt, um außerhalb der Maskenpflicht-Bereiche zu gelangen? Oder sollten wir die Schlange vor dem Eingang des Mini-Weihnachtsmarktes im Dörnbergpark in Kauf nehmen, um ein wenig Weihnachtsmarkt-Feeling in uns aufzunehmen? Sehr innovativ waren auch die diesjährigen »Drive-in«-Weihnachtsmärkte. Wenig klimaneutral, aber Corona-konform.
Mit dem erneuten Lockdown seit dem 9. Dezember wurden uns schon einige schwierige Entscheidungen abgenommen. Für einige mag es trivial erscheinen, aufgrund der aktuellen Pandemie dem Weihnachtswahnsinn in diesem Jahr aus dem Weg zu gehen. Für viele andere kann es jedoch sehr schwer sein, auf den Weihnachtszauber draußen auf den Straßen so ganz zu verzichten. Wir denken an all die Dinge, die uns vor einem Jahr noch selbstverständlich erschienen, wir lernen vieles wieder mehr zu schätzen und besinnen uns wieder auf uns selbst und die Menschen um uns herum. Einiges mag in diesem Jahr anders verlaufen, als wir es gewohnt sind, vieles mag uns schrecklich fehlen, anderes werden wir ab nun in unsere vorweihnachtlichen Gewohnheiten aufnehmen. Vielleicht kann man sich fragen, ob zumindest der allseits verbreitete »vorweihnachtliche Stress« in diesem Jahr etwas kürzer kommt und das Zusammensein in der Familie wieder einen höheren Stellenwert erreicht. Die wichtigste Frage, die bleibt ist jedoch: Fühlt sich das alles (trotzdem) noch nach Weihnachten an?