Über den Tellerrand: Das Luciafest in Schweden
*** Adventsspecial ***
Dieser Artikel ist Teil des Lautschrift-Adventskalenders. Vom 1. bis zum 24. Dezember hat sich die Lautschrift jeden Tag eine weihnachtliche Kleinigkeit zum Lesen, Gewinnen oder drüber Nachdenken ausgedacht. Wer nichts verpassen möchte, schaut am besten jeden Tag auf unserem Instagram-Profil vorbei.
Im heutigen Türchen des Lautschrift-Adventskalenders wird es hell. Ich werfe einen (musikalischen) Blick auf den Norden Europas, wo am 13. Dezember das Luciafest gefeiert wird.
von Yvonne Mikschl
Die Nacht geht mit schweren Schritten,
um Hof und Haus.
Wenn die Sonne die Erde verlässt,
werden die Schatten nachdenklich.
Träume von Flügeln die wie eine Prophezeiung über uns rauschen.
Zünde deine weiße Kerze an, heilige Lucia.
Zauber und dunkle Mächte, dem Licht unterwerft ihr euch.
Wächter des gesegneten Lichts, bringt uns Schutz.
Träume von Flügeln die wie eine Prophezeiung über uns rauschen.
Zünde deine weiße Kerze an, heilige Lucia.
Die Sterne leiten uns, um den Weg zu finden,
sie werden ein klares Leuchtsignal, gerechte Priesterin.
Träume von Flügeln die wie eine Prophezeiung über uns rauschen.
Zünde deine weiße Kerze an, heilige Lucia.
Die Interpretation des traditionellen Lucia-Liedes der schwedischen Künstlerin Jonna Jinton zum 13. Dezember. Eine Ode an die Heilige Lucia, die mit ihrem Licht die Dunkelheit in der Weihnachtszeit in Schweden vertreiben soll. Das schwedische Lichterfest, gefeiert seit hunderten von Jahren.
Lucia wird besonders in Schweden, aber auch in Finnland und Norwegen gefeiert. Die »Luzienbraut«, wie sie der Tradition nach genannt wird, ist an diesem Tag in weißen Leinenkleidern gekleidet, welche von einem roten Band zusammengehalten werden, und trägt eine aus vier oder mehr Kerzen bestehende Lichterkrone auf dem Kopf. Sie ist zumeist die älteste Tochter der Familie, die ihrer Familie ein traditionelles Frühstück in Form eines Safranbrots serviert. Der Glühwein in Schweden (oder auch in Finnland) wird übrigens mit Rosinen und Mandeln getrunken.
Woher die Lucia-Tradition kommt, ist historisch nicht zweifelsfrei belegt. Die These, es sei der Tag der heiligen Luzia, einer Märtyrer-Jungfrau, kann nur durch das Kalenderdatum des 13. Dezember belegt werden. Sie starb der Historie nach um das Jahr 300 und gilt als »Blutzeugin des christlichen Glaubens und der Seelenreinheit« – wobei es keinen historischen Beweis für ihre Existenz gibt. Ein guter Tipp: die Lektüre von Leopold Kretzenbacher von 1959 bringt da einen wissenschaftlichen Diskurs.*
Wenn sich auch die Geschichtswissenschaftler*innen nicht einig sind, auf welche Heilige in welchem Brauchtum das schwedische Fest zurückzuführen ist, so hat dieses bereits eine lange Tradition. In Schweden, wenn man einigen Quellen trauen mag, ist das Fest, das meist mit langen Umzügen verbunden ist, bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts zu finden. Verbunden mit dem Fest ist die Hoffnung auf das Licht in den Wintermonaten. Der 13. Dezember gilt als der dunkelste Tag des Jahres, weswegen Weihnachten in Schweden ein Fest des Lichtes ist. Und so ist es kein Wunder, dass manche Kirchen in Deutschland ein ähnliches Lichterfest nach schwedischem Vorbild veranstalten.
So wie Jonna Jinton machen es viele: »Und bereits seit vielen Jahren, habe ich es zu meiner Tradition gemacht, nachts nach draußen zu gehen und hunderte von Kerzen anzuzünden, mit der Intention, Gebete, Licht und Liebe in unsere Welt zu bringen«, schreibt sie in der Beschreibung ihrer Interpretation des Lucia-Liedes. Denn die Hoffnung auf Licht stirbt zuletzt. Vielleicht sollten wir alle an diesem heutigen Tag eine Kerze anzünden – auf dass die Welt 2021 eine friedlichere wird.
*Kretzenbacher, Leopold: Santa Lucia und die Lutzelfrau. Volksglaube und Hochreligion im Spannungsfeld Mittel- und Südosteuropas, München, 1959.
Beitragsbild: ©epd/imago images