Wohnsinn: Ebay Kleinanzeigen – Wartest du noch oder verkaufst du schon?
Ebay Kleinanzeigen ist schon eine Welt für sich. Man kann dort wahre Schätze entdecken, aber auch so jeden Kleinkram, der eigentlich schon an Müll grenzt, finden. Noch spannender sind jedoch die Menschen hinter den Anzeigen und Profilen – denn ähnlich wie bei Forrest Gumps Pralinenschachtel weiß man nie, was einen dabei erwartet.
von Laura Hiendl
Passend zu Anna-Lenas Wohnsinn von letzter Woche geht es heute um die andere Seite des großen Sammelsuriums namens Ebay Kleinanzeigen. Seit einigen Jahren bin ich dort eine mal mehr und mal weniger aktive Nutzerin (hauptsächlich Verkäuferin), da Flohmarkt, Kleiderkreisel und Co. einfach nicht so mein Ding sind. Nachdem ich meinen schon mehrmals berichteten Vorsatz des Ausmistens relativ gut habe umsetzen können und alle als »zu verkaufen/verschenken« deklarierten Gegenstände ihren Weg in meinen nun sehr gut gefüllten ein auf ein Meter großen Abstellraum gefunden haben, tue ich derzeit vor allem eins: warten. Warten bis meine ehemals geliebten Sachen eine/n neue/n Besitzer*in finden; teilweise wochen- oder monatelang.
Zwar geht auf Ebay Kleinanzeigen Zeug (oder »Grusch« wie mein Freund sagen würde) weg, wovon man nicht dachte, dass es noch jemand haben will, und gleichzeitig scheinen Dinge, von denen man dachte, dass sie bestimmt schnell weg sind, auf keinerlei Interesse zu stoßen. Ja, Geduld und Verhandlungsgeschick braucht man auch hier – aber vor allem noch was: Zeit. Denn manchmal dauert es wirklich eine halbe Ewigkeit, bis man etwas mal los ist. Letztens hat sich dann nach einem langen Jahr voll hoffnungsvoller Anfragen und bitterer Enttäuschungen doch noch jemand meiner superflauschigen Winterjacke erbarmt.
Vor meinem Entschluss, mich mal an diese Plattform zu wagen, habe ich ja schon die ein oder anderen witzigen Stories gehört oder bei »Best of Ebay Kleinanzeigen« auf Facebook gesehen, doch mittlerweile kann ich wahrscheinlich behaupten, auch schon eine breite Palette erlebt zu haben. Dennoch überraschen mich so manche Anfragen immer wieder.
Verschiedene Typen kann ich derzeit identifizieren (ohne Garantie auf Vollständigkeit):
1. Die »Was ist der letzte Preis?«-Frager*innen
Ich kann euch sagen: Der berühmt berüchtigte »letzte Prais« ist tatsächlich kein Mysterium, sondern wohl weit verbreitet. Meistens beginnt das Gespräch nicht einmal mit einem »Hallo« oder dergleichen, sondern es folgt direkt und auch nur diese eine, alles entscheidende Frage.
2. Die Beleidigenden
Freundlichkeit scheint trotz des netten Hinweises »Schreibe eine freundliche Nachricht an XY und bekomme mehr Aufmerksamkeit!« von Ebay Kleinanzeigen bei jeder Nachricht eher selten an der Tagesordnung zu sein. Bei Differenzen bezüglich des angemessenen Preises scheinen manche Personen eine etwas andere Vorstellung als man selbst zu haben. Statt »Das ist mir zu viel« oder »Bei dem Preis bin ich leider raus« zu sagen, gibt es beispielsweise »Dann behalten sie doch den alten Schrott???????????«.
3. Die Unverständlichen
Damit meine ich nicht unbedingt Verständnisschwierigkeiten aufgrund einer Sprachbarriere, sondern aufgrund nicht vollständiger oder unlogischer Sätze, denen teilweise jegliche Grundstruktur oder Motivation eines schönen Satzes fehlt und deren Sinn ich mir nur dank äußerster Anstrengung meiner Gehirnzellen erschließen kann. Was leider auch darin resultiert, dass ich selbst schon zu einer kurz angebundenen und möglichst einfachen Sprache tendiere – man passt sich halt an.
4. Die Creeps
Dabei handelt es sich um Personen, die sich gerne »Privat« beziehungsweise »Anonym« nennen oder einen sonstigen Phantasienamen haben und nicht verstanden haben, dass ich nicht mich, sondern nur meine Produkte verkaufe und somit weder Interesse an einem Kompliment, einem etwaigen Treffen oder an einer Herausgabe meiner Handynummer interessiert bin. Sorry Leute, dann wäre ich nämlich auf entsprechenden Dating-Plattformen unterwegs.
5. Die Nicht-Antworter*innen
Das sind die Personen, die eine vielversprechende Anzeige schalten, aber dann einfach gar nicht auf eine nette Anfrage antworten. Weder heute noch morgen oder irgendwann. Ok tut mir leid, dass ich dich belästigt habe – ich war ja nur wirklich interessiert.
6. Die Alleswoller*innen
Da schrieb mir beispielsweise Vanessa vor zwei Tagen nicht einmal eine Minute, nachdem meine Anzeige veröffentlicht worden war, dass sie den 4er-Pack Pflegemittel unbedingt haben wolle und ich ihr nur noch sagen solle, wie viel Versand hinzukomme. Und dann … nichts mehr, nada, null, niente. Vielen Dank 🙂 Auch Andrea, die eine alte Plätzchendose »definitif« nehmen und abholen wollte, lässt nix mehr von sich hören. Grüße gehen an dieser Stelle ebenso an Nadine, Andra, Lisa, Thomas und noch viele mehr raus. Was ist so schwer daran, wenigstens »okay, hat sich schon erledigt« oder irgendwas in die Richtung zu schreiben?
7. Die Unzuverlässigen
Die leider nervigste und zeitraubendste Sorte Ebay Kleinanzeigen-Typen. Denn diese ärgern mich am meisten: Leute, die eine Sache unbedingt haben wollen, wir einen Termin zur Abholung vereinbaren, ich mir extra Zeit nehme und Zuhause bin und sie dann aber kurzfristig absagen, weil »ihnen was dazwischen« kommt – oder auch nicht und einfach gar nicht erscheinen, ohne Bescheid zu geben. Leute, echt jetzt? Klar, kann mal passieren, aber auf Ebay Kleinanzeigen kommt das dank der gewissen Anonymität irgendwie extrem häufig vor. Was dazu geführt hat, dass ich mich nur noch auf Personen mit top Bewertungen und schnellen Antwortzeit verlasse. (Obwohl das ja auch so eine Sache ist: Wie wird das eigentlich berechnet? Ein paar Nutzer*innen passt meine Antwort vielleicht nicht und zack – schlechte Bewertung reingedrückt. Genauso bei der Antwortrate: Trotz verlässlichen Erwiderns beträgt meine lediglich 77%. Muss man immer das letzte Wort haben, um die vollen 100% zu erhalten? Auch dass man manchmal schläft und um 1 Uhr nachts nicht mehr unbedingt auf Anfragen antwortet, scheint Ebay bei der Berechnung der Antwortzeit wohl egal zu sein.)
8. Die Normalos
Zu guter Letzt gibt es sie doch noch und sie stellen zum Glück den Großteil (bis jetzt). Denn die meisten, mit denen ich mich schließlich einigen konnte, waren echt in Ordnung. Und obendrein zuverlässig, pünktlich, freundlich und vor allem froh, dass sie etwas ergattern konnten. Seien es leere Kartons jeglicher Größe, eine Eismaschine, alte Spiele, allerlei Deko oder zuletzt ein lange gesuchtes Goldbesteck aus alten Zeiten meiner Uroma.
Alles in allem ist es zwar eine teilweise mühselige Sache, alles online zu stellen und bis man die Dinge nicht mehr bei sich rumstehen hat, während sie auf bessere Zeiten warten. Aber Schritt für Schritt komme ich dank dieser kleinen Alles-App meinem Ziel eines Lebens mit weniger »Graffel« langsam, aber sicher etwas näher. Mittlerweile fühle ich mich sogar minimal fame mit meinen sage und schreibe fünf Follower*innen – schließlich ist man laut Ebay Kleinanzeigen bei mehr als fünf Nutzer*innen ein »Aufsteiger«. Bis zum Status »Promi« ist es dann leider doch noch ein langer Weg, denn mehr als 100 Leute wollen wohl noch lange nicht haben, was ich habe … Aber man muss sich ja Ziele setzen.
Mein Fazit: Klar tummeln sich hier auch komische Leute, doch viele sind echt ganz normale Personen von nebenan – von der neuen Studentin über den Familienvater bis hin zur Omi mit Enkel, denen man gerne eine Freude bereitet. So macht Ebay Kleinanzeigen auch Spaß. Und durch alle anderen hat man wenigstens immer wieder was zu erzählen und lachen 🙂
Nächste Woche hört ihr dann wieder Neues von Verena!
Hallo Laura,
Du beschreibst auf humorvolle Weise die vielfältigen Charaktere und Situationen, die man beim Verkaufen über Plattformen wie Ebay Kleinanzeigen erleben kann.
Besonders amüsant finde ich die Beschreibung der verschiedenen Typen von Käufern und Anfragen. Von den „Was ist der letzte Preis?“-Fragestellern bis zu den Unverständlichen, die mit unlogischen Sätzen und fehlender Grundstruktur verwirrende Nachrichten schreiben, scheint es in der Welt der Kleinanzeigen eine bunte Mischung an Interaktionen zu geben.
LG, Olivia Koch