Wohnsinn: Baby, it’s cold inside!
Häufig genug redet man sich den Winter ja damit schön, dass wenigstens wieder die gemütliche Kuschelzeit mit Kerzen und Tee beginnt. Alles in der wohligen Wärme der eigenen vier Wände, die einen von den gruseligen Temperaturen und Niederschlägen da draußen abschirmen. Blöd nur, wenn die eigenen vier Wände alles andere als warm sind. Es folgt ein Wohnsinn, der mit klammen Fingern getippt wurde.
von Lotte Nachtmann
Ich gebe meine Frostbeuligkeit offen und ehrlich zu. Ich trage schon bei unter fünf Grad Celsius Termounterwäsche auf dem Fahrrad, überlege mir im Hochsommer, ob ich nicht doch besser eine Jacke mitnehme und schleppe auf Rennradtouren lieber noch die dritte bis vierte Schicht im Rucksack mit mir rum, denn: Ich könnte ja frieren. Mal abgesehen von der Tatsache, dass ich die zusätzlichen Klamotten in der Regel nicht brauche, friere ich schon relativ schnell. Klassischer Kaltblüter eben. Sobald die ersten herbstlich gefärbten Blätter von den Bäumen segeln, stehe ich schon in Daunenjacke und mit überdimensionalem Schal bereit, als sei der sibirische Winter ausgebrochen. Während andere noch in T-Shirt und kurzer Hose an der Donau entlang flanieren. Typische Warmblüter*innen eben.
Vermutlich lässt sich die Menschheit neben der Unterscheidung in die ewig Pünktlichen und die ewig Verspäteten genauso gut in Kaltblüter*innen und Warmblüter*innen bzw. Sommer- und Winterkinder einteilen. Während für mich ab 25 Grad erst meine Wohlfühl-Temperatur anfängt und ich langsam die Paranoia ablege, mir könnte kalt werden, sehnen sich viele nach dem ersten frischen Lüftchen des Herbstes und feiern die frostigen Monate im Jahr, weil ihnen dann endlich nicht viel zu warm ist. So sehr feiert meine Mitbewohnerin Marie zwar Minusgrade und kalten Wind nicht, aber sie gehört doch eher zu der Fraktion »chaleur« (=Hitze, wie unsere deutsch-französische WG es immer sagt).
Hawaii vs. Sibirien
Man könnte meinen, dass das Temperaturempfinden an sich jetzt keinen sonderlich aufgeladenen cleavage darstellen kann. In dieser Rechnung ist die Heizung unseres Sechzigerjahre Wohnblocks allerdings noch nicht einkalkuliert. Wir haben nämlich nicht standardmäßig in jedem Zimmer einen Heizkörper, den jede nach ihrer persönlichen Wohnfühl-Temperatur einstellen kann. Nein, wir haben eine zentrale Gasheizung mitten in der Wohnung, die Öffnungen in Maries und mein Zimmer sowie das Wohnzimmer hat. Blöd nur, dass nicht die Frostbeule Lotte die große Öffnung inklusive Mini-Kachelofen in ihrem Zimmer hat, sondern bloß einen 20 auf 20 Zentimeter großen Auslass direkt neben der Zimmertüre. So überflüssig, vor allem an dieser Stelle, dass man es auch gleich hätte sein lassen können. Bad und Küche sind übrigens weitgehend unbeheizt, was einen gerade morgens das warme Bett noch einmal mehr vermissen lässt.
Aber zurück zur Kühltruhe aka. mein Zimmer. Das Problem besteht darin, dass selbst wenn man die zentrale Heizung hoch dreht und Marie in ihrem Zimmer durchaus ein Gewächshaus oder eine Sauna betreiben könnte, bei mir von der Wärme kaum etwas ankommt. Und da ist unser unterschiedliches Kälteempfinden natürlich nicht gerade förderlich. Das hatte bei meiner Vormieterin – eine noch größere Frostbeule als ich – zu einem Kampf um den Heizungsregler geführt. Da es aber natürlich keinen Sinn macht, wenn die eine Hawaii-Feeling in ihrem Zimmer hat und nicht weiß, wohin mit der Hitze, habe ich mich meinem Schicksal ergeben. Glücklicherweise haben wir einen kleinen elektrischen Heizkörper, der eigentlich zur Beheizung des Bades gedacht ist. Dieser kleinen Lifesaver steht im Winter dauerhaft in meinem Zimmer und wird immer mal wieder bemüht, wenn das Thermometer droht, unter 17 Grad zu fallen. Zur Referenz: Mindestens 20 Grad sind für einen Arbeitsplatz, den mein Schlafzimmer zu Zeiten von Homeuni nun einmal darstellt, empfohlen. Nun sind diese kleinen Elektroheizungen aber auch Energieschleudern, die sich nur schwer mit meinem Hippie-Öko-Umwelt-Bewusstsein vereinbaren lassen, weshalb ich sie sehr viel seltener einschalte, als mich meine kalten Füße bitten. Eine wirklich effektive Abhilfe habe ich noch nicht gefunden: Zur Zeit sind eine Tasse Tee, eine Decke, zwei Paar Socken, Termounterwäsche und Handstulpen mein Mittel der Wahl. So wirklich warm ist mir damit nur leider immer noch nicht. Und unpraktisch ist es obendrein, denn die meiste Zeit des Tages bin ich eigentlich damit beschäftigt, Tee zu kochen und die Decke so zurecht zu zuppeln, dass auch ja kein bisschen klirrende Kälte an mich heran kommt.
Vielleicht habt Ihr ja noch Ideen, wie ich mich warm halten kann. Ansonsten wünsche ich Euch bis zur nächsten Kolumne von Anna-Lena ein paar hoffentlich warme Tage.