Trotz November-Lockdown: Support your local Filmfest!
Obwohl viel Zeit und Mühe in die Organisation, die liebevolle Kuration des Programms sowie in die aufwendige Gesamtgestaltung gesteckt wurde, sollte es 2020 einfach nicht sein: Der »Lockdown-light« traf das kulturelle Leben der Stadt mit voller Wucht und verursachte unter anderem die jähe Unterbrechung des schon angelaufenen Transit Filmfests. Trotzdem kann allen Filmfans Entwarnung gegeben werden – das bedeutet noch lange nicht das Aus für die diesjährige Festivalausgabe.
von Friederike Hirth und Elias Schäfer
Viel ist passiert seit dem letztjährigen Heimspiel im Transit. Zu allererst erfolgte ein Namens-, Leitungs- und Strukturwechsel: Aus Heimspiel wurde Transit, aus drei Leiter*innen wurde eine und es kam zur Gründung des ehrenamtlichen Hör & Schau e.V., der nun zusammen mit Studierenden der Medienwissenschaft für die Organisation des Filmfests verantwortlich ist. Alle Weichen waren auf einen erfolgreichen Neustart gestellt, doch dann erschien die dunkle Wolke namens Corona, die seit Anfang des Jahres über allem schwebt, und wirbelte die Planungen komplett durcheinander. Normalerweise hätte das Transit Filmfest, wie auch in den Jahren zuvor, im Rahmen einer Festivalwoche im November stattgefunden. Allerdings musste dieses Konzept einem neuen weichen. Statt eines großen Events in den Altstadtkinos Regensburgs, vornehmlich im Kino am Ostentor und im Wintergarten im Andreasstadel, wurde das eigentliche Festival coronagerecht auf mehrere Einzelevents verschlankt: Die historische Filmreihe RETRO_UTOPIA, den Weekender CINEMA_UTOPIA, die Podiumsdiskussion FORUM_UTOPIA und ein Special Screening mit Live-Konzert. Die übergeordnete Thematik des Festivals ist, wie vermutlich herausgelesen werden kann, die Utopie als Idee in all ihren Ausprägungen. Mit dem Ausbruch des Virus und der voranschreitenden Erhöhung der Infektionszahlen wurde die planmäßige Veranstaltung des Transit Filmfests leider auch immer utopischer.
Während zum Jahresanfang die Hoffnungen noch groß waren, verkomplizierten die derzeitigen Bedingungen zusehends die Planung und Organisation: Dem Team war es nicht möglich, sich in persona zu treffen, ein neues Marketingkonzept musste her und verschobene Kinostarts erschwerten die Programmplanung. Durch die begrenzten Sitzplätze in den Kinos wurde ein hybride Art der Festivalausführung mit Online-Option etabliert, um dennoch so viele Menschen wie möglich erreichen zu können. Obwohl aufgrund offensichtlicher Gründe keine Gäst*innen nach Regensburg eingeladen werden konnten, sollte es zusätzlich zu den Filmen Videobotschaften und Online-Q&As von und mit den Filmemacher*innen geben. Das Krisenmanagement lief also auf Hochtouren und bewährte sich auch bei den ersten drei Oktober-Terminen der historischen Filmreihe: Jacques Tatis Playtime, Ousmane Sembènes Black Girl und Rainer Werner Fassbinders Welt am Draht waren den Mindestabständen entsprechend ausverkauft. Das erarbeitete Hygienekonzept und das coronagerechte Ticketsystem funktionierten dabei einwandfrei. Die Verordnung der Bundesregierung, ab dem 2. November sämtliche kulturellen und gastronomischen Einrichtungen für den kompletten Monat pausieren zu lassen, traf das Team jedoch hart: »Wir waren so gut vorbereitet, standen in ständiger Rücksprache mit Vertreter*innen von Stadt und Ordnungsamt. Dass mit dem Weekender ausgerechnet das Herzstück unseres Festivals ausfällt, ist natürlich bitter. Aber gesellschaftliche Solidarität ist in diesen Zeiten mindestens genauso wichtig, wie kulturelles Engagement. Ich zitiere hier immer gern den großen Fußballphilosophen Dragoslav Stepanović: Lebbe geht weider!«, so die Festivalleitung Chrissy Grundl.
Allerdings bedeutet das nicht das Ende für sämtliche Bemühungen, die Kinokultur auch in diesem äußerst schwierigen Jahr voller Herausforderungen weiterleben zu lassen. Die digitalisierte Welt hat auch ihre guten Seiten und bietet glücklicherweise die Möglichkeit, die meisten Filme, die vom 19. bis zum 22. November eigentlich in den vorher genannten Altstadtkinos hätten laufen sollen, im selben Zeitraum online streamen zu lassen. Für jeweils 7€, von denen immer 1€ direkt ans Ostentor Kino gespendet wird, bietet das Transit Filmfest in Kooperation mit der Plattform Filmpresskit eine zahlreiche Auswahl aus aktuellen, besonderen und innovativen Filmen. Obwohl der Kinobesuch damit leider wegfällt, können diese fantastischen deutschen und internationalen Produktionen bequem angesehen werden, egal, wo man sich gerade befindet. Hierbei sollte auch für jeden Geschmack etwas dabei sein: Erlebt beispielsweise den experimentellen Mystery-Streifen Die Kinder der Toten (Kelly Cooper & Pavol Liska) aus Österreich, den Abschied vom Sehnsuchsort Europa im nigerianischen Eyimofe (Arie Esiri & Chuko Esiri) oder die energiegeladene Reise durch die japanische Kinogeschichte in Labyrinth of Cinema (Nobuhiko Ôbayashi). Um auch die Cineast*innen nicht zu enttäuschen, arbeitet des Festival gleichzeitig an einer Verschiebung des Weekenders ins Frühjahr 2021.
Gleichzeitig ist es nicht nur möglich, sich einige der interessantesten Filme des letzten Jahres abseits des Mainstreams vor Augen zu führen, sondern auch die lokale Kultur- und Kinoszene zu unterstützen, was in diesen Zeiten extrem wichtig ist. Also: Schnappt euch ein Tässchen Glühwein, macht’s Euch gemütlich, wählt ein paar Filme aus und dann kann einem gelungenen Filmabend trotz der Pandemie nichts mehr im Wege stehen!
Für alle Interessenten: Über https://www.transit-filmfest.de/online-2020/ könnt Ihr ab dem 19. November die Tickets für die online verfügbaren Filme erwerben. Weitere Infos und Updates findet Ihr ebenso auf der Webseite sowie auf Facebook und Instagram.
Beitragsbild: © Transit Filmfest