Über Menstruation reden? – Nee, lass mal.
Aber genau das soll hier und heute passieren. Ja, genau. Du, liebe*r Leser*in, hast richtig gelesen. In diesem Artikel soll es um Menstruation gehen, weil uns das alle was angeht und weil das Thema totzuschweigen sich genauso anfühlt wie der Vorgang an sich – nämlich ziemlich scheiße.
von Anna-Lena Brunner
Neulich fand ich mich in folgender Situation wieder: In der WG hatten wir uns alle zu einem gemütlichen Zusammensein verabredet, bei dem nicht nur die aktuellen Mitbewohner*innen anwesend waren, sondern auch einige externe Freund- und Bekanntschaften. Es wurde viel getrunken, gelacht und gegessen – in austauschbarer Reihenfolge. Meine Wenigkeit saß aufgrund fehlender Verweilmöglichkeiten am Bettrand. Besagtes Bett war zu diesem Zeitpunkt mit einem weißen Leinentuch bezogen. Und ich denke die meisten Girls unter euch werden wissen, was jetzt kommt. Natürlich habe ich genau an diesem Abend meine Tage bekommen und wie sollte es anders sein, auf das blütenweiße (naja eher gräulich weiße – WG halt) Betttuch geblutet. Beschämt habe ich versucht, meinen gesellschaftlichen Fauxpas zu überspielen und mir nichts davon anmerken zu lassen. Unter Hüstlern und Rumrutschern versuchte ich irgendwie, den Blutfleck zu überdecken, was mir überraschenderweise gelang und keinem*r fiel etwas auf.
Anfangs war mir die Situation unglaublich unangenehm und ich habe den restlichen Abend unter höchster emotionaler Anspannung verbracht – ständig mit der Angst erwischt zu werden. Dabei fragt frau sich doch: Erwischt werden… bei was eigentlich? Was ist so schlimm an ein bisschen Blut? Klar, es gibt angenehmere Flüssigkeiten, aber wenn es sich nicht um gewaltige Mengen handelt, ist der Verlust von Blut doch nichts gesellschaftlich Prekäres – schon gar nicht, wenn es dabei um die Verlierende geht, oder?
Anscheinend schon… Als menstruierende Person hat man manchmal den Eindruck, sich in einer rechtlichen Grauzone zu befinden, wenn es um die eigenen Erdbeertage geht. Da kann sich schon so mancher Tamponaustausch wie ein geheimer Drogendeal in Mexico City anfühlen. Ständig fragt man sich, ob die persönliche (weibliche) Körperlichkeit gerade unangenehm auffällt. Frau will ja keinem auf den Schlips treten und schon gar nicht das offenbaren, was jeder erwachsenen Person eigentlich klar sein müsste – nämlich, dass bei jeder fruchtbaren weiblichen Person einmal im Monat Mentruationsblut aus der Scheide fließt. Punkt! Jetzt hab ich es gesagt. Und? Fühlst du dich, liebe*r Leser*in, bereits peinlich berührt? Dann bist du nicht allein, denn beim Schreiben dieser Zeilen sträubt sich in mir so einiges, obwohl ich es eigentlich besser wissen müsste.
Das zeigt doch, dass das Thema Menstruation und damit auch die weibliche Sexualität an sich, immer noch irgendwie schambehaftet ist (interessant, dass das weibliche Genital auch als »Scham« bezeichnet wird, oder?). Klar liegt es zu großen Teilen daran, dass Frauen seit Jahrtausenden Unterdrückung und Objektifizierung des Patriarchats erdulden müssen. Aber das hier soll kein Männerbashing sein. Ich erdreiste mich nämlich zu behaupten, dass auch wir Girls uns in dieser Hinsicht immer noch an der eigenen Nase fassen müssen.
Wir als Töchter, Schwestern, Mütter, Omas, Tanten und so weiter sollten uns von der Scham der eigenen Körperlichkeit befreien. Die sexuelle Stilisierung von Menstruation ist genauso unnötig wie das schambehaftete Ignorieren eben jener. Die Behauptung, frau wäre erst dann eine »richtige« Frau, wenn sie ihre Tage bekommt, ist doch einfach kacke. Genauso wie das aggressiv schweigsame Übergeben des ersten Tampons.
Menstruation mitsamt weiblicher Sexualität sollte sich jetzt echt mal aus den gesellschaftlichen Assoziationen befreien, die sich seit Jahrtausende aufgestaut haben. Ich hab nämlich einfach keine Lust mehr, schief angeschaut zu werden, wenn ich eine Kommilitonin um einen Tampon bitte. Auch will ich mir keine Gedanken mehr machen müssen, wenn ich an der dm-Kasse stehe und mir eine neue Menstruationstasse kaufe. Und vor allem will ich keinen lustigen Abend mit Freunden mehr opfern müssen, nur weil ich zu einer kleinen Verschmutzung beigetragen habe. Wenn ich ein Glas Wein umgeschüttet hätte, wäre es schnell aufgewischt worden und die Sache wäre erledigt gewesen. Aber nur weil dieser kleine Tropfen beweist, dass ich einen gesunden Zyklus besitze, kann ich mich nicht aus meiner Scham lösen.
Aber darauf habe ich keinen Bock mehr. Ich glaube, wenn wir einfach öfter darüber reden würden, wäre alles viel einfacher. Es passiert eh schon so viel, aber noch nicht genug. Man/frau müssen reden, reden, reden! Alle können etwas dazu sagen, denn es betrifft auch alle. Und das tue ich hiermit! Also – über Menstruation reden? Ja, na klar!