Wohnsinn-Kolumne: Ode an den Herbst oder: It’s Kerzen-Time!
Ich liebe den Herbst. Endlich haben der Schweiß und der Sonnenbrand Sendepause und ich darf mich ganz ohne schlechtes Gewissen in mein Bett lümmeln und die neuste Netflix-Serie durchsuchten. Und was darf bei dieser gemütlichsten aller Gemütlichkeiten nicht fehlen? Genau. Kerzen.
von Anna-Lena Brunner
Kennt ihr diese DIY-Monstrositäten (für alle Newbies wie mich: DIY= Do It Yourself) die durch YouTube und Co. eine Reichweite gefunden haben, bei der sogar den Lochis ganz schwindelig wird? Nein? Ich nämlich auch nicht. Abgesehen von dem obligatorischen, aus der Not geborenen und oft panischen Reinziehen von Videos mit Titeln wie »Wie man einen Reifen flickt?« oder »Die fünf besten Wege, Taubenkacke von der Fensterbank zu bekommen«, war die Welt der DIYs für mich Neuland. Fynn Kliemann und so weiter kannte ich bis dato nur als Grund für hysterische Lachanfälle meines 15-jährigen Bruders.
Eines wohligen, regnerisch-gräulichen Nachmittages letzte Woche war es dann aber so weit. Meine Mitbewohnerin und ich sahen uns der zermürbenden Aufgabe gegenüber, eine jahreszeitlich angemessene Nachmittagsbeschäftigung zu finden. Und da wir in unserem Öko-Hipstertum natürlich äußerst nachhaltig und umweltbewusst veranlagt sind, kam uns die Idee, aus diversen Wachresten neue Kerzen zu gießen.
Hiermit sollte der Zeitpunkt also gekommen sein, da wir uns das erste Mal in die wundersame Welt der Bastler und DIY-listas verirrten. Durch Traumfängergestalter*innen und Scrunchienäher*innen wühlten wir uns durch, um zu einer für unsere ungeübten Augen passenden Anleitung zu gelangen. Nach mehreren Google– und YouTube-Sucheingaben hatten wir schließlich das Gefühl, einigermaßen gut vorbereitet zu sein und der Spaß konnte beginnen. Im Folgenden also eine überaus professionelle da selbst erprobte Anleitung zum Recyceln von ungeliebten Kerzen- und Wachresten:
Zur Vorbereitung sammelt ihr leere Klopapierrollen und klebt eine Öffnung mit Panzertape so gut es geht zu. Diese Konstruktion stellt ihr dann in einen ausgespülten Marmeladenglasdeckel. Zuerst zerkleinert ihr euer Wachs und versucht euch dabei am besten nicht selbst aufzuspießen – Vorsicht: kaltes Wachs kann ganz schön hartnäckig sein. Dann füllt ihr die Wachreste in einen Topf oder in eine Schüssel, die ihr nie wieder hernehmen wollt, da diese dann irreversibel beschädigt ist. Im Wasserbad schmilzt ihr dann das Wachs bis eure Küche so intensiv duftet wie ein Douglas in der Vorweihnachtszeit. Wenn alles vollständig geschmolzen ist, gießt ihr das Wachs etwa bodenverdeckend in eure Klopapierrolle. Wenn die untere Schicht getrocknet ist könnt ihr eine neue drauf gießen und so weiter bis ihr eure Wunschhöhe erreicht habt. Achtung: Docht nicht vergessen, sonst habt ihr leider einen nicht brennbaren Wachsblock. Und fertig ist eure DIY-Kerze!
Richtig gut, oder? Neh, aber jetzt mal ganz ehrlich. Ich hab wirklich ein Faible für Kerzen und alles, was sie bedeuten. Geb ich zu. Ich mag‘s, wenn der warme Schein das Zimmer erhellt und irgendwie an das goldene Licht des vergangenen Herbsttages erinnern. Wenn man mit lieben Leuten in der schummerig beleuchteten Küche sitzt, das Rascheln des Herbstlaubes im Ohr und an vergangene Zeiten denkt. Oder spätnachts im Bett liegt, tief in ein Buch versunken, Regentropfen im Hintergrund und das Kerzenlicht spiegelt sich in der glitzernden Fensterscheibe. Das alles bedeutet für mich Herbst und das Ende des Sommers. Aber auch Anfang von etwas Neuem und eben dieses ganz unbestimmte Gefühl der Vorfreude auf die grau-goldenen Tage des Jahres.
Die bekannten Worte Hermann Hesses aus seinem Gedicht Stufen beschreiben diese Atmosphäre für mich ziemlich genau: »Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, | Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.« Der Anfang des Herbstes ist für mich auch immer irgendwie magisch, vor allem mit Kerzenlicht.
Nächste Woche gibt’s dann wieder neuen Wohnsinn von Laura. Seid gespannt!