Buchrezension: Jonas Jonasson – »Die Analphabetin, die rechnen konnte«
Einmal durch die Geschichte der letzten 50 Jahre? So nebenbei, mit viel Stirnrunzeln, Schmunzeln und dem ein oder anderen lauten Lachen? Kein Problem mit Jonas Jonasson.
von Lena Alt
Und der Analphabetin, die rechnen konnte. Da das nicht das einzige ist, was Nombeko Mayeki kann, sollte man auf den Titel vielleicht nicht allzu viel geben. Es geht in dieser Geschichte nicht um eine Analphabetin im klassischen Sinne.
Worum geht es?
Aufgewachsen als Farbige im von der Apartheid geprägten südafrikanischen Soweto, gehört Nombeko zu einer Gruppe Personen, die als »AnalphabetIn« bezeichnet wird. Das war es dann aber auch schon mit ihrem Analphabetismus. Nombeko ist schlichtweg beeindruckend. Ihre Begabung für den Umgang mit Zahlen, ihr autodidaktisches Lernen des Lesens und mehrerer Sprachen sowie ihre Art und Weise, Zusammenhänge zu begreifen, ist einzigartig. So erscheint es dem/r LeserIn nicht einmal überraschend, dass Nombeko nach ihrer Kindheit in ärmlichen Verhältnissen über verrückte Umwege, die den israelischen Geheimdienst einschließen, in den Besitz einer Atombombe gelangt. Über genauso verrückte Umwege landet Nombeko inklusive der Nuklearwaffe in Schweden, wo sie nun über zwanzig Jahre lang versucht, die Bombe loszuwerden. Ein schwieriges Unterfangen, wie sich herausstellt. Mit von der Partie sind zwei Holgers (!), ein junges ewig zorniges Mädchen und eine alte Dame, die fest von ihrer gräflichen Herkunft überzeugt ist.
Was macht das Buch so empfehlenswert?
Seine Kurzweiligkeit. Trotz der langen Zeit, die im Buch verstreicht, gibt es nicht ein einziges Kapitel, keine Seite, die ich als langatmig empfunden habe. Wichtige politische Ereignisse werden erwähnt, nehmen Einfluss auf die Handlung. Nombeko wird in die Außenpolitik Südafrikas, Schwedens, Israels und Chinas involviert. Jonas Jonasson gelingt es, jeder Figur seines Buches einen gewissen Charme einzuhauchen; absurde, aber nicht irrsinnige Zusammenhänge herzustellen; das Ganze pointiert mit pechschwarzem Humor. Die perfekte Lektüre für mich Politikwissenschafts- und Geschichtsstudentin, um zwischen der Theorie des Studiums die Ereignisse des Weltgeschehens auf erfrischende Art durchzugehen.
Mein Lieblingszitat
Dem Ingenieur schwirrte der Kopf. Er sollte also einen Gast empfangen, den der Präsident selbst nicht treffen wollte. Er sollte dem Gast erklären, wie sich die Dinge verhielten, ohne die Dinge dabei beim Namen zu nennen, und mittendrin würde dann der Präsident, der den Gast nicht treffen wollte, doch noch auftauchen, um den Gast zu treffen.„ (S. 108)
Hardcore-Diplomatie, würde ich sagen.