Eine Reise ins Universum – Mike Oldfields Music of the Spheres
Ist Klassik innerhalb der Moderne möglich? Diese Frage darf in Zeiten von Hiphop und Rap durchaus berechtigt sein. In der ersten Ausgabe unserer neuen Kolumne »Lautstark – Die Musikkolumne« stelle ich euch das Album Music of the Spheres vor – und kann genau diese Frage mit ja beantworten.
von Yvonne Mikschl
Hat klassische Musik in Zeiten von Rap und HipHop überhaupt noch Bestand, mögen sich viele VerfechterInnen der Wiener Klassik in der heutigen Zeit fragen. Sicher, die dominierenden Genres lassen kaum Platz für eine Rückkehr zur längst vergangene Traditionen. Einen Hoffnungsschimmer gab es da 2008 mit der Veröffentlichung von Mike Oldfields Album Music of the Spheres.
Umsetzung eines alten Konzepts in Musik
Mike Oldfield, der sonst nur mit Titeln wie Moonlight Shadow oder Shadow on the Wall im Radio zu hören ist, feierte seinen ersten großen Erfolg bereits 1973. Das 2008 erschienene Album ist eine Besinnung auf seine Anfänge – ohne dabei sein Markenzeichen, die elektronische Gitarre, zu benutzen. Stattdessen nutzt er nur eine Akustikgitarre – das Album fällt damit aus der Reihe. Aus einem fast zu simplen Grund: thematisch lehnt sich Oldfield an ein altes Konzept aus der Kosmologie von Pythagoras von Samos, das Sphärenmusik genannt wird. Die uralte Theorie besagt, dass jeder Himmelskörper über eine innere Musik verfügt, die eine harmonische und mathematische Einheit bildet und die von den Bewegungen der Planeten im Sonnensystem abgeleitet ist. Die dabei entstehende Musik ist für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar, da die Schwingungen in solch hohen Tonlagen liegen und damit unhörbar sind. Ob es möglich sein wird, diese Frequenzen irgendwann hörbar zu machen, ist ungewiss – Oldfields Music of the Spheres ist eine Interpretation dessen, wie sich die Musik anhören könnte, wenn sie durch modernere Technik tatsächlich für uns hörbar werden würde. Der Musiker begibt sich damit auf eine Reise durch das Universum, das die eigene Fantasie und zum Nachdenken anregen soll.
Ein rein orchestrales Album
Behält man sich die Thematik des Albums im Hinterkopf, so ist es nicht verwunderlich, dass ein Rückgriff auf ein klassisches Orchester in Sachen Instrumentation erfolgt – fließende Übergänge inklusive. Auf ein Looping wurde ganz verzichtet und Oldfield spielt lediglich klassische Gitarre. Wer bisher dachte, dass Sphärenmusik nur instrumental sei, der wird bei Oldfields Interpretation eines Besseren belehrt: On my Heart (mit der Reprise) ist der einzige gesungener Titel von Hayley Dee Westenra, die unter anderem bei Celtic Woman mitwirkte. Klavierfans kommen ebenfalls auf ihre Kosten: der Pianist Lang Lang spielte seinen Part in New York für das Album ein. Was das Album jedoch von der Wiener Klassik deutlich unterscheidet: Oldfield komponierte das Album zuerst komplett am Computer und ließ es dann von Karl Jenkins für ein Orchester umschreiben.
Ein hörenswertes Album
Die Klassik kommt trotz der Modernität nicht zu kurz, soviel ist sicher. Für mich, die eher Musik abseits des Kommerzes hört, ist Music of the Spheres trotz der klassischen Richtung eines meiner Lieblingsalben. Eben weil es nicht eines der ersten Alben ist, die mir unter dem Schlagwort Mike Oldfield einfallen würden. Und wer weiß: vielleicht wird ja eines Tages die Sphärenmusik tatsächlich hörbar …
Ein empfehlenswertes Musikbeispiel aus dem Album ist der Titel Shabda, hier nachzuhören.
Bildquelle: https://www.amazon.de/Music-Spheres-Oldfield-Mike/dp/B000XI3TNO