Am Dienstag im Studikino: »Once Upon a Time in Hollywood« [OmU]
Das Studikino schließt das Wintersemester 2019/20 mit einem großen Knall ab: Kein geringerer Film als der neueste, letztjährige Tarantino – »Once Upon a Time in Hollywood« [OmU] – wird morgen im H16 abgespielt. Obwohl ein zwei Stunden und 40 Minuten dauernder Streifen in einem Hörsaal mit relativ wenig Beinfreiheit ermüdend klingen könnte, ist das 1960er-Jahre-Hollywood-Epos rund um einen alternden Schauspieler, sein Stuntdouble, Sharon Tate und die Manson Family trotz Prüfungsphase jede Sekunde wert, auch wenn es anfangs nicht so scheinen möge.
von Elias Schäfer
Quentin Tarantino krempelt in seinem mittlerweile neunten Film sämtliche Erwartungshaltungen um. Mit Hochspannung wurde »Once Upon a Time in Hollywood« von so ziemlich jedem Filmfan erwartet, denn der gute alte Quentin gehört zu der absoluten Regie-Elite und bei den meisten auch zu ihren Lieblingsregisseuren, was manche als Klischee sehen könnten, aber es ist unbestreitbar, dass er jedes Mal unkonventionelle, interessante und schlichtweg gute Filme mit Liebe zum Detail auf die Leinwand bringt. Das Setting Ende der 60er, der Cast (unter anderem mit Leonardo DiCaprio, Brad Pitt, Margot Robbie, Al Pacino, Kurt Russell…), die Geschichte rund um die Manson Family, das alles sollte ein absoluter Selbstläufer werden.
Der Film braucht seine Zeit
Sobald man »Once Upon a Time in Hollywood« allerdings anfängt zu verfolgen, könnte man meinen, dass einfach nichts passieren würde. Es gibt wunderschöne Panoramas, mit dem von DiCaprio gespielten Western-Schauspieler Rick Dalton und seinem von Brad Pitt verkörperten Stuntdouble Cliff Booth coole und grandios dargestellte Charaktere, sowie witzige, eingebaute, fiktive Filmausschnitte … ja, ok, aber wo ist die große Story? Wo ist die Climax? Zu was ist dieser Film denn genau gut? Und nur mit der Zeit dämmert es dem Zuschauer: »Once Upon a Time in Hollywood« will gar keine pompöse Geschichte erzählen, keine krassen Actionszenen oder von Rache getriebenen Figuren zeigen, denn die braucht es auch gar nicht. Das Ganze ist einfach eine Hommage an das Hollywood der 60er, Tarantinos Kindheit, an den Ort, an dem er aufgewachsen ist. Und ab dem Zeitpunkt verwandelt sich der Film in etwas ganz, ganz Großartiges.
Tarantino liebt es, echte Menschen in seinen Filmen zu zeigen. Diese vermeintliche Banalität, mit der hier ein Stuntman, ein fast schon gescheiterter Schauspieler und eine aufstrebende, junge Schauspielerin ihren Alltag gestalten, ist faszinierend. Da wird Rick Dalton gezeigt, wie er im letzten Moment seine Karriere durch eine überragende Schauspielleistung retten will. Cliff Booth steht für seinen Kumpel ein, repariert ein paar Sachen und führt ansonsten ein relativ abgeranztes Leben. Sharon Tate (Margot Robbie) geht spazieren, kauft sich ein Buch und sieht sich einen Film an, in dem sie selbst mitspielt. In Zeiten, in denen in fast jedem großen Blockbuster die Welt gefühlt fünfmal untergeht, ist so ein Pacing nicht nur extrem erfrischend, sondern auch extrem wichtig.
Mit einem Schnipser steigt die Spannung
Natürlich ist auch in Hollywood im Jahre 1969 nicht alles Gold, was glänzt. Über allem Glamour, den Hippies, der locker-lässigen Attitüde und dem Spaß an der Freude hängt nicht nur Alkoholismus, die Angst vor dem Scheitern oder ein vertuschter Mord, sondern hauptsächlich das Bewusstsein, dass im selben Jahr die Manson Family ihr Unwesen trieb und erstmals durch den schrecklichen, bestialischen Mord an der hochschwangeren Sharon Tate und an ihren sich im selben Haus befindenden Freunden Schlagzeilen schrieb und die gesamten USA in Aufruhr versetzte. Sobald sich die Jünger Charles Mansons auch im Film zeigen, ist die anfangs immer wieder aufgeschobene Spannung jedoch sofort da und kickt schneller ein als eine Tasse Schwarztee bei Menschen, die kein Koffein vertragen – an dieser Stelle sollte allerdings nicht zu viel verraten werden, da der Film von der Erwartungshaltung, was denn mit den Tate-Morden passiert, angetrieben wird.
Doch nicht nur die Schauspielleistung und die gezeigten Charaktere sind berauschend. Der allgemeine Stil, die Optik des perfekt nachgebauten 60er-Jahre-Hollywoods und vor allem der Soundtrack sind über jeden Zweifel erhaben und das mitreißende, dynamische und allen Erwartungen widersprechende Ende setzt dem Ganzen noch das Sahnehäubchen auf.
Fazit:
»Once Upon a Time in Hollywood« sollte am besten ganz ohne Voreingenommenheit genossen werden. Saugt den 1960er-Vibe des damaligen Hollywoods auf, bewundert das Schauspiel aller Legenden, die an diesem Film mitwirken, lacht über sämtliche kuriosen Szenen, die in den zwei Stunden und 40 Minuten über euch hereinprasseln werden und lasst euch von der meisterhaften Spannungsspirale gen Ende mitreißen. Selbst anstehende Klausuren sind nicht so wichtig, wie einmal den (wie angekündigt) vorletzten Streich Tarantinos zu erleben – hier nochmal ein Danke an den Mann mit den außer Kontrolle geratenen Gesichtsproportionen und dem exorbitanten Fußfetisch dafür, dass er im Jahre 2019 noch Big Budget Filme solcher Art herausbringt.
Auch in der letzten Woche der Vorlesungszeit geht das Studikino um 20 Uhr hoch. Die Türen zu H16 werden bereits um 19:30 Uhr geöffnet und das für einen sportlichen Eintrittspreis von 1,50 €.
Bildquelle: Website des Studikinos