Bitte die Kakerlaken nicht füttern!
Es ist offiziell: Ich, Kati, ziehe aus meiner Lappersdorfer Wohngemeinschaft aus. Aus einigen Gründen, von denen man viele im Laufe seiner WG-Jahre kennen lernt (wenn man genug Pech hat). Ordnung und Hygiene ist eine Sache. Eine über-christliche Mitbewohnerin auf Missionstrip die andere.
von Kati Auerswald
Drei ganze Monate lang war ich auf Wohnungssuche. Diese Suche verteilte sich schön gleichmäßig über das Sommersemester, wo man eigentlich Besseres zu tun hat, als sich bei 30°C potenzielle Wohnungen anzusehen, in denen Atmen wegen Hitze und aufgebrauchter Luft schwerfällt. Lieber hätte ich an der Donau gesessen und ein Bierchen getrunken, im Schatten der Altstadt ein Eis gegessen oder mich im kalten Wasser abgekühlt. Aber ich wollte es ja so. Unbedingt wollte ich aus meiner einst so harmonischen WG ausziehen.
Dass die Wohnungssuche in Regensburg nicht einfach ist, war mir bekannt. Ich meine: Wem ist das bitte nicht bekannt? Wie es dazu kam, dass ich ausziehen und nie mehr in eine WG ziehen möchte? Es fing alles mit einem Bekenntnis an. Einer Taufe, um genau zu sein.
Ich muss dazu sagen, meine Mitbewohnerin und ich waren uns noch nie ähnlich. Das fing schon bei Kleinigkeiten an: Während ich meinen Abwasch am liebsten gleich nach dem Essen erledige, darf der bei meiner Mitbewohnerin noch mindestens weitere zwei Tage lang herumstehen. Wie dem auch sei. Sie ließ sich also vor einem Jahr taufen und von ihrer neuen Familie – der ortsansässigen Gemeinde – aufnehmen. Okay, dachte ich mir. Jeder darf ja das tun und glauben, was er möchte. Ich bin nun wirklich kein Anti-Christ oder Glaubens-Verfechter (oder Narzisst). Glaubensfreiheit und so. Aber es gibt Sachen (im WG-Leben), die einfach… zu viel des Guten sind.
Zuerst kamen die Bücher. Bibeln und Bücher, Titel wie »Jesus ist meine große Liebe«, begannen sich im gemeinschaftlichen Wohnzimmer und Flur zu stapeln. In regelmäßigen Abständen schafften es Veranstaltungsflyer und kleine Plakate der Gemeinde in als auch an die vier Wände unserer WG.
Dazu kamen die T-Shirts. Mit Aufschriften wie »Ich habe mich für Jesus entschieden«, die klare Statements setzten. Zusammen mit WhatsApp-Statusmeldungen und Instagram-Stories, die aus Bibelversen oder #TeamJesus bestanden, setzte sich in meinem Kopf ein ganz neues Bild meiner Mitbewohnerin zusammen. Hinzu kam, dass es plötzlich immer weniger Gesprächsthemen gab, über die wir reden konnten. Die meisten fielen schlichtweg weg, da sie nicht in ihr neues, von Jesus geführtes Leben passten, also rund 95%. Aktuelle Buchtitel, die sie gerade las, wurden durch christliche Bücher ersetzt, Lieblingsmusik waren Songs christlicher Rockbands. Gesprächsthemen, in denen sie ihre neuen Erkenntnisse über ein Leben mit Jesus teilen wollte, entzog ich mich auf geschickte Weise. Letzten Endes entzog ich mich ihr immer mehr.
Als der erste Gebetskreis in unserer WG stattfinden sollte, war ich nicht im Haus – puh. Wenig später kam der Lichtblick: Ich fand eine Wohnung. »Nicht mehr lange. Bald bist du raus hier. Durchhalten, Kati« waren nun meine Mantras.
Eine Woche später kam mit dem Umzug der Abschied. Ich hinterließ als kleines Geschenk einen Zettel im Treppenhaus mit der Aufschrift »Bitte die Kakerlaken nicht füttern«. Unsere Hausverwaltung nimmt Vorschriften und Hygiene bezüglich der Hausordnung sehr ernst. Mit etwas Glück holt sie oder ein besorgter Nachbar den Kammerjäger.
Vielleicht schüttelst du an dieser Stelle unverständlich den Kopf. Meine Freunde würden an dieser Stelle nicken, ganz nach dem Motto: »Ein klassischer Fall von Kati.« Nicht einfach nur gehen – wenn ein Abgang, dann einen richtigen.
Somit bleibt nur noch zu hoffen, dass meine Nachfolgerin ebenfalls stark christlich geprägt ist oder zumindest ein offenes Ohr für den neusten #JesusTratsch hat. Oder zumindest auf christliche Rocksongs genauso abgeht.