»Die Steigerung des Glücks« ¬ eine Vorwarnung aus der Zukunft?
Was heißt das eigentlich, »Europäer, Europäerin« zu sein? Unter anderem um diese Frage ging es in der Inszenierung von Klaus Kusenbergs »Die Steigerung des Glücks«, die am Tag der Europawahl Premiere feierte. Einen passenderen Tag für die Premiere, zu der unsere beiden Redakteurinnen Lea und Pauline für euch gegangen sind, hätte es wohl kaum gegeben.
Von Lea Wöhl und Pauline Fell
Gerade vor der Europawahl haben sich einige die Frage gestellt, was Europa denn eigentlich heißt und Karl Koppelmaas stellt die kollektive Identität in einem einheitlichen Europa in seiner Inszenierung in Frage. In einer Szene des Stücks mit dem Satz »Hier war nicht mehr Europa«, den die Afghanin in einer Szene über ein Wohnzimmer in Europa sagt, wird das Paradoxon von einem Zerfall eines europäischen Wertesystems und dem Bedürfnis nach einem Bewahren besonders eindrücklich gezeigt, so finden zumindest unsere Redakteurinnen.
Wir wollen jetzt noch nicht zu viel verraten, denn es lohnt sich wirklich sehr, dass Stück selbst zu erleben. Kurz zusammengefasst spielt das Stück in Estland nach dem dritten Weltkrieg im Jahre 2073 und die fünf Protagonisten »Die Afghanin, der Russe, der Este, die Frau und die Professorin« erzählen ihre Lebensgeschichten. Sehr fesselnd und mit einer Länge von eineinhalb Stunden genau richtig, um noch konzentriert die Geschichten mitzuverfolgen.
Sebastian, eine Figur, die im Stück nie selbst auftritt, sondern nur in den Geschichten der Protagonisten vorkommt, ist dabei das verbindende Band der Fünf, denn am Ende hängen alle Geschichten irgendwie miteinander zusammen. In so unterschiedlichen Lebensphasen die Protagonisten auf Sebastian treffen, so vielfältig sind ihre Blicke und Lebenssituationen in und auf Europa. Das Thema Europa vor, während und nach dem Krieg und aus der Perspektive verschiedenster Länder und Lebensgeschichten wirkte fast schon wie eine Kritik oder ein Aufruf an unsere Generation oder vielleicht sogar eine Vorwarnung aus der Zukunft. Durch die Biografien ist es nur ein versteckter Aufruf und man ist eher nachdenklich durch die verschiedenen Schicksale. Da das Stück keine Haltung von einem erhobenen Zeigefinger annimmt und man eher mit den Charakteren mitfühlt und bei dem Stück in die unterschiedlichen Welten und Gedanken der Protagonisten schlüpft, kommt man ins Grübeln. Während dem Stück gab es immer wieder kurze Zeiten zum Nachdenken, in denen der Song von Pink Floyd »Dark side of the moon« gespielt wurde. Der Song kam im Stück selbst immer wieder vor und war wie Sebastian ein roter Faden, der auch speziell das Leben der Afghanin begleitete und das Stück irgendwie rund machte.
Sehr eindrucksvoll und mit einer wichtigen und starken Message empfanden nicht nur unsere Redakteurinnen das Stück. Es war Gewinner des Internationalen Dramenwettbewerbs »Talking about boarders« und feierte seine Uraufführung in Regensburg. Das Thema Grenzen oder Lebensgefühl in Zeiten gesellschaftlichen Wandels sind zentral in dem Stück. Absolut lohnend und dabei nicht schwarz-weiß. Unsere Nachricht an euch: Macht euch euer eigenes Bild von »Die Steigerung des Glücks«.