Räucherbaguette, Sorte »Qualm«
Wer unsere Wohnsinn-Kolumne schon eine Weile verfolgt, weiß, dass ich seit Kurzem aus einer neuen Wohnung berichte. Sich neu einzuleben bedeutet zwar fast immer, ein paar Nachmittage in einem bekannten schwedischen Möbelhaus zu verbringen, aber manchmal auch, ein paar größere Geräte einzuweihen. In meiner persönlichen WG-Historie waren es irgendwie vor allem die Backöfen, die für erinnerungswürdige Momente sorgten.
von Selina Roos
Eigentlich wollte ich mir am späten Abend nur schnell ein Kräuterbaguette aufbacken. Ich hatte ordentlich Hunger und setzte das Baguette also direkt samt Backblech und -papier in den Ofen. Ohne vorzuheizen natürlich, das wird auch irgendwie überbewertet. Während ich ungeduldig wartete, durchforstete ich noch schnell das Handbuch, da es die erste Inbetriebnahme des Ofens war und ich spezielle Anweisungen dafür nicht übersehen wollte. Allerdings konnte ich darüber nichts finden.
Doch nach kurzer Zeit bemerkte ich einen beißenden Geruch und Dampf in der Küche, der immer dichter wurde. Zuerst hatte ich ja das Backpapier als Ursache im Verdacht, da ich das Handbuch schon mehrfach gecheckt hatte. Sollte man das Papier zum Vorheizen eventuell entfernen? War es doch nicht so schlau, silikonbeschichtetes Backpapier zu kaufen? Als der Ofen aber nach einigen Minuten ohne das Backpapier immer mehr Dampf produzierte, kamen mir Zweifel. Hatte ich also doch noch etwas übersehen? War da was, das man tun sollte, bevor das Gerät einsatzbereit ist?
In der hintersten Ecke der Bedienungsanleitung fand ich ihn dann: Ein gelber Zettel in gebrochenem Google-Translator-Deutsch. Der belehrte mich, dass der »leere Backoffen« zuerst eine halbe Stunde auf höchster Temperatur quasi eingebrannt werden muss, ansonsten könne es der Gesundheit schaden, dort Essen zuzubereiten. Laut Hersteller sei der beim Aufheizen entstehende »Duft« auf Fett- und Ölrückstände zurückzuführen und solle durch eine möglichst gute Belüftung durchs Fenster entweichen. Na dann. Nur half mir diese neue Erkenntnis wenig, da mein Baguette zu diesem Zeitpunkt schon fertig gebacken und mittlerweile im Qualm diverser Industriefette und Maschinenöle aus der Produktion geräuchert worden war. Schweren Herzens musste ich mich also von meinem »Räucherbaguette« verabschieden. Während der 30 Minuten Vorreinigung, die ich danach tatsächlich trotz der späten Stunde noch einschaltete, war der ganze Dunst bei geöffnetem Fenster auch deutlich besser zu ertragen. Nur Hunger hatte ich eben immer noch. Daher habe ich einen scheinbar paradoxen Tipp: Solltet ihr einmal in die Verlegenheit kommen, einen neuen Backofen einzuweihen (was Studenten vermutlich nur selten passiert): Esst schon vorher. Und bringt Zeit mit!
Nächste Woche wird euch Kati dann wieder mit einer neuen Wohnsinn-Geschichte in ihr WG-Leben mitnehmen.