»So geht’s nicht weiter« — Premiere der Uraufführung »Die letzte Sau« im Regensburger Theater am Haidplatz
Die von Julia Prechsl für die Bühne adaptierte Uraufführung »Die letzte Sau« erzählt die witzig-ergreifende Geschichte des Bauern Huber – und einer außergewöhnlichen Reise mit verheerenden Folgen. Das ehrliche, urbayrische Theaterstück greift gesellschaftskritische Themen wie die Massentierhaltung und den Überlebenskampf der »Kleinen« gegen die »Großen« auf und setzt sie auf süffisante, herzerwärmende Weise, mal mit melancholischem, mal mit romantischem Nachklang um.
Von Kati Auerswald
Es ist Samstag, der 13. April; die Uhr schlägt 19:30. Der kleine Theatersaal ist bis auf wenige Sitzplätze voll besetzt. Gespannt richtet der Zuschauer seine Augen auf das einfach gehaltene Bühnenbild, das hauptsächlich aus einem komplett mit Heu ausgelegten Boden und einer gitterartigen Holzwand besteht. Die beiden Musiker Florian Burgmayr und Fiete Wachholtz, die das Stück durchgehend musikalisch begleiten, warten mit Tuba und Schlagzeug (später zuzüglich Akkordeon) bewaffnet auf ihren Einsatz. Endlich treten die Hauptakteure Jonas Hackmann, Gerhard Hermann, Verena Maria Bauer, Thomas Weber und Franziska Sörensen mit bitterernsten Mienen auf die Bühne. »Das ist das Märchen vom Bauer Huber«, beginnen sie – und schlagartig wird der kleine Saal mucksmäuschenstill.
Schweinebauer Huber hat es mit seinem kleinen Hof nicht leicht: Seine Bank teilt ihm mit, dass er pleite ist, seine Freundin Birgit lässt ihn sitzen, um den großen Hof ihres Vaters in Brandenburg zu leiten und sein bester Freund, der Metzger Willy, begeht nach einem misslungenen Banküberfall Selbstmord. Gerade als er denkt, dass es schlimmer nicht geht, landet ein Meteoroid direkt über seinem Hof, sodass alle Schweine bis auf eine letzte Sau sterben. Die Tatsache, dass eine einzige Sau überlebt, deutet er als schicksalhaftes Zeichen. Da ihn nichts mehr in seiner Heimat hält, macht er sich samt Sau und Moped auf den Weg zu seiner Birgit. Das Abenteuer beginnt.
Auf Hubers bizarrem Roadtrip begegnen ihm Menschen, die seine Reise prägen und ihn Stück für Stück weiter nach Brandenburg bringen. Menschen, die in persönlichen und politischen Krisen mit sich selbst und der Gesellschaft stecken. Da wäre der Hobbyimker Meier, ein ehemaliger Investmentbanker, den Huber beim Versuch trifft, seinen ausgerissenen und durch Pestizide verrückt gewordenen Bienenschwarm einzufangen. Oder Franziska Kramer, die sich zusammen mit ihrem pflegebedürften Mann in ihrem zur Festung umgebauten Hof verbarrikadiert, weil ihr Dorf wegen der Förderung von Braunkohle abgerissen wird.
Die Geschichte spitzt sich immer weiter zu und nimmt extreme Züge an, als der inspirierte Bauer Huber beginnt, Tiere aus der Massentierhaltung zu befreien und damit bewusst Zeichen setzt. Denn so geht’s nicht weiter, sagt sich der Bauer in seinem inneren Kampf. Langsam tritt er unbewusst eine Revolution mit tiefgreifenden Folgen los, die letzten Endes jedoch, wenn auch auf Umwegen, zu einem guten Ende für den Bauer führen.
Dank der bayrisch angehauchten und emotional unterstützenden Lieder der Kult-Punk-Band »Ton Steine Scherben« werden die einzelnen Szenen nochmal in ein völlig anderes Licht gestellt, was besonders die Auftritte des meist wortkargen Bauern Huber ausleuchtet. Dank des ineinander übergehenden Zusammenspiels zwischen Musik, Szenenbild und schauspielerischer Leistung entstehen einzigartige Bühnenbilder, die durch Worte nicht erklärbar sind, aber allemal zu einem Besuch im Theater am Haidplatz einladen. Tipp: Um sich auf das urige, süffisante Komödien-Theater einzustimmen, einfach eine fesche Tracht in Form eines Dirndls, einer Lederhose oder eines Trachtenhemdes überziehen.