Zehn Tage in Marokko

Zehn Tage in Marokko

Als „Brücke zwischen Afrika und Europa“ bezeichnete Papst Franziskus Marokko bei seinem Besuch dort vor einigen Tagen. Und in der Tat ist das nordafrikanische Land ein kultureller und sprachlicher Schmelztiegel, in dem Strände, traditionelle Souks und Shopping Malls nebeneinander zu finden sind. Ein Reisebericht über ein vielseitiges Land, das immer wieder Überraschungen für seine Besucher bereithält.

Von Valentina Mendez

Meine Mutter hatte vor Kurzem ihren fünfzigsten Geburtstag gefeiert und hatte sich deshalb gewünscht, mit mir nach Marokko zu fliegen. Wir waren schon einmal einen Tag im nördlich gelegenen Tanger gewesen, jedoch hatten wir nur einen Ein-Tages-Ausflug von der Küste Spaniens aus gemacht. Dieses Mal wollten wir das Land ein bisschen besser kennenlernen und herumreisen. Dafür nahmen wir uns zehn Tage Zeit und flogen deshalb am 16. Februar 2019 von Nürnberg aus nach Marrakesch. Dort wollten wir die ersten drei Tage erst einmal bleiben. Wir hatten ein Riad in der nördlichen Medina (der marokkanischen Altstadt) gebucht. Zwar war Marokko letztes Jahr das Top-Reiseland der Deutschen gewesen, aber trotzdem hatten wir einige »schlechte Dinge« von Freunden und entfernten Bekannten gehört. Meine Mutter war deshalb ein bisschen aufgeregt, hatte davor schon die ganze Reise organisiert und sich bestens über Busse, Hotels und die Städte informiert. Ich nahm die ganze Sache jedoch nicht so ernst (ich bin ja schließlich erst zwanzig und laufe grundsätzlich ein bisschen unorganisierter durch mein Leben). Jedenfalls wurden wir davor darauf hingewiesen, dass die Kultur doch anders ist und zwei Frauen alleine oft einmal über einen Kamm geschert oder von der Seite angemacht werden. Davor hatten wir jedoch beide nicht wirklich Angst, da wir ein paar Jahre in meiner zweiten Heimat Mexiko gewohnt hatten.
Angekommen in Marrakesch, verlangte der Taxifahrer dann trotzdem erst einmal 25
€ vom Flughafen bis in die Medina. Weil meine Mutter müde vom Flug war und keine
Lust auf Diskutieren hatte, gaben wir einfach nach. Das war aber auch das erste
und letzte Mal, dass sie uns in Marokko wegen der Preise anschwindelten.
Angekommen im Riad lernten wir unseren Lieblings-Rezeptionisten kennen, der uns
gleich ein Telefon in die Hand drückte, damit wir ihn anrufen konnten, falls wir uns
verlaufen sollten. Danach nahm er uns mit zu einem exzellenten Restaurant,
dessen Fassade wie jedes Haus in Marrakesch ziegelrot und mit einer kleinen Tür
ausgestattet war. Innen befand sich ein wunderschönes, mit Mosaiken
bestücktes Lokal, bei dem in der Mitte des Innenhofs Orangen- und Zitronenbäume
wuchsen. Die Kellner waren super lieb und brachten uns erst einmal eine leckere
Vorspeise, die aus in fettigem Teig gewendetem Gemüse bestand. Danach
bestellte ich ein Limetten-Tagine, das zu meinem absoluten Lieblingsgericht in
Marokko wurde. Um circa neun Uhr abends waren wir dann mit dem Essen fertig und
gingen zurück ins Riad. Alle meinten davor, wir sollten ja nicht zu später Stunde
durch die Straßen laufen; zu dieser Zeit waren aber noch viele Leute, und vor allem
wesentlich mehr Frauen auf den Straßen unterwegs.

Zwischen Tradition und Moderne

Die weiteren Tage verbrachten wir damit, alle Souks (Märkte) Marrakeschs abzuklappern und von einem Arganöl-Laden zum nächsten zu laufen. Wir besuchten außerdem das Museum Maison de la Phographie, dessen Eintritt 10 € (sprich 100 Dirham) kostete. Es war zwar schön, aber für den Preis leider etwas zu klein. Dort in der Nähe befindet sich eine kleine Galerie, dessen Leiter uns mit »den vielen Bildern Dalís« lockte. Die Galerie war auch interessant, leider befand sich jedoch nur ein Gemälde Dalís darin. Natürlich mussten wir den berühmtesten Platz der Stadt besuchen, den Djemma el Fna, der sich als beeindruckend, aber sehr, sehr voll herausstellte. Dort setzten wir uns in ein Café und sahen den Marokkanern beim Verkaufen ihrer Ware und den Touristen beim Erkunden des Platzes zu. Gleich in der Nähe des Platzes sind eine riesige Moschee und zwei Parks zu sehen, nur leider darf man in Marokko als Nicht-Muslim die Moscheen nicht betreten. Ich muss zwar sagen, dass es schon schade war, nicht die Möglichkeit gehabt zu haben, zum ersten Mal in meinem Leben eine Moschee von innen zu sehen, trotzdem kann ich die Marokkaner verstehen. So ein Gebäude ist ja schließlich ein ruhiger Ort zum Beten und sollte keine Touristen-Ansammlung sein. In den ersten Tagen kamen wir eigentlich nur dazu, den nördlichen Teil der Medina und den neuen Teil der Stadt, die Nouvelle Ville, zu entdecken. Wir
sollten schließlich am Ende unserer Reise wieder zurückkommen. Interessant an der Nouvelle Ville waren die Leute und die Geschäfte. In unserem einheimischen Viertel gab es weder Shopping Malls noch mit High-Heels herumlaufende junge Geschäftsfrauen, was ich aber das Tolle an unserem Viertel fand.
Der Kontrast zwischen super modern und einheimisch ist riesig, wenn man bedenkt,
dass die beiden Viertel nur ungefähr drei Kilometer voneinander entfernt sind.

Nach den Tagen in Marrakesch hatten wir den Plan, eine Nacht in Agadir an der
Küste zu verbringen und dann weiter mit dem Bus nach Essaouira zu fahren. Als naive Touristen
dachten wir, wir könnten einen Strandtag in Agadir einlegen, was sich danach als
unmöglich herausstellte. Unsere Kleiderwahl war ziemlich schlecht für den Anfang
unserer Reise gewesen, denn am letzten Tag in Marrakesch schüttete es in
Strömen und unsere Sommer-Blüschen waren da weniger von Vorteil. Angekommen
in Agadir froren wir noch mehr als davor, da an der Küste logischerweise ein viel
stärkerer Wind ging. Nachdem meine Mutter in Marrakesch als »gstandner Bayer« fast
an Unterhopfung gestorben war, gönnten wir uns in Agadir ein französisches
Fischlokal mit einer Flasche Weißwein. Der französische Kellner verhätschelte uns
den ganzen Abend, sodass wir die Kälte draußen fast vergaßen. Ich persönlich bin
kein Fan von All-Inclusive-Orten wie Agadir. Die Stadt wäre sicherlich viel schöner,
wenn die vielen Hotelanlagen nicht reihenweise den Strand belagern würden. Nach
einem Tag im All-Inclusive-Hotel, ging es dann endlich weiter in meine Lieblingsstadt,
nach Essaouira.

Maritimes Flair in Essaouira

Essaouira hat einen unvergleichlichen Charme, den sonst keine der anderen beiden
Städte hatte. Zunächst einmal liegt die kleine Stadt am Meer und ist komplett weiß.
Das Ziegelrot in Marrakesch ist im Vergleich zu den weißen Häusern in Essaouira
viel schwerer. Außerdem gibt es an jedem Straßeneck ein putziges Restaurant
oder Café, damit man ja nicht verhungert. Gleich in der Nähe des Hafens befindet
sich ein großer Platz, an dem wir letztendlich jeden Nachmittag zum Kaffeetrinken
saßen. Der Fischerort ist umgeben von Mauern und vielen Toren und besitzt eine
wunderschöne Festungsmauer, genannt Scala de la Kasbah, von der man einen
tollen Blick auf den Atlantik hat.

Natürlich besitzt Essaouira, wie jede andere marokkanische Stadt auch, einen riesigen Markt. Nachdem wir in Marrakesch und Agadir die Preise von Seifen, Gesichtscremes, Arganöl und sonstigem Kram
verglichen hatten, schlugen wir in Essaouira zu. Von marokkanischen
Salatschüsseln über die fünfte Seife bis zur kitschigen Handtasche haben wir ALLES
gekauft. Das Riad, in dem wir einige Tage übernachteten war ebenfalls
wunderschön. Es hatte einen leichten Hipster-Surfer-Touch, den ich wunderbar fand
und die marokkanische Mami, die uns jeden Tag mit ihrem Frühstück auf der
Dachterrasse beglückte, machte unseren Urlaub noch schöner. Nach ein paar Tagen
mussten wir uns dann leider von der schönen Hafenstadt verabschieden.
Zurück in Marrakesch nahmen wir uns dann den zweiten und südlichen Teil der Stadt
vor. In dem alten Judenviertel Mellah suchten wir eine Synagoge, die durch die vielen
irreführenden Gassen für uns und ein paar Spanier, die wir auf der Straße trafen,
unmöglich aufzufinden war. Der Vorteil war, dass wir somit alle Sträßchen
abgelaufen waren und schließlich zu einem jüdischen Friedhof kamen, den wir
besuchten.
Mittlerweile hatten wir dann schon ein bisschen den Dreh in Sachen Straßenessen
raus und futterten uns von Stand zu Stand. Das Essen war ausgesprochen gut und
wir hatten kein einziges Mal Pech. Außerdem kann ich persönlich sagen, dass die
Marokkaner, vor allem die Männer, super höflich zu uns waren! Am Anfang ist es
zwar ungewohnt, so viele Männer und verhältnismäßig wenige Frauen auf der Straße
zu sehen, aber von Tag zu Tag gewöhnt man sich an die arabische Kultur, die nun
mal einfach anders ist. Kein einziges Mal hatten wir Angst oder hatten das Gefühl,
dass die Orte, die wir besuchten, gefährlich waren. Im Gegensatz zu manchen
Städten in Lateinamerika kann man problemlos mit dem Handy auf der Straße
herumlaufen, ohne dass es einem geklaut wird. Die Riads waren alle relativ billig und für
den Preis wirklich sauber und schön. Marrakesch ist allgemein einfach teurer als zum
Beispiel Essaouira, aber das ist in allen touristischen Städten der Fall.

Bezüglich der Orientierung in marokkanischen Städten kann ich nur raten, dass man
sich eine marokkanische SIM-Karte mit Internetzugang für 10 € am Flughafen kaufen sollte,
da die vielen kleinen Gassen der Städte wirklich irreführend sein können. Ich kann
Marokko als Reiseland nur empfehlen und das Gerücht, dass es für Frauen
schwieriger oder unangenehmer ist, ist meiner Meinung nach falsch! Außerdem ist es
egal, was man für eine Sprache spricht, denn der Marokkaner beherrscht von
Französisch über Englisch bis zu Spanisch und Deutsch wirklich alles!

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