Ich PAG’s nicht – ein Kommentar von Lena Alt
Kaum strebt Patriarch Horst in der Hauptstadt nach höheren Zielen, tanzen seine Gefolgsleute unter der Führung des jungen Clanchefs Markus aus der Reihe. Zuerst hängt der neue Chef höchstpersönlich die Freiheit der bayerischen Bürger buchstäblich ans Kreuz, möglicherweise in der Hoffnung, durch diesen Kreuzzug zum König von Gottes Gnaden ernannt zu werden. Schon hier hat der aufstrebende Kronprinz die Protestbereitschaft seines Volkes unterschätzt. Vielleicht merkte die CSU hier, dass die gute alte bayerische Monarchie sich nicht ohne weiteres wiederherstellen lassen würde. Das würde zumindest die Inhalte des neuen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) erklären.
Die Polizei soll laut des neuen Gesetzes jetzt schon bei drohender, nicht mehr erst bei konkreter Gefahr, präventiv tätig werden dürfen. Das heißt also, bevor eine Straftat überhaupt begangen wurde. Sie ist also quasi befugt, jemanden nur aus einer Ahnung heraus zu inhaftieren. Markus Söder verteidigt sein Gesetz: »Es wird Leben retten, es wird Menschen helfen, nicht zu Opfern zu werden«. Dass dieses Gesetz aber auch unzählige Menschen erst zu Opfern macht, nämlich zu Opfern des Überwachungsstaates, scheint er nicht wahrhaben zu wollen. Der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion Thomas Kreuzer warnt sogar vor einem »wehrlosen Staat«, sollte das Gesetz letzten Endes nicht durchgesetzt werden. Dabei wird doch gerade die CSU niemals müde zu betonen, wie sicher das Leben in Bayern sei. Wozu also einen noch wehrhafteren Staat? Gegen wen kann sich das königliche Bayern denn nicht zur Wehr setzen?
Sicher, Hintergrund des Gesetzes ist der Kampf gegen den Terrorismus. Die CSU scheint allerdings nicht zu merken, dass sie in diesem Kampf die Freiheiten eben der Bürger opfert, die sie zu schützen vorgeben. Das darf nicht Ziel einer Regierung sein. Als 30 000 Demonstranten am 10. Mai in München so freundlich waren, die CSU hierauf hinzuweisen, wurden sie von Innenminister Joachim Herrmann kurzerhand als »unbedarfte Bürger« entlarvt, die von Medien und Extremisten angestachelt worden seien.
Dass diese Horde Unbedarfter, die durch die Landeshauptstadt zieht, Empörung in der CSU auslöst, war abzusehen. Wie praktisch, dass demnächst ein Gesetz gilt, dass es der Regierung erlaubt, all diese unbedarften Menschen als Verdächtige zu deklarieren und präventiv zu inhaftieren. Vielleicht wird dann auch endlich Markus Söder zum König gekrönt, und kann in jeder Gefängniszelle ein Kreuz aufhängen. Er sollte nur aufpassen, dass er sich dabei nicht die Finger verbrennt.
Beitragsbild: Gabriela Fleißner
Richtig so! Der Vergleich zum Königtum ist vielleicht ein wenig überzogen, anderseits müssen wir in einer Zeit der zunehmenden Digitalisierung und Datenverfügbarkeit achtgeben nicht in einem repressiven System zu landen, bei dem jede Aktion oder Aussage [gegen das bestehende System] in Form vom „Social Status“ gewertet und die Technologie zur Steuerung der Massen missbraucht wird. Der Überwachungsstaat ist der erste Schritt in diese Richtung, China macht es uns schon fleißig vor. Falls das abwegig klingen mag, denkt mal nach: Im wirtschaftlichem Bereich ist das auch bei uns mit intelligenter Werbungsschaltung ( + einer ganz schön fies subtilen Trickkiste ) schon Gang und Gebe, siehe z.b. Facebook ( für genaueres: Jaron Lanier auf Youtube ).
Es ist also wichtig, auch mal auf die Straße zu gehen ( traurigerweiße einer der wenigen Kanäle zw. Bevölkerung und Politik ), aber auch im Alltag sollte man nicht zurückschrecken über solch wichtige Themen zu diskutieren. Man sollte auf keinen Fall seinen eigenen Einfluss unterschätzen, man weiß nie wen du im Endeffekt damit erreichst.