Ich denke, also wähl‘ ich!
… aber wen? Um euch einen Überblick zu geben, wer bei den Hochschulwahlen um die Vertretung welcher Interessen kämpft, haben wir mit Kandidaten aller Parteien gesprochen. Den Anfang machen Svenja Tikovsky von der Bunten Liste und zwei Vertreter des RCDS, Ludwig Lagleder und Anna-Maria Auerhahn.
Lautschrift: Was ist eurer Meinung nach aktuell das größte Problem an der Uni?
RCDS: »Es klingt zwar unspektakulär, aber das aktuell größte Problem sind die rückläufigen Studierendenzahlen an der UR, obwohl die Zahl der Studienanfänger in Bayern und Deutschland weiter ansteigt. Auf lange Sicht bedeutet das für unsere Universität weniger Studienzuschüsse zu bekommen.«
BL: »Ich finde die Frage schwierig, da ich ungern Probleme von verschiedenen Personen oder Gruppen priorisieren möchte. Man muss alle Probleme ernst nehmen und sich um deren Lösung bemühen. Dafür brauchen wir eine starke und solidarische Studierendengemeinschaft. Darum sehe ich als ein grundlegendes Problem an der Uni die geringe Wahlbeteiligung und die voranschreitende Entpolitisierung der Studierenden.«
Was könnte der Konvent oder der gesamtuniversitäre Senat dagegen unternehmen?
RCDS: »Im Senat behilft man sich kurzfristig mit dem Aufheben von NC-Hürden und setzt sich für höhere Zulassungszahlen ein. Langfristig muss man in Regensburg aber für neue, innovative Bachelor- und attraktivere Masterstudiengänge sorgen.«
BL: »Man muss den Studierenden zeigen, dass es sich lohnt wählen zu gehen, Probleme anzusprechen und sich zu engagieren. Ein erster Schritt wäre es, wenn der universitäre Senat die Stimme der Studierenden ernster nimmt. Im Konvent wünsche ich mir, dass der politische Teil stärker mit den Fachschaften zusammenarbeitet und die Sitzungen ein Ort sind, an dem jegliche Probleme angesprochen und diskutiert werden können. Dafür einen Platz an der Uni zu schaffen ist sowohl die Aufgabe von Studierenden als auch die von Lehrenden. Die Hochschulpolitik würde so ernster genommen werden und die Wahlbeteiligung steigen.«
Welche drei Dinge möchtet ihr persönlich unbedingt auf dem Campus ändern?
RCDS: »Wir möchten ganz praktisch die Einführung von Bibliotheks- und Schließfachampeln erreichen, da diese bereits erfolgreich in anderen Unis etabliert werden konnten. In Zeiten von Digitalisierung und Industrie 4.0 braucht es ein Angebot von freien Wahlmodulen bzw. freiwilligen Zusatzveranstaltungen an der UR, die wichtige Grundregeln der IT-Sicherheit vermitteln. Besonders wichtig ist uns außerdem die gerade im Regensburg extrem politisierten studentischen Hochschulgremien in ihrer Arbeit weg von Partikularinteressen und wieder hin zum Wohle aller am Campus zu lenken.«
BL: »Starke Gleichstellungskonzepte für alle Fakultäten einführen (also Frauen*förderung in Wissenschaft, Lehre und Forschung), Anwesenheitspflicht abschaffen und die Förderung von selbstbestimmten, freien und inklusiven Studienbedingungen.«
Warum sollte man überhaupt wählen gehen, wo die Studierendenvertreter doch leider eher wenig entscheiden dürfen?
RCDS: »Die Gewählten brauchen schließlich eine Legitimation für ihre Arbeit. Eine hohe Wahlbeteiligung stärkt immer die Verhandlungsbasis der Studentenvertretung.«
BL: »Wegen der Teufelsspirale. Gehen weniger Studierende wählen, wird die Unileitung das immer als Grund missbrauchen, studentische Mitbestimmung weiter zu beschneiden. Das kann weder die Intention, noch das Ziel einer demokratischen Universität sein!«
Ludwig und Anna-Maria, in den sozialen Medien war von überklebten Wahlplakaten die Rede – Was sagt ihr dazu?
»RCDS: Wir sind ehrlich enttäuscht vom Verhalten der politischen Mitbewerber aus dem Lager der LAF/Jusos sowie der BL. Allein die Kommentare unter dem Post des regensburg-digital Redakteurs lassen tief blicken. Zudem muss die Frage dahingehend korrigiert werden, dass seltsamerweise nur genau ein einziges Plakat in der Chemie überklebt war. In diesem Bereich habe ich [Ludwig Lagleder] mit drei anderen plakatiert und ich stehe mit meinem Namen dafür ein, dass kein einziges überklebt worden ist.«
Svenja, was sagst du zum Wahlslogan des RCDS »Wir öffnen allen die Tür«?
»Einen aus dem Kontext gerissenen Interviewsatz zum Thema Sexismus zum einzigen Wahlinhalt zu machen zeugt von einer derartigen Ignoranz gegenüber Betroffenen, dass mir fast die Worte fehlen. Sexismus fängt im Alltäglichen an und zieht sich durch alle Lebensräume, das zu verneinen ist eine Abwendung von Wissenschaft. Gerade der neue Datenreport zur Gleichstellung an der UR zeigt, dass das Problem in allen – auch universitären Strukturen – zu finden ist.
Nicht das Türe aufhalten an sich ist eine Form von romantisiertem Gentlemansexismus, sondern die Tatsache als Mann nur Frauen die Türe aufzuhalten, „weil sich das ja so gehört″. Nein, tut es nicht! Es gehört sich einer Frau* auf der selben Augenhöhe zu begegnen, sie ernst zu nehmen und nicht zu stigmatisieren aufgrund ihres Geschlechts. Kein Mann muss aufspringen und zur Türe eilen, weil ich sie in der nächsten Minute durchschreiten möchte. Also: Allen Menschen aus Höflichkeit oder Hilfsbereitschaft die Türe aufzuhalten ist kein Sexismus.«
Die Interviews führte Ludwig Spitaler.